"Ich gehe nie wieder in ein Pflegeheim"

Betroffene protestieren in Ketten gegen den Entwurf des neuen Bundesteilhabegesetzes.
Anja Perkuhn |
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Ulf Knickmeier wohnt seit 30 Jahren in einer Wohnung mit sechs Bewohnern. „Ich gehe nie wieder in ein Pflegeheim!“, sagt er. Zwei Jahre hat er in einem gelebt: "Eine Selbstbestimmung ist da überhaupt nicht gegeben."
Daniel von Loeper 5 Ulf Knickmeier wohnt seit 30 Jahren in einer Wohnung mit sechs Bewohnern. „Ich gehe nie wieder in ein Pflegeheim!“, sagt er. Zwei Jahre hat er in einem gelebt: "Eine Selbstbestimmung ist da überhaupt nicht gegeben."
Studentin Kerstin Metko ist seit zwei Jahren Pflegeassistentin von Ulf Knickmeier. "Ich kann mir Pooling der Betreuung aus meiner Sicht nur schwer vorstellen. Pflegeassistenz ist extrem individuell, jeder braucht eine andere Art des Umgangs. Das fand ich am Anfang schon bei einem Menschen schwer."
Daniel von Loeper 5 Studentin Kerstin Metko ist seit zwei Jahren Pflegeassistentin von Ulf Knickmeier. "Ich kann mir Pooling der Betreuung aus meiner Sicht nur schwer vorstellen. Pflegeassistenz ist extrem individuell, jeder braucht eine andere Art des Umgangs. Das fand ich am Anfang schon bei einem Menschen schwer."
„Ich will aufstehen, wann ich will, ins Bett gehen, wann ich will“, sagt Erwin Brandl. „Wenn der Assistent sich aber gerade um jemand anderen kümmert, muss ich warten.“
Daniel von Loeper 5 „Ich will aufstehen, wann ich will, ins Bett gehen, wann ich will“, sagt Erwin Brandl. „Wenn der Assistent sich aber gerade um jemand anderen kümmert, muss ich warten.“
„Jedes Leben ist doch individuell“, sagt auch Esther Junghans. „Ich will vielleicht schwimmen gehen, aber jemand, mit dem ich mir eine Assistenz teile, will vielleicht lieber zu Hause bleiben vor dem Fernseher. Und das muss beides möglich sein.“
Daniel von Loeper 5 „Jedes Leben ist doch individuell“, sagt auch Esther Junghans. „Ich will vielleicht schwimmen gehen, aber jemand, mit dem ich mir eine Assistenz teile, will vielleicht lieber zu Hause bleiben vor dem Fernseher. Und das muss beides möglich sein.“
„Wir sehen so viele Rückschritte in dem Entwurf“, sagt Karin Brich. „Dadurch werden wir in die 60er Jahre zurückkatapultiert.“
Daniel von Loeper 5 „Wir sehen so viele Rückschritte in dem Entwurf“, sagt Karin Brich. „Dadurch werden wir in die 60er Jahre zurückkatapultiert.“

München - Die meterlange Metallkette funkelt in der Sonne, vorbeilaufende Menschen werden langsamer, lesen die selbstgemalten Schilder – zum Beispiel: "Uneingeschränkte Teilhabe für alle".

Seit Montag demonstrieren Menschen mit Behinderung vorm bayerischen Finanzministerium, an ihren Rollstühlen zusammengekettet – aus Protest dagegen, im Zweifelsfall in ein Pflegeheim zu müssen, wie es nach dem Entwurf des neuen Bundesteilhabegesetzes wahrscheinlich wird. Seit dessen Veröffentlichung wird der Entwurf von Betroffenen kritisiert.

Den Münchner Demonstranten geht es beispielsweise um die Selbstbestimmung: Der Vorrang "ambulant vor stationär" bei der Unterbringung, der bisher galt, entfällt im Entwurf – das Wohnen in den eigenen vier Wänden wäre behinderten Menschen in der Regel dann nur erlaubt, wenn es günstiger ist als ein Heimplatz. "Ich wohne seit 30 Jahren in einer Wohnung mit sechs Bewohnern", sagt Ulf Knickmeier. "Ich gehe nie wieder in ein Heim!"

Außerdem sollen Leistungen "gepoolt" werden – Behinderte sich ihre Pflegeassistenten teilen. "Ich will aufstehen, wann ich will, ins Bett gehen, wann ich will", sagt Erwin Brandl. "Wenn der Assistent sich aber gerade um jemand anderen kümmert, muss ich warten."

"Jedes Leben ist doch individuell"

"Jedes Leben ist doch individuell", sagt auch Esther Junghans. "Ich will vielleicht schwimmen gehen, aber jemand, mit dem ich mir eine Assistenz teile, will vielleicht lieber zu Hause bleiben vor dem Fernseher. Und das muss beides möglich sein."

Und es geht natürlich nicht allein ums selbstbestimmte Leben, um Kinobesuche zu flexiblen Uhrzeiten. "Es geht zum Beispiel auch um finanzielle Aspekte", sagt Karin Brich. Vermögen wird ab einem bestimmten Betrag auf die Hilfszahlungen angerechnet, auch das eines Partners. "Wir sehen so viele Rückschritte in dem Entwurf", sagt Brich. "Dadurch werden wir in die 60er Jahre zurückkatapultiert."

Nach der Aktion gehen die Demonstranten wie die Politik in die Sommerpause – um im Herbst weiterzukämpfen.

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