In München gibt's Bildung nur gegen Gebühr

Nur in Bayern und Niedersachsen kassieren die Unis Gebühren – 61 Millionen Euro. Das bringt die Studenten auf die Barrikaden, doch die Regierung hält an der Abgabe fest
von  Amina Linke
Studienbeiträge verbessern nicht die Lehre“, sagen die Demo-Initiatoren Esther Dammer und Alexander Münch.
Studienbeiträge verbessern nicht die Lehre“, sagen die Demo-Initiatoren Esther Dammer und Alexander Münch. © Petra Schramek

Nur in Bayern und Niedersachsen kassieren die Unis Gebühren – sie sitzen auf 61 Millionen Euro. Das bringt die Studenten auf die Barrikaden, doch die Staatsregierung hält an der Abgabe fest

Die Studiengebühren treiben Bayerns Studenten wieder auf die Straße. Auch an der Ludwig–Maximilians-Universität wird am Donnerstag im Rahmen des bundesweiten Bildungsstreiks demonstriert. Die Studenten sind optimistisch: Drei Initiativen gegen die Gebühren hat die Opposition schon auf den Weg gebracht. Nur die Staatsregierung sperrt sich. „Widerstand Bilden“ lautet das Motto des Bildungsstreiks 2011. „Das Bildungssystem ist marode, es muss mehr Demokratie an den Hochschulen geben, und vor allem müssen die Studiengebühren endlich abgeschafft werden“, sagt Franziska Traube, Studenten-Sprecherin der bayerischen Hochschulen.

„Bildung muss für alle zugänglich sein, nicht nur für die, die das auch zahlen können.“ Es sei zwar richtig, dass die Unis das Geld brauchen, um die Qualität der Lehre zu gewährleisten. „Aber dafür muss der Staat aufkommen.“ Der unterstützt die bayerischen Hochschulen und Universitäten schon mit 1,3 Milliarden Euro jährlich. Er lässt aber auch die Studenten zahlen – je nach Universität sind das 300 bis 500 Euro pro Semester. Das gibt es außer in Niedersachsen sonst in keinem anderen Bundesland. „Die Studienbeiträge verbessern entscheidend das Lehrangebot.“ sagt Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch (FDP).

„Es geht hier um ein Aufkommen von 150 bis 160 Millionen Euro pro Jahr. Mit diesen Mitteln werden die Studienberatung ausgebaut, die Öffnungszeiten von Bibliotheken verlängert oder zusätzliche Exkursionen angeboten.“ TU-Sprecher Ulrich Marsch springt ihm bei: „Wir nehmen durch die Gebühren jährlich rund 16 Millionen Euro ein. Davon konnten wir bereits 300 Dozenten- und Tutorienstellen besetzen.“ Bei der Verwendung der Gelder entscheiden die TU-Studenten mit. „In jeder Fakultät gibt es bei uns eine Studienbeitragskommission, die zur einen Hälfte mit Professoren und zur anderen mit Studenten besetzt ist.“

Doch so viel Mitbestimmungsrecht gibt es nicht überall. „In den Uni-Gremien sind die Studenten oft so stark in der Unterzahl, dass ihre Stimmen nicht zählen“, sagt Stefan Christoph vom Studentischen Sprecherrat der Universität Regensburg. Gelegentlich würden die Studiengebühren sogar für Baumaßnahmen verwendet, berichtet Studenten-Sprecherin Traube. „Die Qualität der Lehre fördert das nicht.“ Kritisch sehen viele Studenten auch einen neuen Kabinettsbeschluss, der die Unis dazu drängt, die eingenommenen Gelder entweder schneller auszugeben oder die Gebühren zu senken.

Derzeit lagern nach Angaben des Wissenschaftsministeriums 61 Millionen Euro auf den Uni-Konten. Ende letzten Jahres waren es sogar mehr als 100 Millionen, wie das Ministerium der AZ bestätigt. Das Geld soll bis Ende des Sommersemesters 2012 ausgegeben werden. Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch (FDP): „An vielen Hochschulen gab es nach der Einführung der Studienbeiträge 2007 Unsicherheiten, wie die Gelder sinnvoll ausgegeben werden können, das hat zu diesen Resten geführt.“ Es sei „selbstverständlich, dass diese Beiträge ohne Zeitverzug den Studierenden zugute kommen müssen“, so Heubisch.

Der Überhang werde sich bald abbauen: „Die Hochschulen geben mittlerweile mehr aus als sie einnehmen“ – der Abbau dürfte also kein Problem darstellen, behauptet der Minister. Das bestätige im übrigen auch, dass die Unis die Studiengebühren brauchen. Die Studenten sehen das anders: „Unsere Gebühren sollen sinnvoll ausgegeben werden, nicht schnell“, so Esther Dammer, Mit-Initiatorin des Bildungstreiks München.

Während CSU und FDP weiter an den Gebühren festhalten, hofft die Bewegung auf Rückenwind aus der Opposition. SPD, Grüne und freie Wähler fordern das Ende der Beiträge. „Das Studium darf nicht den Privilegierten vorbehalten sein“, so Michael Piazolo, Sprecher der Freien Wähler. Für deren Volksbegehren sammeln die Studenten Unterschriften. Auch die Piraten-Partei hat ein Volksbegehren angestoßen. Sie will die Aufhebung der Studiengebühren auch für Gaststudenten und Studenten von weiterbildenden Studiengängen. Ab 9.30 Uhr wollen sich die Streikenden heute auf dem Geschwister-Scholl-Platz treffen. Die Initiatoren rechnen mit bis zu 2500 Teilnehmern.

 

 

 

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.