Im Reich der Alten, der Pumpe und der Blauen
Zwischen Ahnungslosigkeit und ersten Erfolgserlebnissen: Schafkopfen als Selbsterfahrung – ein Kurs in der Volkshochschule
Für diesen Job habe ich mich durch Ignoranz, gepaart mit Unfähigkeit qualifiziert. Toll. Meine Aufgabe – ein Volkshochschulkurs. Thema: Schafkopfen für Anfänger. Anfänger, was für ein Euphemismus. Ich habe ein grundsätzliches Zugangsproblem zu Kartenspielen. Bei einem Integrationstest für Bayern würde ich kapitulieren, wenn das Kartenpäckchen aufgerissen wird.
Wir sind zu siebt: Marcello, Antonia, Brigitte, Micha, Karin, Klaus und ich. Ein fensterloser Raum in der Volksschule am Haderner Stern. Die Aussicht auf ein komplettes Wochenende im Kartenbunker lässt mich die Kollegin Ossberger verwünschen, die mich als Versuchkaninchen ausgewählt hat und per SMS auch noch beste Kartenwünsche aus ihrem rundum gelungenen Wochenende schickt. Es gibt Brezen und Kaffee. Das ist ein Lichtblick. Lehrer Rudolf Fischer ist ein zweiter. Ein hagerer Herr, Gesichtszüge wie geschnitzt. Er besteht darauf, RuFi genannt zu werden. RuFi ist ein Mann mit vielen Hobbys. Eines davon ist Schafkopfen. Ein anderes: Nasenhaarschneidemaschinen sammeln. Natürlich hat RuFi ein Foto von seiner Sammlung dabei. Unglaublich, was Menschen sich in die Nase stecken.
Ein anderes Foto zeigt RuFi als Wikinger. Als Statist bei „Wickie und die starken Männer“. Noch so ein Hobby. RuFi ist genau der Typ, den man in einer ausweglosen Situation braucht. Ein Mittelding aus Glück und Geschicklichkeit sei Schafkopf, sagt RuFi. Ich hoffe auf ersteres. Wenigstens besteht unser Geld aus Plastikchips. Gespielt wird auch im echten Leben nur um geringe Beträge, beruhigt der Meister.
Die erste Runde ist ein Desaster
Dann müssen wir die Namen der Asse lernen: Die Alte, Die Blaue, Die Pumpe, oder auch Die wo der Hund drobn hockt. Zu jeweils zweien sitzen wir um den Tisch. Die Karten offen vor uns. Ich blicke mit Micha in unser Blatt und habe ein Ordnungsproblem: Eichel, Gras, Herz, Schellen. So ist die Reihenfolge der Farben. Davon ausgenommen sind die jeweiligen Trumpffarben. Die erste Runde, offen gespielt, ist ein Desaster.
Nach eineinhalb Stunden steigt die Ahnung von der Grundstruktur des Spiels. Derjenige, der sagt „Ich spiele“, wünscht sich seinen Partner. Den findet er meistens schon der ersten Runde. Er „ruft“ mit der richtigen Farbkarte seine zu ihm gehörende Sau. Das ist eine dieser Abmachungen, mit denen Schafkopf funktioniert. Mit alternativen Spielanfängen macht man sich keine Freunde unter Profis.
Und dann wird es komplex. Zusammen Stiche machen, schön und gut, aber die höchsten Trümpfe sind nicht zugleich auch die höchsten Zählkarten. Wenn die Karten ausgezähltwerden, ist klar im Vorteil, wer geschickt gestochen und geschmiert, seinen Stich mit Kartenzugabe aufgewertet hat.
Abendgedanken eines Kartlers
Die letzte Runde des Tages ist wirr: Warum hat Marcello mit der Herz-Ass den Trumpf zugegeben, auch wenn er davon ausgehen konnte, dass Karin und Klaus den Stich machen. Warum haben Micha und ich nicht geschmiert, obwohl wir damit unseren Partnern zugespielt hätten? Es sind dies die üblichen Abendgedanken eines Kartlers. Dessen bin ich mir recht sicher.
Der Sonntag beginnt mau. Ich gehe mit der Grundregel des „Farbe zugebens“ großzügig um und muss an RuFis strengem Blick erkennen, dass Neuinterpretationen der Spielregel nicht gewünscht sind. Mittlerweile spielen wir jeder für sich, wie es sich gehört. Für den Kursabschluss hat RuFi ein Turnier versprochen. Profi-Touch. Brigitte hat einen Bekannten dabei, so dass in zwei Gruppen gespielt werden kann. Im Moment befinden wir uns in der letzten Trainingsphase. Zeit zu glänzen, wenigsten einmal. 15 Uhr und vier Minuten: Ich gewinne ein Eichel Solo mit 67 Punkten. Ich bin turnierbereit.
