In der Midlife Crisis: Der Olympiapark wird 50
München - Nächstes Jahr ist es 50 Jahre her, dass die Olympischen Spiele in München stattfanden. Es war der letzte große Modernisierungsschub für diese behäbige Stadt. Vom damaligen U-Bahnbau profitieren wir bis heute. Der damals entstandene Olympiapark galt lange als Muster einer geglückten Nachnutzung der eigens errichteten Spielstätten - bis der Fußball aus dem Olympiastadion in die Allianz-Arena nach Fröttmaning umzog und eine allgemeine Ratlosigkeit einkehrte.
Vor über zehn Jahren wollte man am Olympiaberg in der Zeit des traditionellen Weihnachtstauwetters Weltcup-Skirennen durchführen - ein auch ohne Klimawandel verzweifelt absurdes Unterfangen. Sportliche Großveranstaltungen, die in diesem Leichtathletikstadion und den umliegenden Hallen und Freiflächen stattfinden könnten, sind rar. Bisherige Tiefpunkte der Nutzung waren ein Weinfest und die Tourenwagen-Meisterschaft.
Denkmalschutz und das Urheberrecht machen Veränderungen schwierig
Immerhin spielt nach 15 Jahren Pause nun hin und wieder der Drittligist Türkgücü München im Olympiastadion. Sonst steht es leer, die Kassenhäuschen und anderen Nebengebäude rotten vor sich hin. Die vom Olympiapark angebotene Zeltdach-Tour und der Flug mit dem Flying Fox sprechen Bände: Das Olympiastadion ist ein Baudenkmal ohne Funktion geworden.
Und niemand hat eine Idee, was damit anzufangen sei. Der Erhalt hat seinen Preis. Ab 2023 soll das Olympiastadion für mindestens 130 Millionen Euro saniert werden - unter anderem als zweitligataugliche Ausweichspielstätte für das ebenfalls sanierungsbedürftige Stadion an der Grünwalder Straße. Allerdings wird in diesem ursprünglich für ein sommerliches Sportfest gebauten Stadion bei Regen die Hälfte der Besucher nass. Und wer den Ball sehen will, nimmt am besten ein Fernglas mit.

Der Denkmalschutz und das Urheberrecht des Architekten Günter Behnisch machen Veränderungen im Olympiapark schwierig. Die städtische Betreibergesellschaft stellt hin und wieder eine Wurstbude auf und versucht den abgeblätterten Charme der 1970er Jahre zu bewahren. Durchaus bezeichnend für den Zustand ist, dass die Stadtwerke - trotz Renovierung - das Olympiaschwimmbad - nicht als Flaggschiff unter den städtischen Bädern verstehen.
Auch der 30 Millionen teure Umbau der Kleinen Olympiahalle gilt als Flop, weil sie von Bürokraten über die Köpfe möglicher Nutzer hinweg geplant wurde. Für Konzerte, die dort ursprünglich geplant waren, eignet sie sich ebenso wenig wie für Musical-Aufführungen. Die Kleine Olympiahalle fristet ein Dasein als Nebenraum der großen Halle, wenn nicht gerade Katzen ausgestellt werden.
Auch die Olympiahalle beherbergte schon eine Hundeausstellung. Das könnte womöglich zum Zukunftsmodell werden, weil Investoren nun den Großangriff auf den Olympiapark planen: Am Flughafen will ein Investor in der Nähe der S-Bahn Besucherpark eine neue Arena für mehr als 20.000 Zuschauer bauen. Die Stadt hat als Minderheits-Gesellschafter des Flughafens keine Handhabe gegen den Grundstücksverkauf, wenn ihn Bund und Freistaat befürworten.
Wenn dieser Bau kommt, steigt die Olympiahalle in die zweite Liga der Veranstaltungsorte ab. Ganz an der Spitze spielt sie ohnehin nicht mehr mit, weil sie als dunkel und muffig gilt. Veranstalter bemängeln einen fehlenden VIP-Bereich, und auch die Stadt denkt daran, der eigenen Halle mit einem Neubau für 20.000 Besucher auf dem Gelände der Eissporthalle Konkurrenz zu machen.
Neubauten sind sexy, die Ertüchtigung und Sanierung bestehender Bauten wird gescheut
Diesen Schachzug kennt man aus der Debatte über Museen und klassische Konzertsäle: Neubauten sind sexy, die Ertüchtigung und Sanierung bestehender Bauten wird gescheut. Auf diese Weise ist bereits das tropenhölzerne Olympia-Radstadion verschwunden, an dessen Stelle nun eine Multifunktionshalle für Eishockey und Basketball errichtet wird.
Immerhin gibt es im September 2022 drei Konzerte von Ed Sheeran im Olympiastadion. Weil zum Olympia-Jubiläum im kommenden Sommer die European Championships im Olympiapark stattfinden, weichen die Großkonzerte von Andreas Gabalier, Helene Fischer und Robbie Williams auf das meist ungenutzte Messe-Freigelände in Riem aus. Zu diesen Mega-Konzerten werden jeweils 100.000 Besucher erwartet - mehr als das hin und wieder für diesen Zweck genutzte Olympiastadion fassen kann.

Wenn das Wetter mitspielt und dieses Konzerte erfolgreich sind, wird das zum Nutzen der städtischen Messegesellschaft und zu Lasten des Olympiaparks die Begehrlichkeit nach Wiederholungen wecken: Dann ist der Olympiapark als Konzertort endgültig erledigt. Für schlecht besuchte Drittligaspiele wird zwar noch hin und wieder das Flutlicht angedreht, aber Flohmärkte auf der Parkharfe könnten zum Höhepunkt des Veranstaltungsjahres werden.