Im Münchner Norden: Giesinger Bräu nimmt Tiefbrunnen in Betrieb

München - Giesinger. Aus Giesing, logisch – der Werbespruch darf bleiben, auch wenn die bekannteste Giesinger Biersorte, die "Erhellung" ab März 2020 im Münchner Norden produziert wird – dazu braucht es nun den Zusatz auf dem Flaschen-Etikett: "Gebraut in der Lerchenau".
Zum Stammhaus am Giesinger Berg entsteht gerade auf über 3.500 Quadratmetern Fläche eine hochmoderne Braustätte im Industriegebiet an der Detmoldstraße: Die 11,50 Meter hohen Hallen stehen schon: für Sudhaus, Gärhaus mit Lagertanks aus Edelstahl, Füllanlage und das Bierlager mit Frostschutzheizung sind auf der grünen Wiese errichtet worden. Der L-förmige Bau steht. Innen sind die Fliesenleger gerade fertig geworden. In den nächsten Wochen kommen die Kessel und die Flaschenwaschanlage mit Abfüll-, Ettiketier- und Verpackungband.
Giesingers vier neue Sudaparate haben einen Durchmesser von 3,50 Metern und sind 9 Meter hoch. Damit soll die Bierproduktion mehr als verdreifacht werden: Von heute 12.000 Hektolitern auf bis zu 40.000 Hektoliter pro Jahr.
Die neue Brauerei soll im Frühjahr fertig sein
Im Mai wird es das erste Giesinger Bier aus dem Münchner Norden geben - rechtzeitig zur Fußball EM im Sommer. "Eigentlich wollten wir im alten Heizkraftwerk in Aubing eine schöne Bierkathedrale errichten, das hat nicht geklappt. Für die Brauerei hier wurden jetzt Eidechsen umgesiedelt, aber Aufwand und Kosten halten sich in Grenzen", sagt Steffen Marx (41) Geschäftsführer des Giesinger Bräu.

Paulaner ist nach Langwied rausgezogen, Höfbräu braut jetzt östlich von München. Die Giesinger Brauer hatten ein Angebot, sich in Unterhaching zu erweitern, aber den Machern war es extrem wichtig, auf Stadtgebiet zu bleiben: Denn original Münchner Bier darf nur mit original Münchner Wasser gebraut werden. Alle Groß-Brauerein, die auf der Wiesn ausschenken, müssen ihr Wasser aus dem eigenen Brunnen beziehen.
Giesinger Bräu will auf die Wiesn
Denkbar, dass die Giesinger mit einem kleinen Zelt einmal mitspielen. Denn die Giesinger Biermanufaktur hat auf ihrem neuen Gelände nun einen eigenen 160 Meter tiefen Brunnen. Durch Kies, Ton und viel Schlurf, das ist lehmiger Sand, hat sich der Bohrkopf gearbeitet. Über einen mit Edelstahl ausgekleideten Schacht von 80 Zentimetern Durchmesser wird Wasser gefördert. "Bis jetzt haben wir Trinkwasser verwendet, das hat eine schwankende Qualität. Brunnenwasser aus dieser Tiefe ist sehr rein, ohne Pestizidrückstände und Mikroplastikprobleme", erklärt Braumeister Simon Roßmann (34), "bestenfalls wird das Bier so noch harmonischer und runder."
Doch bevor es auf die Wiesn geht, verwirklicht sich Brauerei-Chef Marx vielleicht schon bald einen anderen Traum. Wie die AZ erfuhr, könnte schon bald ein kleiner Ausschank am Viktualienmarkt ermöglicht werden.
Mit Crowdfunding wird der Brunnen finanziert
Nachdem das Giesinger Bräu mit einer Crowdfunding-Kampagne in der Vergangenheit bereits 2 Millionen Euro von Fans und Förderern eingesammelt hat, läuft zur Finanzierung des 800.000 Euro teuren Tiefbrunnes die Kampagne unter dem Moto "Investier in Bier!". "Wir bieten eine Rendite von 6 Prozent auf zehn Jahre, die man auch in Bier oder Speisen einlösen kann. Innerhalb von zehn Tagen sind wir bereits bei über 1,3 Million Euro angekommen", erklärt Steffen Marx.

Das Dunkle und die Biervielfalt steht bei den Fans des Giesinger Bräu hoch im Kurs. Mixkisten sind beliebt, sagt Braumeister Roßmann. Er hat sechs Bierrezepte im Kopf, die er irgendwann probieren wird.
Wer expandiert, braucht Personal: Das Giesinger Bräu Lerchenau sucht Staplerfahrer, zwei Kollegen für die Buchhaltung – und zwei Brauer.
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