Immobilien-Experten: Warum in München kaum noch gebaut wird

Im März, April und Mai 2022 passierte es: Interessenten für den Kauf von Eigentumswohnungen in München zogen bei einzelnen Bauträgern 50 bis 80 Prozent der reservierten Wohnungen zurück.
Der Zins war gestiegen - und die Finanzierung der eigenen Wohnung passte für viele nicht mehr ins Budget. Eine direkte Folge des Ukraine-Kriegs. "Wir spüren eine große Verunsicherung und Zurückhaltung beim Immobilienkauf", erklärten am Mittwoch drei Münchner Immobilien-Experten im Presseclub.
Alles ist teurer geworden
Fertige Eigentumswohnungen verkaufen sich für die betroffenen Bauträger jetzt viel langsamer. "Wir müssen jetzt um die Käufer buhlen. Die Baukosten sind teilweise erheblich gestiegen. Die Zinsen steigen. So manches geplante Objekt wurde zurückgezogen", erklärt Alexander Hofmann, Vorstand der Baywobau Immobilien.
2022 wurde in München kaum gebaut, 2023 wenig, weiß Hofmann. Bauprojekte werden im Moment zurückgestellt. "Wenn aber ein Jahr nicht gebaut wird, hat man ein Riesen-Loch. Das wird nie aufgeholt. Und so laufen wir sehenden Auges in ein bis zwei Jahren auf ein Problem zu", sagt Alexander Hofmann, der Vizepräsident des Bayerischen Landesverbandes der privaten Immobilienwirtschaft ist. Ein Münchner Bauträger sei inzwischen insolvent.
Immobilien-Experte hält auch Stadt München für verantwortlich
Christian Winkler, Geschäftsführer von BHB Bauträger Bayern, erläutert: "Viele Bauträger haben zwar Rücklagen aus den letzten zehn guten Jahren. Doch es sind unsichere Zeiten. So schwierig war es noch nie. Es gibt nur den Sprung: Bauen oder nicht bauen. Und wer nicht baut, braucht Rücklagen auf und entlässt Personal."
Die General-Kritik kommt von Alexander Hofmann. "Die Stadt München hat es nicht geschafft, in den letzten Jahren ausreichend Baurecht für frei finanzierten Wohnungsbau auszuweisen." Obwohl klar sei: "Kauf- und Mietmarkt hängen zusammen. Das Einzige, was den Miet- und Eigentumswohnungsmarkt in München entlastet, ist genug Ware auf den Markt zu werfen", so Hofmann.
Die These: Kaufmarkt entlastet Mietmarkt
Es sei logisch: Die Münchner, die jetzt keine Eigentumswohnung für die Eigennutzung kaufen, drängten weiter in den Mietmarkt hinein. "Es braucht den Kaufmarkt, um den Mietmarkt zu entlasten", so der Experte. Sonst steigen die Mieten.
Alexander Hofmann nennt Anreize, die die Bautätigkeit pushen könnten: "Wenn Eigennutzer die Hälfte des Kaufpreises ihrer Wohnung mit nur einem Prozent finanzieren könnten. Und: Zeitlich befristete hohe Steuerabschreibungen für Kapitalanleger."
Münchner Immobilienmesse: Experten wollen Unsicherheit nehmen
Die Zurückhaltung ist momentan stark, wenn es um große Investitionen geht: Zwei Experten-Foren, 24 Vorträge - unter dem Motto "Unsicherheit nehmen" findet die 12. Münchner Immobilienmesse statt - es geht um Kaufimmobilien.
Münchner Mieter, die in Zukunft ihre Mietzahlung nicht an ihren Vermieter geben wollen, sondern zur Finanzierung ihrer eigenen Wohnung nutzen möchten, finden hier persönliche Ansprechpartner und Finanzierungsvarianten. "Während noch vor einem Jahr Wohnimmobilien jeglichen Zustands verkauft wurden wie geschnitten Brot, so klagt die erfolgsverwöhnte Immobilienbranche heute über stagnierende Absatzzahlen. Sie muss wieder um Wohnungskäufer werben", erklärt Florian Forster, Veranstalter der Messe. Themen sind: Finanzierungsmöglichkeiten, Wertbeständigkeit und Nachhaltigkeit. Deutlich mehr Aussteller als letztes Jahr kommen in die Kleine Olympiahalle. Darunter sind die etablierten und in München ansässigen Bauträger, Makler sowie die Stadtsparkasse München.
Infos zum Programm: www.mim.de, 18./19. März, Spiridon-Louis-Ring, Eintritt: 10 Euro.