Illegale Prostitution: Zahlen in Pandemie rasant gestiegen
München - Für das Rotlichtgewerbe geht eine lange Durststrecke zu Ende. Wenn am Wochenende in München wieder das Nachtleben startet, dürfen auch Bordelle und Sex-Clubs wieder öffnen. Wer sich in der Rotlicht-Szene umhört, merkt schnell, dass nichts mehr so ist, wie vor Corona. Viele Sexarbeiterinnen haben sich neu orientiert. "Von irgendetwas musste ich ja meine Miete bezahlen", sagt Nancy, eine 24-jährige Prostituierte, die vor der Pandemie in verschiedenen Münchner Clubs ihre Dienste anbot. "Bei den staatlichen Hilfen bin ich komplett leer ausgegangen."
Diana Aurora Pfaffl hat Tränen in den Augen. Seit zwei Jahren läuft nichts mehr in dem FKK-Club, den sie und ihr Mann an der Landsberger Straße betreiben. "All die Männer, die hier im Bademantel rumlaufen. Ich hätte nicht gedacht, dass ich das mal so vermissen würde.", sagt die 35-jährige Bar-Frau. "Wir haben wegen Corona jetzt Hunderttausende Euro Schulden", sagt sie und zuckt mit den Schultern. "Aber wenn ich daran denke, dass es jetzt wieder losgeht, freue ich mich wahnsinnig."
Prostitution als "körpernahe Dienstleistung" wieder erlaubt
Prostitution ist längst wieder erlaubt. Juristisch fällt das unter "körpernahe Dienstleistungen", so das Gesundheitsministerium. Doch das galt bisher eben nicht für Bordellbetriebe. Am Freitag tritt der Bund-Länder-Beschluss in Kraft, der es Nachtclubs erlaubt, wieder zu öffnen, mit 2G plus.
Sex-Clubs und -Bars hatten abgesehen von einer kurzen Unterbrechung zwei Jahre geschlossen. In der Zeit hat sich das Geschäft in der Rotlicht-Branche massiv verändert. Was fehlt, ist Personal. "Manche Frauen haben sich normale Berufe gesucht und arbeiten jetzt beispielsweise als Kassiererin", sagt Nancy, die inzwischen selbst in der Gastronomie einen neuen Job gefunden hat. "Da verdiene ich zwar deutlich weniger, aber ich kann jetzt auch ein ganz normales Leben führen, wie alle anderen auch."
Für Bordelle sei es nicht einfach, auf die Schnelle wieder Frauen zu finden, die den Job machen wollen, hört man in der Branche. Viele Sexarbeiterinnen seien abgewandert in Länder wie Holland und die Schweiz, wo die Corona-Regeln nicht so streng waren.
Öffnung der Bordelle ab 4. März
Andere sind in die Illegalität abgetaucht. Die Frauen mieten sich beispielsweise im Münchner Bahnhofsviertel Apartments und treffen sich dort mit Freiern. Die Polizei hat in den vergangenen Monaten Dutzende illegale Geheimbordelle im Sperrbezirk auffliegen lassen.
Was noch auffällt, manche Freier sind gemeiner und auch aggressiver geworden. "Sie versuchen, die Preise zu drücken, und behandeln uns wie Dreck", sagt Nancy. Tatsächlich sind die Ermittlungsverfahren wegen illegaler Prostitution in München in die Höhe geschnellt: 2019 führte die Staatsanwaltschaft nach eigenen Angaben 87 Verfahren wegen unerlaubter Prostitution, 2020 waren es bereits 209 und 2021 sogar 264 Verfahren.
"Was auch auffällt", betont Polizeisprecher Ersin Erol, "ist die starke Zunahme an einschlägigen Annoncen im Internet, viele davon dürften von illegal arbeitenden Frauen sein."