Illegale Knaller: Kampf gegen Polen-Böller

Gefährlich wie TNT-Sprengstoff: Immer wieder werden verbotene Böller aus Polen und Tschechien in Deutschland abgefackelt. Legale Knaller sind vielen "zur teuer und zu lasch"
von  dapd
Besonders gefährliche Marken sind unter anderem die "Cobra" aus Österreich oder "La Bomba" und "Colour Salute" aus Polen oder Tschechien. "La Bomba" hat 2,9 Gramm Netto-Explosivstoff, das ist sehr viel: Wenn man das in der Faust hält und anzündet, zerfetzt es einem buchstäblich die Hand.
Besonders gefährliche Marken sind unter anderem die "Cobra" aus Österreich oder "La Bomba" und "Colour Salute" aus Polen oder Tschechien. "La Bomba" hat 2,9 Gramm Netto-Explosivstoff, das ist sehr viel: Wenn man das in der Faust hält und anzündet, zerfetzt es einem buchstäblich die Hand. © dpa

Gefährlich wie TNT-Sprengstoff: Immer wieder werden verbotene Böller aus Polen und Tschechien in Deutschland abgefackelt. Legale Knaller sind vielen "zur teuer und zu lasch"

München - Die Wucht der Explosion erinnert mehr an eine Sprengung als an einen Silvesterspaß. Zuerst gleißt orangenes Licht, dann zerfetzt die Pappkartusche mit einem ohrenbetäubenden Knall. Die Hand des Dummys, die den sogenannten Polen-Böller gehalten hat, ist nur noch schwarz. „Bei deutschen Böllern, die mit Schwarzpulver gefüllt sind, droht höchstens eine Verbrennung der Finger. Bei einem illegalen Knaller ist unter Umständen die ganze Hand ab“, sagt Christian Lohrer von der Bundesanstalt von Materialprüfung (BAM). Seit Jahren warnt die BAM gemeinsam mit Polizei und Zoll vor dem Gebrauch von illegalem Feuerwerk. So auch in diesem Jahr. Konsumenten schreckt das aber nicht ab.

Blitzknallkörper nur für Profis

Das explosive Geheimnis des Blitzknallkörpers, wie Pyrotechniker die Böller wegen des hellen Lichtes vor der Explosion umständlich nennen, ist weniger ihr Inhalt als die Verpackung. Denn während sich im Inneren ein harmloses Gemisch aus einem Oxidationsmittel und Metallpulver befindet, sorgt nur die Papphülle für den TNT-artigen Sprengeffekt. „Die Kartusche ist derart kompakt, dass die entzündete Mischung nirgendwo entweichen kann“, erklärt Lohrer.

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Dadurch entstünden extreme Drücke und dementsprechend falle die Explosion aus. „Im Unterschied zum vergleichsweise müden Schwarzpulver ist das ein ungleich heftigere Explosion“, sagt Lohrer. Wo die Böller hergestellt werden, weiß man bei der BAM indes nicht. Im Prinzip könne das überall sein, sogar deutsche Firmen kämen als Hersteller in Betracht, sagt Lohrer. Grund seien die unterschiedlichen Bestimmungen in den einzelnen EU-Staaten. „Was in Polen oder Tschechien erlaubt ist, muss in Deutschland noch lange nicht gelten“, sagt er. Insbesondere die Blitzknallkörper bekämen, wenn sie denn überhaupt von den Materialprüfern getestet würden, keine Zulassung für den freien Verkauf. „Genauso wie Raketen über 20 Gramm sind die Böller Profis vorbehalten“, sagt Lohrer.

Knaller fürs Stadion

Wo es die gefährlichen Kracher zu kaufen gibt, ist allgemein bekannt: Auf nahezu jedem der Märkte entlang der deutschen Grenze zu Polen und Tschechien bieten Händler ganzjährig Feuerwerk an. So auch auf dem Grenzmarkt in Kraslice im Dreiländereck zwischen Oberfranken, Vogtland und Tschechien. Fast an jedem Stand werden neben Klamotten, Schnaps und unverzollten Zigaretten auch Böller in allen Größen feilgeboten. Einer der Kunden, die sich gut zwei Wochen vor Silvester hier mit Böllern, Raketen und Bengalischem Feuer eindecken, ist Alexander H.. Die legal in Deutschland käuflichen Knaller, sagt der 26-Jährige aus dem Vogtland, seien ihm einfach „zu teuer“ und „viel zu lasch“. Für eine 20er-Packung 'Color Salut' zahlt der Sachse in Kraslice nur 3,50 Euro, weshalb er gleich mehrere Packungen kauft. Die könne er, sagt der Fußballfan, schließlich „das ganze Jahr gebrauchen“.

Darüber, wie viele Böller jedes Jahr von den Märkten hinter der Grenze nach Deutschland gelangen, gibt es allerdings ebenso wenig eine Statistik wie darüber, wie viele Menschen alljährlich durch die illegalen Böller verletzt werden. Fakt ist nur, dass die illegale Einfuhr längst zu einem Massendelikt geworden ist, wie Christian Schüttenkopf vom Zollfahndungsamt München betont: „Von 16 bis 56 ist durch die Bank weg jedes Alter und jede soziale Schicht vertreten.“ Ganzjährig werden Zöllner und Bundesgrenzschützer mittlerweile bei Fahrzeugkontrollen fündig. Auffällig sei dabei, dass vor allem Männer die Knaller kauften. Und die ließen sich kaum von Geldstrafen abschrecken.

 

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