Immer mehr Radl werden geklaut: Radl-Tattoo gegen Langfinger

Es verschwinden immer mehr Fahrräder in München. Über 6.000 sind es jedes Jahr, der Schaden liegt bei fünf Millionen Euro. Vor allem teure E-Bikes werden gerne geklaut.
von  Ralph Hub
Helmuth Meyer mit seinem registrierten Rad, eigentlich arbeitet er für den ADAC.
Helmuth Meyer mit seinem registrierten Rad, eigentlich arbeitet er für den ADAC. © Bernd Wackerbauer

München - Erst war es die Angst vor Corona, weshalb viele vom ÖPNV aufs Radl umstiegen. Jetzt sind es die sündhaft teuren Spritpreise. Radfahren ist trendy, modern und umweltschonend. Und weil in München immer mehr teure Radl auf den Straßen unterwegs sind, werden auch immer mehr von ihnen geklaut.

Im Schnitt geben die Deutschen nach Angaben des Verbands der Zweiradindustrie etwa 1.000 Euro für ein neues Fahrrad aus - rund ein Fünftel mehr als noch vor der Pandemie. Lieferengpässe bei Herstellern in Fernost haben die Preise zusätzlich in die Höhe getrieben.

Während der Wiesn haben Radldiebe Hochsaison

Für E-Bikes oder Pedelecs, die immer beliebter bei Radlfans werden, kann man ohne Probleme 5.000 Euro und mehr ausgeben. "Früher haben sich die Leute für so viel Geld einen Gebrauchtwagen gekauft", sagt Brigitte Wittmann vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC). Und weil die Räder immer teurer werden, lohnt sich das Risiko für Langfinger, vor allem in München.

Hochsaison haben Radldiebe übrigens jetzt während der Wiesn. Da kommen zu den Profidieben auch noch die Amateure dazu, die am Heimweg vom Oktoberfest nicht nach Hause laufen wollen und sich an irgendeinem Bahnhof ein abgestelltes Radl "ausleihen".

Manche Schlösser lassen sich in Sekundenschnelle knacken. "Mehr als drei Minuten wird ein Profi es nicht probieren, dann gibt er auf", sagt ADFC-Sicherheitsexperte Peter Remm. Selbst massive Bügelschlösser haben kaum eine Chance, wenn ein Dieb einen Wagenheber mit 1,5 Tonnen Traglast an den Stahlrohren ansetzt.

ADFC-Experte Peter Remm (65) ist noch nie im Leben ein Rad geklaut worden.
ADFC-Experte Peter Remm (65) ist noch nie im Leben ein Rad geklaut worden. © Bernd Wackerbauer

Besser ist es, so Sicherheitsexperte Remm, "das Rad nicht nur abzuschließen, sondern es an einem hellen Ort fest an einem Mast oder Baum anzuketten." Neu ist das System "Tex-Lock", ein etwa 1,5 Meter langes Kabel aus hochwiderstandsfähigen Kunstfasern, extrem leicht und flexibel. Peter Remm: "Entwickelt wurde der Diebstahlschutz von zwei Frauen aus Leipzig." Kosten: rund 130 Euro. Es geht aber auch billiger mit einem Rahmenschloss, das gibt's beim Händler bereits für rund 30 Euro.

Manchem Radlfan, der sein E-Bike nach jeder Tour putzt und poliert, mag es jetzt kalt den Rücken runterlaufen. Aber der ADFC-Experte rät: "Gestalten Sie ihr Rad optisch möglichst unattraktiv." Je älter und vor allem je abgenutzter und schmutziger es aussieht, um so weniger Interesse erweckt es bei einem Dieb.

"Ein codiertes Rad ist für Diebe unattraktiver"

Eine weitere Möglichkeit, sein Bike vor Dieben zu schützen, ist ein "Radl-Tattoo". Bei der Gravurcodierung wird ein Zahlencode im Sattelrohr eingeprägt, ähnlich der Fahrgestellnummer beim Auto. Die Gravur lässt sich nur abschleifen oder wegätzen, beides würde auch ein Laie erkennen und wissen, dass mit dem Rad etwas nicht stimmt. "Ein codiertes Rad ist für Diebe unattraktiver. Es lässt sich nicht so einfach auf einem Flohmarkt oder im Internet verkaufen", sagt Brigitte Wittmann. Radlclubs, Händler und auch der ADFC bieten diesen Service an: beispielsweise wieder am 8. Oktober von 10 bis 14 Uhr am Orleansplatz und am 12. Oktober 15 bis 19 Uhr am Rotkreuzplatz.

Brigitte Wittmann zeigt, wie an einem Rad der Sicherheitscode im Rahmen eingraviert wird.
Brigitte Wittmann zeigt, wie an einem Rad der Sicherheitscode im Rahmen eingraviert wird. © Bernd Wackerbauer

"Der Trend besonders zum Diebstahl hochwertiger Fahrräder setzt sich fort, denn der Schadensdurchschnitt hat sich in den zurückliegenden zehn Jahren fast verdoppelt", betont Polizeipräsident Thomas Hampel, selbst ein begeisterter Radler, der auch schon von Garmisch über die Alpen bis nach Venedig gestrampelt ist.

Nur jeder zehnte Radldieb wird erwischt

Geklaut werden nicht nur komplette Räder, auch Ersatzteile sind teuer und deshalb begehrt. Bei E-Bikes und Pedelecs sollte man immer den Bordcomputer und den Akku abziehen. Bei den meisten Modellen ist er inzwischen am Rahmen mit einem Schloss gesichert.

"Ich hab's ja im Blick - denkt man oft und verzichtet darauf, Roller oder Radl angemessen zu sichern", warnt die Vorsitzende des Münchner Sicherheitsforums, Kommunalreferentin Kristina Frank (CSU). Nur etwa jeder zehnte Radldieb wird übrigens von der Polizei erwischt.

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