"Ich will nicht alt und krank sterben" - da brachte sie ihr Ehemann um

Im Mordprozess gegen Robert S. wartet der Angeklagte mit einer überraschenden Tatversion auf.
John Schneider |
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Vor Prozessbeginn: Robert S. auf der Anklagebank im Gespräch mit seiner Anwältin Heidi Pioch.
jot Vor Prozessbeginn: Robert S. auf der Anklagebank im Gespräch mit seiner Anwältin Heidi Pioch.

München Für die Ermittler ist klar: Robert S. hat seine Ehefrau Karin († 66) heimtückisch ermordet. Vor Gericht gibt der Mann mit gebeugtem Haupt, leiser Stimme und blumigen Worten auch zu, die Tat begangen zu haben: „Mir ist klar, dass das, was ich an jenem Tag getan habe, meine Frau getötet hat.“

Getötet, ja. Aber eben nur, weil sie es so gewollt habe. Der 56-jährige Kaufmann wies zu Beginn des Prozesses vor dem Landgericht München den Vorwurf des Mordes zurück. Er und seine Frau hätten einen gemeinsamen Suizid geplant, erklärt der Mann stattdessen.

„Wir hatten ein gutes Leben“, erzählt er. Aber dann sei ihnen klar geworden, dass sie im Alter Probleme bekommen würden. In den Jahren 2013 bis 2015 sei da einiges zusammengekommen: Erst ging sein Weinhandel pleite, dann brach sich seine Frau ein Bein. Die Genesung verlief nicht wie erhofft, die Frau fühlte sich nicht mehr in der Lage, ihr früheres, glückliches Leben wiederaufzunehmen, erklärt Robert S.

 

Die Leiche von Karin S. war erst fünf Tage nach der Tat zufällig entdeckt worden.


Dazu seien finanzielle Probleme gekommen. Ihnen sei klar geworden, dass sie ihr Haus in Anzing nicht würden halten können. Die Bankrate war zu hoch, die Rente der Frau zu niedrig. Gemeinsame Kinder hatte das Paar, das sich bei der Arbeit für Siemens kennengelernt hatte und seit 1987 zusammen lebte, nicht.

Auch das Beispiel seiner kranken Eltern hätte die Angst vor der Zukunft befeuert. „Ich will nicht arm und krank sterben“, habe ihm seine Karin gesagt. Das Paar begann über Selbstmord nachzudenken.

Seine Frau wollte aber nicht allein gehen, man sollte gemeinsam sterben. „Du musst mich vorausschicken“, habe sie ihm erklärt. Es klang wie ein Auftrag. Er habe sich noch gedacht „Weißt du was das bedeutet?“, als sie ihm das sagte.

Sich mit Tabletten zu töten, habe seine Frau aber abgelehnt, wollte auch nicht wissen, wann und wo sie sterben würde. Seine Frau und er hätten aber verabredet, dass er sie zu einem unbestimmten Zeitpunkt überraschend töten und sich danach selbst das Leben nehmen solle.

Am 29. Mai 2015 habe er dann die Gelegenheit genutzt, als sie sich übers Waschbecken beugte, um sich das Gesicht zu waschen. Mit einer schweren Eisenpfanne aus der Küche habe er ihr auf den Kopf geschlagen.

Das deckt sich mit den Ermittlungen. Die Anklage spricht von einem „stumpfen, flächenhaften Gegenstand“ mit dem Robert S. zugeschlagen haben soll. Die Tatzeit hatten die Ermittler in den Zeitraum vom 20. Mai bis zum 1. Juni 2015 gelegt.

Doch während Robert S. aussagt, dass er sich nur an den Schlag, ansonsten aber an nichts erinnern könne, geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass der Angeklagte seine Frau weiter massiv geschlagen und ihr dann mit Ellbogen und Knien so die Luft abgedrückt hat, dass sie verstarb. Der Körper der Toten wies dementsprechende Verletzungen auf.

Staatsanwalt Florian Gliwitzky geht in der Anklage aber von einem Streit als Motiv der Bluttat aus. Einen gemeinsam Selbstmord hatten die Ermittler bislang nicht auf der Rechnung. Und auch der Vorsitzende Richter Thomas Bott hat so seine Zweifel an der Sterbehilfe-Version. Dass keinerlei Hinweise auf den geplanten gemeinsamen Suizid für die Nachwelt gefunden wurden und die Erinnerungslücken des Angeklagten haben ihn skeptisch gemacht: „An so eine Tat erinnert man sich doch.“

Die Leiche von Karin S. war erst fünf Tage nach der Tat zufällig entdeckt worden. Finanzbeamte waren in das Haus eingedrungen. Wohl um die Versteigerung vorzubereiten. Karin S. lag in der Badewanne. Aufgebahrt wie bei einem buddhistischen Verabschiedungsritual. Robert S. lag da bewusstlos und mit Vergiftungserscheinungen im Bett. Er war nicht ansprechbar.

 

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