"Ich sitze auf der Toilette - und werde verladen!"
Gerade als der Münchner Sascha Schopper (36) auf einer Baustelle ein Geschäft verrichtet, hebt’s das Klo-Häusl aus den Angeln. Als er sich beschwert, wird er vom Verursacher gewürgt
GOLDACH/MÜNCHEN - Sascha Schopper hat’s schriftlich: „Sternocleidomastoideus rechts, 5 mm langer oberflächlicher Kratz-Defekt, Druckdolenz über musculus Sternocleidomastoideus, Kopfwendung nach links endgradig schmerzbedingt eingeschränkt ab ca. 45 Grad, nach rechts ab ca. 60 Grad. Schluckschmerzen.“
So steht’s auf dem Attest.
Schopper hat Kratzer am Hals, Schmerzen am seitlichen Halsmuskel – und er kann den Kopf immer noch nicht völlig drehen.
Dabei wollte er nur aufs Klo.
Am Mittwochmorgen steht der 36-jährige Gebäudereiniger in einem Mehrfamilienhaus in der Siegfriedstraße in Goldach (Kreis Freising). 20 solcher Gebäude wurden hier neu errichtet. Sie sind übergabefertig – oder fast. Schopper legt in einer Wohnung letzte Hand an, befreit Türstöcke, Fenster, Böden, Lichtschalter und Heizkörper vom letzten Baustaub, bevor die Mieter und Käufer kommen.
Um 8.45 Uhr muss er mal kurz austreten. Dafür geht der Vorarbeiter hinaus zum Dixi-Klo der Baustelle. „Ich kann ja nicht die Toiletten der Wohnungen benutzen.“
Schopper steigt ins Klohäuschen und legt los. Auf einmal ruckelt die ganze Kabine. Sie wackelt – und steigt in die Luft. Draußen hat ein 22-jähriger Pflasterer den Plastikwürfel gerade auf seinen Gabelstapler geladen. Schopper ist fassungslos: „Da hock’ ich mich aufs Dixi – und werde auf einmal verladen!“
Der Münchner ist erschüttert. „Aus Angst vor einem Umkippen des stillen Örtchens und des vollständigen Körperkontaktes mit den Fäkalien schrie er laut“, schreibt die Polizei Neufahrn recht lapidar in ihrem Bericht. Schopper beschreibt es knackiger: „Das war echt krass.“
In seinem Häuschen brüllt er aus Leibeskräften: „Hey, Stopp, Moment!“ – was der 22-Jährige im Röhren des Staplers leider nicht hört. Zum Glück steht ein 56-jähriger Arbeiter in der Nähe. Er hört Schoppers Hilfeschreie und alarmiert den Fahrer. Der setzt das Klo wieder auf den Boden und zieht die Stapler-Gabeln zurück.
Schopper steigt aus. „Ich war natürlich erschrocken und war dabei wohl auch etwas lauter“, sagt er. „Ich hab’ ihn gefragt: Bist du noch ganz sauber? Du musst doch erst nachschauen, ob da ein Mensch drin ist“. Dann wischt er sich mit seiner Hand vors Gesicht – die Geste für: Spinnst du eigentlich?
Das nimmt ihm der 22-Jährige richtig übel. „Erst hat er gerufen: Verschwind!“, sagt Schopper. „Dann ist er vom Bagger quasi auf mich draufgesprungen, ist auf mich zugegangen und hat mich gleich am Hals gepackt.“ Der 22-Jährige habe ihn gewürgt und ihm zugeschrien: „Wenn du nicht sofort verschwindest, schlag ich dir die Zähne ein!“
Schopper windet sich los und geht gleich auf Sicherheitsabstand. Er habe sich nicht prügeln wollen, sagt er „Der ist sehr ausgeflippt, da hab’ ich schon Muffensausen gehabt“
Kurze Zeit später ist die Polizei vor Ort. Schopper zeigt den Beamten seinen Hals. „Er war geschwollen und rot“. Dann macht er davon ein Foto. Sein Chef holt ihn ab, Schopper geht zum Hausarzt, der schreibt ihn vier Tage krank. Dann erstattet der Gebäudereiniger Strafanzeige. Die Polizei ermittelt wegen Körperverletzung gegen den Staplerfahrer. Schmerzensgeld will Schopper nicht: „Mir geht’s ums Prinzip. So etwas darf nicht passieren.“
Sein Hals tut ihm „gut weh“, sagt er. Fast wäre es ihm lieber gewesen, das Toilettenhäuschen wäre umgekippt. „Dann hätten alle bloß gelacht – und ich nach einem halben Jahr irgendwann auch.“
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