"Ich werde mir das niemals vergeben": Angeklagter weint bei Auftakt des Münchner Raser-Prozesses

München - Da kommt auch der größte Gerichtssaal im Strafjustizzentrum an seine Grenzen. Alle Zuschauerplätze sind besetzt, viele Zuschauer, darunter wohl auch viele Freunde und Bekannte der Opfer, müssen deshalb auf die Hinterbank. Sie sind hier, um den zweiten Anlauf der Münchner Justiz zu verfolgen, einem jungen Raser (22) den Prozess unter anderem wegen fahrlässiger Tötung zu machen.
Ein 18-Jähriger war von dem Auto erfasst worden und starb. Vier weitere Menschen wurden verletzt. Die Vorwürfe gegen ihren Mandanten seien zutreffend, sagt seine Anwältin Daniela Gabler zum Prozessauftakt. Er selbst sagt zur Tat nichts, entschuldigt sich aber später.

Prozess am Landgericht: Raser aus München vor Gericht
Die Amtsrichterin, die den Prozess kurz vor Weihnachten begonnen hatte, bekam im Laufe der Verhandlung das Gefühl, dass die Strafe höher als vier Jahre Haft ausfallen könnte. Das Amtsgericht kann aber nur Strafen bis vier Jahre aussprechen. Sie verwies das Verfahren deshalb ans Landgericht.
Wie schon beim ersten Prozess im Dezember geht es auch vor dem Landgericht am ersten Verhandlungstag emotional zu. Eines der Opfer, ein junger, talentierter Fußball-Torwart berichtet von seiner Todesangst, als das Auto auf ihn zuraste, wie er den Unfall erlebt hat und welche Verletzungen er davontrug. Durch den Unfall sei ihm ein wichtiges Jahr im Juniorenbereich genommen worden. Der Traum von der Profi-Karriere: zumindest stark gefährdet.
Sein Leidensweg begann am 9. Juli des vergangenen Jahres. Damals raste der heute 22-Jährige auf der Flucht vor der Polizei, unter Drogen- und Alkoholeinfluss und ohne Führerschein mit stark überhöhter Geschwindigkeit über die Dachauer Straße. Am Leonrodplatz überfuhr er laut Anklage eine rote Ampel, kollidierte mit einem Auto und erfasste die beiden jungen Männer, die zur Trambahn-Haltestelle laufen wollten. Der beste Freund des 19-jährigen Zeugen und Nebenklägers stirbt.
Der Zeuge schildert am Montag seine Todesangst, als das Auto auf ihn zuraste: "Da wusste ich, dass ich jetzt sterben werde. Ich hatte keine Chance mehr in meiner Wahrnehmung." Er schildert auch die furchtbaren Schmerzen, die er hatte, als er auf der Straße wieder zu sich kam. "Mein ganzer Körper hat gebrannt." Auf den Zuschauerplätzen kämpfen junge Menschen mit den Tränen.
Emotionale Befragungen: Raser-Unfall wird erneut vor Gericht in München verhandelt
Der 19-Jährige erlitt schwerste Verletzungen, leidet heute noch unter den physischen und psychischen Folgen. Die Wochen nach dem Unfall waren für den 19-jährigen Nebenkläger geprägt von Operationen und starken Schmerzmitteln.
Er berichtete bereits vor dem Amtsgericht, dass er sich aber trotz seines Zustandes, zur Beerdigung seines Freundes vom Krankenhaus zum Friedhof transportieren ließ, um Abschied zu nehmen.
Etwas ist am Montag anders als noch im Dezember: Im Prozess am Amtsgericht hatte der 19-Jährige den Angeklagten noch scharf angegangen, als sich dieser bei ihm entschuldigen wollte. Vor dem Landgericht schweigt das Opfer, schaut den Angeklagten nicht an, als sich der 22-Jährige entschuldigen will. "Ich kann nur sagen, dass es mir aufrichtig leidtut und wie sehr ich es bereue", sagt der Angeklagte und schluchzt dabei. "Ich werde mir das wahrscheinlich auch niemals vergeben."
Der Prozess wird fortgesetzt. Nach derzeitiger Planung soll am 18. April ein Urteil gesprochen werden.