Idee sorgt für Unmut: Wohin zieht das Kindermuseum?

Eigentlich schien die Antwort klar: ins Einkaufszentrum auf der Schwanthalerhöhe. Doch nun hat die Stadt eine andere Idee. Und die sorgt für viel Unmut.
von  Christina Hertel
Das verlassene Gebäude in Riem, in dem lange das Bauzentrum untergebracht war.
Das verlassene Gebäude in Riem, in dem lange das Bauzentrum untergebracht war. © ho

München - Ganz am Anfang, vor fast 30 Jahren, zog das Kinder- und Jugendmuseum mit einem ausrangierten Linienbus dorthin, wo Kinder sind: in die verschiedenen Stadtteile, auf Wiesen, Spielplätze und Feste. "Seit 1995 befindet sich das Kindermuseum am wohl zentralsten Ort Münchens, dem Hauptbahnhof", so heißt es auf der Webseite des Museums.

Muss das Kindermuseum 2024 umziehen? 

Wahrscheinlich 2024 muss das Museum dort raus, weil der denkmalgeschützte Starnberger Flügelbahnhof abgerissen wird. Dann könnte es an einem ziemlich abgeschiedenen Ort landen - nämlich in der Nähe der Messe in Riem. Dabei war alles ganz anders geplant.

Eigentlich hatte der Stadtrat 2020 in einem Grundsatzbeschluss entschieden, dass das Museum in das Einkaufszentrum Forum Schwanthalerhöhe hinter der Theresienwiese soll. Dieses betreibt die Hanseatische Betreuungs- und Beteiligungsgesellschaft, also ein privater Investor.

Die Alternative der Stadt: das ehemalige Bauzentrum in der Messestadt Riem

Geschäftsführer Harald Ortner erzählt, dass er schon seit 2015 an dem Kinder- und Jugendmuseum plane. Der Brandschutz, die Statik, alles sei schon überprüft worden, sagt er. Eigentlich fehlte bloß noch, dass die Stadt den Mietvertrag unterschreibt.

Doch nun hat die Stadt eine Alternative gefunden. Im ehemaligen Bauzentrum in der Messestadt Riem hat sich kurzfristig eine stadteigene Option ergeben, antwortet die Pressesprecherin des Kulturreferats Jennifer Becker auf eine AZ-Anfrage. Ende 2022 sei das Gebäude in städtisches Eigentum übergegangen.

Ehemaliges Bauzentrum in Riem steht seit 2018 leer

Bis 2018 hielt die Stadt dort Infoabende und Vorträge zum Bauen und Wohnen ab. Dann zog die Einrichtung um und seitdem steht das Gebäude laut der Linken-Stadratsfraktion leer.

Bereits im Januar wollte sie Klarheit darüber, warum die Stadt eine Fläche von 2700 Quadratmetern brachliegen lässt. Eine Antwort steht noch aus. Linken-Fraktionschef Stefan Jagel kann allerdings Fotos von einem ziemlich tristen, grauen Bau mit rissigen Wänden auf seinem Handy zeigen.

Das Kulturreferat will den Stadtrat noch im ersten Halbjahr 2023 über beide Optionen entscheiden lassen. Auch Wirtschaftlichkeitsvergleiche will das Referat vorlegen. Eine Miete an einen Investor müsste die Stadt in einem eigenen Gebäude nicht zahlen. Trotzdem klingt die Grünen-Stadträtin Sibylle Stöhr von dem Vorgehen nicht begeistert.

Enttäuschung über die Kommunikationsstrategie des Kulturreferats

"Es gibt ja einen Grundsatzbeschluss - aber plötzlich scheint der gar keine Rolle mehr zu spielen", sagt Stöhr. Sie ist auch Chefin des Bezirksausschusses Schwanthalerhöhe. Statt vom Kulturreferenten habe sie vom Investor von den neuen Plänen erfahren.

Dieser wiederum erzählt, dass er es in der Zeitung gelesen habe. Sowohl die BA-Chefin als auch der Investor sagen, sie seien sehr überrascht gewesen - und klingen nicht gerade erfreut über die Kommunikationsstrategie im Kulturreferat. "Es geht auch um Verbindlichkeit und um Vertrauen", meint Stöhr.

"Ein enormer Vertrauensverlust"

Und Ortner sagt: "Ich habe dem Bezirksausschuss versprochen, im Forum das Kinder- und Jugendmuseum unterzubringen. Daran sah ich mich gebunden."

Anderen Interessenten habe er deshalb abgesagt. Sollte das Museum nun doch nicht einziehen, wäre das für ihn "ein enormer Vertrauensverlust".

Wie hoch die Miete im Forum genau wäre, will Ortner nicht verraten. Aus dem Rathaus hört man aber, dass der Stadtrat einst einen Rahmen festgelegt und sich der Investor an diesen gehalten habe.

Bezirksausschuss-Chefin Stöhr nennt den Investor zuverlässig, einen, der den Kontakt zu ihrem Gremium stets gesucht habe. Sie geht außerdem davon aus, dass auch ein Umzug ins Bauzentrum mit Kosten verbunden wäre - schließlich müsse das Gebäude erst einmal hergerichtet werden.

Bezirksausschusschefin Stöhr für ein Konzept mit Bürgerbeteiligung

Stöhr findet es auch wichtig, dass der Leerstand in Riem beendet wird. Aber für klüger hielte sie es, wenn die Stadt dafür ein richtiges Konzept mit Bürgerbeteiligung erstellen würde. Denn momentan gebe es um das Gebäude herum bloß ein paar Wohnungen und eine Geflüchteten-Unterkunft.

Auch die CSU im Münchner Stadtrat wundert sich über das Vorgehen des Kulturreferats. Stadträtin Beatrix Burkhardt stellte vor Kurzem eine Anfrage, um zu erfahren, warum der Stadtrat bislang nicht über die neuen Pläne informiert wurde.

Kindermuseum will sich nicht festlegen

Und was sagt das Museum selbst dazu? Pressesprecherin Jane Blumenstein betont, dass schließlich noch gar nichts entschieden sei. Auf die Frage, welchen Standort sie bevorzuge, will sie sich nicht festlegen. Schließlich kenne sie die konkreten Pläne noch gar nicht.

Fest steht bloß: Heuer können die Münchner das Kinder- und Jugendmuseum auf jeden Fall noch im Hauptbahnhof besuchen. Denn bis Ende des Jahres gibt es laut der Sprecherin schon ein fixes Programm.

 

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