Immer mehr Baustopps in München: Lockert die Stadt die Richtlinien für Neubaugebiete?

Knickt die Stadt München vor der Bau-Lobby ein? In Neubaugebieten müssen sich Investoren an Regeln halten und auch Wohnungen mit geringen Mieten bauen. Doch in Zeiten, in denen Bauträger pleite gehen, gerät diese Regelung unter Beschuss.
von  Christina Hertel
Wer in München baut, muss oft 60 Prozent der Flächen mit günstigen Wohnungen planen. Viele sagen, das ist zu viel verlangt.
Wer in München baut, muss oft 60 Prozent der Flächen mit günstigen Wohnungen planen. Viele sagen, das ist zu viel verlangt. © picture alliance/dpa

München - Auf dem Münchner Immobilienmarkt gab es zuletzt keine guten Nachrichten: Das Bauunternehmen Sedlmayr Grund hat für sein neues Quartier neben der ehemaligen Bayernkaserne einen Baustopp verhängt.

Der Konzern will erst einmal nur die rund 250 Wohnungen fertig stellen, die schon im Bau sind. Wann die restlichen 813 Wohnungen folgen, ist unklar. Und Sedlmayr Grund ist nicht der einzige Konzern, der in München gerade lieber wartet, anstatt zu bauen.

Zu viel verlangt? Bauträger müssen Kitas, Parks und Straßen in München mitfinanzieren

Für die FDP im Münchner Stadtrat war das ein Anlass, am Mittwoch genauer nachzufragen, was die Gründe sind. Insbesondere wollte die FDP wissen, was die "Sozialgerechte Bodennutzung" (Sobon) damit zu tun hat. Die Sobon regelt, dass Bauherren in neuen Siedlungen auch günstigen Wohnraum schaffen und sich an der Infrastruktur dort (also etwa an Kitas, Parks und Straßen) beteiligen müssen. Das Instrument gibt es in München schon seit 1994. Die grün-rote Koalition hat die Regeln 2021 verschärft.

Jetzt gilt ein komplexes Baukastenmodell. Im Grundmodell müssen auf privaten Flächen 60 Prozent geförderte und preisgebundene Wohnungen entstehen, 20 Prozent freifinanzierter Mietwohnungsbau und 20 Prozent Eigentumswohnungen sind möglich. Die Bindungsdauer beträgt künftig 40 Jahre. Und die Bauherren müssen sich mit 175 Euro pro Quadratmeter Geschossfläche an den Kosten für die Infrastruktur beteiligen.

FDP und CSU im Münchner Stadtrat wollen, dass die Regeln wieder gelockert werden

Das alles geht nach Ansicht des FDP-Chef Jörg Hoffmann viel zu weit – vor allem in Anbetracht der gestiegenen Baukosten und der höheren Zinsen. Er forderte, dass die Stadt zu früheren Sobon-Regeln von 2006 zurückkehren soll. Auch die CSU wünscht sich eine Zeitreise – allerdings ins Jahr 2017.

Beides wird es nicht geben, stellten Anna Hanusch von den Grünen und SPD-Chef Christian Müller klar. Beide schilderten außerdem, dass der Baustopp in der Bayernkaserne nichts mit der neuen Sobon zu tun hat. Denn für den Bauträger gelten noch die alten Regeln.

Die Linke fürchtet, dass die Stadt München ihre Regeln aufweicht

"Natürlich muss man über die Sobon immer wieder sprechen. Aber die Grundlage bleibt die Sobon von 2021", sagte Müller. Oberstes Ziel sei, den Münchnern genug bezahlbaren Wohnraum zu bieten. Schließlich haben sich laut Müller 20.000 Menschen beim Amt für Wohnen für eine geförderte Wohnung registrieren lassen.

Die Linke im Stadtrat fürchtet wiederum, dass die SPD doch vor der Immobilienlobby einknickt und ihre Sobon-Regeln aufweicht. "Dann macht sie einmal mehr deutlich, dass sie nicht die Münchner Mieterpartei ist", sagte Linken-Fraktionschef Stefan Jagel. "Ich sehe auch mit Sorge, was sich auf dem Münchner Immobilienmarkt verändert", sagte Stadtbaurätin Elisabeth Merk (parteilos). An der Bayernkaserne überprüfe der Investor vor allem, wie er Geld sparen kann. Etwa durch weniger Tiefgaragen und andere Grundrisse. Ein endgültiger Stopp sei das nicht.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.