Und es läuft – halbgut. Immerhin lässt sich mittels verstohlener Blicke ins Münzschälchen abschätzen, wo man sich im Hin und Her befindet. Ich beherzige RuFis Turnier-Rat, etwas zu riskieren, spiele ein letztes Solo, das ich knapp aber immerhin gewinne und habe am Ende ein Plus von 1,20 Euro in meinem Schälchen. Antonia gewinnt mit 11 Punkten, Brigitte liegt auf Platz 2. Und, da ist selbst RuFi überrascht, ich, kartentraumatisiert, aber im Stahlbad eines Volkshochschulkurses gehärtet, lande auf dem dritten Platz.
Christian Jooß
Bücher, Kurse, Vereine, Internetseiten
Wer das Schafkopfen interaktiv lernen will, der kann natürlich die Kurse von Rudolf Fischer an der Münchner Volkshochschule besuchen. Der nächste Termin ist am 16. und 17. Mai (Guardinistraße 90), buchbar ab 2. Februar unter Tel. 74 74 85 - 12 oder -20. Fischer empfiehlt als Lektüre das Buch „Bayerisch Schaffkopfen“ von Wolfgang Peschel. Das Buch ist momentan aber nur antiquarisch zu erhalten. Als Alternative bietet sich für Anfänger Rita Danyliuks „Schafkopf und Doppelkopf“ (humboldt) an.
Wer einen Internet-Zugang hat, hat Zugriff auf mehrere, teils recht ansprechend gestaltete, Schafkopf-Seiten. Herausragend ist hier www.schafkopfschule.de. Die Seite versammelt nicht nur zahlreiche Informationen zu Vereinen, Spielstätten, Spielregeln und Turnieren, sondern bietet auch Lehrgänge an. Der nächste Anfänger-Kurs findet am 16. Mai in der Fahrschule Ritzer in Oberschleißheim, Hofkurat-Diehl-Straße 1b, statt.
Auch Schafkopf kann mittlerweile übrigens online gespielt werden, beispielsweise über Seiten wie www.sauspiel.de. Den persönlichen Kontakt kann man in München auch in größeren Vereinen pflegen, beispielsweise hier: BeimErsten Schaffkopfverein München e. V., Am Stadtpark 38r, Tel. 34 72 94, www.schaffkopfverein.de, oder dem Schafkopfclub „Mit der Blauen“ München, Clublokal: Ludwig-Bauer-Heim, Truderinger Straße 40, www.schafkopfclub-mitderblauen.de.
Hier dürfen die Karten ausgepackt werden - eine Auswahl
Concordia Park (Landshuter Allee 165, Tel. 15 52 4), Hofbräuhaus (Platzl 9, Tel. 29 01 36 0), Hofbräukeller (Innere Wiener Straße 19, Tel. 45 99 25 0), Gasthof Obermaier, (Truderinger Straße 33, Tel. 42 49 43), Gasthof Hinterbrühl (Hinterbrühl 2, Tel. 79 44 94), Gaststätte zur Linde (Sadelerstraße 20, Tel. 15 24 03), Gaststätte Camerloher Stüberl (Camerloherstraße 91, Tel. 56 6140), Gaststätte Kaiser (Feldmochinger Straße, Tel. 31 32 828), Gaststätte Tannenhof (Caracciolastraße 34, Tel. 313 12 13), Glockenbachstüberl (Arndtstraße 2, Tel. 20 20 53 88), Unionsbräu Haidhausen (Einsteinstraße 42, 47 76 77), Schlösselgarten (Cosimastraße 41, Tel. 91 54 52), Stolz-von-der-Au (Senftlstraße 9, Tel. 38 90 61 04), Wirtshaus im Fraunhofer (Fraunhoferstraße 9, Tel. 26 64 60), Wirtshaus zum Isartal (Brudermühlstraße 2, Tel. 77 21 21), Weissbierkeller (Schillerstraße 3, Tel. 55 02 93 51), Zamila Seestub’n (Fritz-Lutz-Straße 25, Tel. 93 02 755), Zum Brünnstein (Elsässerstraße 36, Tel. 448 24 29), Zum Hasenstall (Truderinger Straße 40, Tel. 91 67 28), Zum Storcheneck (Nelkenweg 1, Tel. 78 86 28)