Immer mehr Mietnomaden: Müll und Chaos statt Miete
In München steigt die Zahl der Menschen, die keine Miete mehr zahlen und Wohnungen vermüllt und demoliert hinterlassen –insgesamt geht’s um 50 Millionen Euro Schaden
MÜNCHEN Viele Münchner Mieter klagen über nimmersatte Vermieter, die Wuchermieten verlangen. Aber auch auch umgekehrt gibt’s immer häufiger massive Probleme. Die Zahl der Mietnomaden, Menschen, die monate- oder jahrelang keine Miete zahlen und die Wohnungen dann vermüllt und demoliert hinterlassen, wächst. Laut Rudolf Stürzer von der Eigentümerschutz-Gemeinschaft Haus + Grund stehen Mieter bei ihren Vermietern allein in München mit etwa 50 Millionen Euro in der Kreide. Bundesweit sind’s über zwei Milliarden.
Es ging vielversprechend los. Als Gertraud R. ihre kleine, möblierte Wohnung in Johanneskirchen zur Miete anbot, rannten ihr die Interessenten fast die Bude ein. „Wir hatten zirka 40 Bewerber“, erinnert sie sich. Das Apartment (39 Quadratmeter) mit Küche, Bad und Loggia hatte sie 1996 als Altersvorsorge gekauft. Mehrere Jahre lang wohnte ihr Sohn darin. Nach dessen Auszug wollte Gertraud R. wieder neu vermieten.
Ihre Wahl fiel auf einen allein stehenden Herrn mittleren Alters. „Er war gut gekleidet, höflich, freundlich und sprach bayerische Mundart und hatte seinen achtjährigen Sohn dabei“, erinnert sich Gertraud R. Doch der gute Eindruck trog. „Der hat bei der Selbstauskunft gelogen. Und ich kriege von den Ämtern und der Arge wegen des Datenschutzes keine Auskünfte!“ Im November 2009 zog der Mann ein, bereits im Dezember zahlte er keine Miete mehr.
Auf Anrufe und Post reagierte er nicht. „Ich hab' ihn angerufen, angeschrieben, SMS und E-Mails geschickt, alles vergeblich!“ Schließlich schaltete Gertraud R. einen Anwalt ein, der riet zur Räumungsklage. Als die Eigentümerin ihren Mieter endlich draußen hatte, kam die nächste böse Überraschung: „Alles war vermüllt, in der Küche stapelten sich eingetrocknete Teller mit Wurst und Spinat. In den Fugen klebte Fett und Ketchup. Und wir sind auch noch verpflichtet, die Sachen dieses Herrn monatelang aufzubewahren“, ärgert sich Gertraud R. „Da überlegt man sich, ob man überhaupt wieder vermietet.“ Auf den Renovierungskosten von rund 7000 Euro wird sie wohl sitzen bleiben. Der Ex-Mieter ist unbekannt verzogen.
Trotzdem ist Gertraud R. noch relativ glimpflich davongekommen. Durchschnittlich beträgt der Schaden durch Mietnomaden 10000 Euro, weiß Rudolf Stürzer. Er kennt sogar einen Fall, bei dem ein Mietnomade 50000 Euro Schaden anrichtete.
„Insbesondere diejenigen, die ihre Wohnung fremdfinanziert haben, kriegen durch Mietnomaden Probleme. Die Banken sind knallhart, es kommt zu Zwangsversteigerungen“, sagt Rudolf Stürzer.
In Berlin hat sich nun eine Zentrale Vermieterschutz Datenbank (ZVSD) gegründet, die „Negativmerkmale“ aus Schuldenverzeichnissen und Verbraucherinsolvenz sammelt. Nina Job
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