In memoriam Dominik Brunner: Beschützer, Held, Sohn

München - Dominik Brunner wollte vier Schüler vor zwei Jugendlichen beschützen, er stellte sich vor sie. Seine Zivilcourage kostete ihn das Leben. Heute vor zehn Jahren ist der damals 50 Jahre alte Manager aus Niederbayern, der eine Zweitwohnung in Solln hatte, am dortigen S-Bahnhof so brutal zusammengeschlagen worden, dass er wenig später starb.
Dominik Brunner: Stiftung ist nach ihm benannt
Der Name Dominik Brunner ist zum Inbegriff für Zivilcourage geworden, Innenminister Joachim Herrmann (CSU) bezeichnet sein Verhalten als heldenhaft. Eine nach ihm benannte Stiftung setzt sich für die Opfer von Gewaltstraftaten ein.
Am damaligen Tatort, an dem seit 2013 ein Denkmal an ihn erinnert, wird Dominik Brunner am Donnerstag ab 11 Uhr mit einer Gedenkveranstaltung gewürdigt. Erwartet werden unter anderen Innenminister Joachim Herrmann, OB Dieter Reiter (SPD) und der Kuratoriumsvorsitzende der Stiftung, Uli Hoeneß.

Dominik Brunner: So spitzte sich das Geschehen damals zu
Rückblick: Es begann mit einem zufälligen Aufeinandertreffen. Ein Mädchen, das zu den Schülern gehörte, die Dominik Brunner beschützt hatten, schilderte das Geschehen kurz nach der Tat der AZ. Sarah (damals 13/Name geändert) wollte mit einer Freundin (14) einen Buben treffen, den die Freundin im Internet kennengelernt hatte.
Der Bub (15) bringt ebenfalls einen Freund (14) mit. Die Vier wollen Bowlen gehen. Am Bahnsteig an der S-Bahnhaltestelle Donnersbergerbrücke treffen die Teenager auf Markus S. (18), Sebastian L. (17) und Christoph T. (17). Die Jugendlichen wollen Geld von den Jüngeren. Einer droht den Teenagern mit Schlägen, wenn die Kinder ihnen kein Geld geben.

Dominik Brunner: Er beließ es nicht bei Worten
"Er hat unsere Jungs dann auch geschlagen", berichtete Sarah. Christoph T. verlässt die anderen wenig später, er hat noch etwas anderes vor. Die anderen fahren weiter in der S7 in Richtung Wolfratshausen. In der S-Bahn spitzt sich die Situation immer weiter zu, die Drohungen werden massiver. Irgendwann mischt sich ein bis dahin unbeteiligter Fahrgast ein. Es ist Dominik Brunner.
Der Manager fordert Markus S. und Sebastian L. auf, die Kinder in Ruhe zu lassen. Und der Geschäftsmann belässt es nicht bei Worten. "Er bot uns an, mit ihm weiter bis nach Solln zu fahren und dort mit ihm auszusteigen, damit uns nichts passiert", berichtete Sarah damals der AZ.
Zwei Stationen vor dem Bahnhof ruft er außerdem von seinem Handy die Polizei an und bittet um Hilfe. Als er wenig später mit den Kindern aussteigt, ist die Polizei noch nicht eingetroffen. Markus S. und Sebastian L. folgen dem Mann, der bei den Teenagern bleibt.

Dominik Brunner: Notwehr in Erwartung eines Angriffs
"Draußen sind die beiden mit geballten Fäusten auf uns zugegangen", so die 13-Jährige. Dominik Brunner ruft den Kindern noch zu: "Haltet euch raus!" Als die Burschen auf Dominik Brunner zukommen, ist er der Erste, der zuschlägt. Das Gericht wertet dies später als Notwehr in Erwartung eines unmittelbar bevorstehenden Angriffs.
Die Jugendlichen reagieren unerbittlich darauf – vor allem Markus S. "Der eine ist total ausgetickt", beschrieb es Sarah. Sie sah alles mit an. Beide Burschen schlagen auf den 50-Jährigen ein. Anfangs kann er sich gut wehren. Das ändert sich, als Markus S. mit Schlüsseln zuschlägt, die er aus seiner Faust herausschauen lässt.
Dominik Brunner geht zu Boden, trotzdem tritt ihn Markus S. noch mehrmals – gegen den Kopf und den Brustbereich. Sogar seinem Spezl Sebastian wird der Gewaltexzess irgendwann zu viel, er versucht, den Freund zu bremsen, ihn wegzuziehen.

Dominik Brunner: Er starb auf dem Weg ins Krankenhaus
Doch offenbar vergeblich. Erst als Dominik Brunner das Bewusstsein verliert, flüchten die Schläger und verstecken sich in einem Gebüsch. Die Kinder rufen einen Krankenwagen. Er trifft noch vor der Polizei ein. Doch die Sanitäter und Ärzte können nichts mehr tun für Dominik Brunner. Der 50-Jährige stirbt auf dem Weg ins Krankenhaus.
Der Manager hatte einen vergrößerten Herzmuskel. Sein Herz hörte nach der extremen Belastungssituation auf zu schlagen. Sarah und die drei anderen Schüler blieben unverletzt, dank ihres Beschützers. "Ich werde ihn immer als Held in Gedanken behalten", sagte die Schülerin eine Woche nach der Tat.
Die Schläger wurden kurz nach der Tat festgenommen. Ein Jahr später fand der Prozess vor dem Landgericht München statt. Markus S. wurde wegen Mordes zu neun Jahren und zehn Monaten Jugendstrafe verurteilt. Sebastian L. bekam sieben Jahre wegen gefährlicher Körperverletzung mit Todesfolge.
Dominik Brunner: Das Leid der Eltern
Der gewaltsame Tod ihres einzigen Kindes brach Dominik Brunners Eltern das Herz. Seine Mutter wurde wenig später zum Pflegefall, sein Vater schwer depressiv. Erst ein Jahr zuvor war er zurück nach Ergoldsbach (Niederbayern) gezogen, um mehr für seine Eltern da sein zu können. Zwischendurch pendelte er nach Solln in seine Zweitwohnung.
Am Todestag wollte er dort ein Buch holen – ein Geschenk für seine Mutter. Trotz inniger Liebe, "ihren Sohn posthum zum Helden hochzuschreiben", darum habe die Familie nie gebeten, sagte die Anwältin der Familie im Prozess.