Idee in der Isolation: Münchner Opa (81) erschafft Lieder komplett mit dem Computer

Die Pandemie hat den Senior Winfried Huyer-May kalt erwischt: Keine Besuche der Kinder und Enkel mehr, kein gemeinsames Musizieren. Der Münchner hat die moderne Technik als Lösung entdeckt.
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Winfried Huyer-May beim Musikmachen.
Winfried Huyer-May beim Musikmachen. © privat

München - Schon sein Vater arbeitete als Musiklehrer, er selbst lernte Klavier, gründete früher einmal einen Chor. Auch mit seinen fünf Kindern und 20 Enkeln liebt Winfried Huyer-May (81) es, zu musizieren, zu komponieren, Melodien aufzunehmen. Musik ist sein "Haupthobby", sagt er.

Dieser Münchner Opa (81) macht Musik mit dem Computer

Doch mit Corona verstummte die gemeinsame Musik. Lockdown statt Lieder. Mundschutz statt Melodien. Obacht statt Oktaven. Eine Zeit in Moll.

Wie sollte der pensionierte Jurist mit all der freien Zeit umgehen, die plötzlich über ihn – wie auch über alle anderen – hereinbrach? Der 81-Jährige aus Aubing wollte sich nicht unterkriegen lassen. "Corona hat uns das Musikmachen nicht mehr erlaubt. Dann habe ich Gott sei Dank entdeckt, dass der Computer sprechen kann", sagt er der AZ mit einem Lachen.

Sprechsongs aus dem PC: "Ich kann mich damit ausdrücken"

Der musikaffine Münchner setzte sich an seinen Rechner und bastelte mithilfe moderner Technik Computer-Sprechsongs. Davon hat er mittlerweile schon 21 Teile mit jeweils rund zehn Liedern auf seiner Internetseite www.allesopa.de hochgeladen.

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Computer-Sprechsongs, bitte was? Das funktioniert so: Huyer-May nutzt dafür zwei Computer. Auf dem einen ist eine Musik-Software, auf dem anderen nutzt er die Sprechfunktion von Google Translate oder auch von Word. Er dichtet und schreibt Texte "über alles, was mir über den Weg läuft", sagt er. Von Alltäglichem wie Laubsauger-Lärm bis hin zu einem Jahr ohne Fasching oder einem Aufruf zur Solidarität.

Die Texte lässt er dann von der Computerstimme einlesen, was die Sprachspur seiner Songs wird. Dazu bastelt er Musikfrequenzen aus der Software zusammen, die Takte in verschiedenen Tonarten und Musikrichtungen im Repertoire hat. Er nennt es Sequenzen "zusammenkleben". Hintereinander Stück für Stück und untereinander beliebig viele Spuren. Ob Bass, Schlagzeug, Keyboard, Saxofon oder was man eben möchte.

Ist das denn richtige Musik, wenn sie komplett im Computer entsteht? Der Hobby-Musiker sagt: "Es ist natürlich nicht Geige spielen, aber ich kann mich damit ausdrücken. Ich kann traurige oder lustige Musik machen, schnelle, langsame, klassische. Genau das ist für mich ein wichtiger Bestandteil von Musik: Ich kann ein Gefühl vermitteln." Auch wenn ihm freilich klar ist, dass die Computerstimme holpriger und hölzerner spricht als ein echter Mensch.

Winfried Huyer-May: "Der Computer ist wie ein Werkzeug"

Er will anderen Senioren Mut machen, so etwas auch auszuprobieren. Denn was mache man im Alter, wenn man kein richtiges Hobby hat? Angst vor dem Computer oder modernen Programmen brauche man nicht zu haben. "Das ist wirklich machbar."

Ein einfaches Testprogramm zur Probe herunterladen und loslegen, empfiehlt er. "Der Computer ist wie ein Werkzeug, wir sollten diese neue Technik ausnutzen." Sei es, um damit Musik zu machen, Videos zu schneiden oder mit einem Tablet zum Beispiel zu malen – die Möglichkeiten sind vielfältig. Und vielleicht wächst daraus ein neues Hobby.


Unter www.allesopa.de sind seine Pandemie-Sprechsongs zu finden. Winfried Huyer-May hat auch noch diverse andere Internetseiten, auf denen er früher schon Lieder hochgeladen hat - Kinderlieder, aber auch etwa politische Songs: www.liederkorb.de; www.europalieder.de; www.demokratielieder.de

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6 Kommentare
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  • Kaiserin am 02.08.2022 14:04 Uhr / Bewertung:

    Wie herrlich das in USA schon seit vielen, vielen Jahren die Schallplatte längst wieder mehr gekauft wird, wegen dem schönerem, besseren und eingehendem Musikgefühl das einem unter die Haut geht und wer nicht ganz blind ist der sieht das auch in Amazon Vinyl längst wieder angeboten wird. Wenn ich einen Plattenspieler und den Platz dazu gehabt hätte, hätte ich mir nvon Tami Neilson auch lieber die Vinylplatte als die CD gekauft. Dieser Sound von Vinyl den kriegt kein Compurer hin, ein viel zu steriles Hörgefühl.

  • Fluxxus am 02.08.2022 18:29 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Kaiserin

    Für die Musikproduktion im privaten Rahmen, wie der Herr aus dem Artikel sie praktiziert, aus Kosten- und anderen Gründen wohl kaum praktikabel, analog zu arbeiten.

    Tipp: Auf der Auer Dult gibt es ein Standerl mit einem umfangreichen Angebot an Schallplatten unterschiedlichster Stilrichtungen. Falls Sie als Vinyl-Freund etwas Bestimmtes suchen, werden Sie dort vielleicht fündig.

  • Wendeltreppe am 04.08.2022 14:38 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Fluxxus

    Stimmt. Auch auf den kleineren Flohmärkten in der Stadt findet man hin und wieder Schallplatten, kleine Single oder auch die LP für wenig Geld.

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