Ich bin der Stolz von der Pupplinger Au

Willy Michl gab zum 30. Jahrestag seiner Unabhängigkeit ein Konzert im ausverkauften Circus Krone.
von  Abendzeitung
Der Einzige vom Stamm der Isarindianer: Der Bluesbayer Willy Michl.
Der Einzige vom Stamm der Isarindianer: Der Bluesbayer Willy Michl. © Rock im Park

Willy Michl gab zum 30. Jahrestag seiner Unabhängigkeit ein Konzert im ausverkauften Circus Krone.

Jeder siebte Siedler der amerikanischen Kolonie Virginia floh vor der protestantischen Arbeitsmoral zu den Indianern. Auch in Bayern ereignete sich Ähnliches schon: Vor 360 Monden verlangte Willy Michl von seiner Plattenfirma, ihn endlich berühmt zu machen oder aus dem Vertrag zu entlassen. Seitdem streift er als Independant und Einziger vom Stamm der Isarindianer durch die Wirtshäuser der bayrischen Provinz.

Anlässlich der Wiederkehr seiner Unabhängigkeitserklärung zog er samt Squaw in den fast ausverkauften Circus Krone ein, um sich, ziemlich nervös, von einem Assistenten eine verstärkte akustische Gitarre reichen zu lassen. Eine Band würde den Einzelgänger kaum aushalten, aber er braucht auch keine: Auf seinem Instrument ist er allein unschlagbar. Sogar wie eine Zither lässt er seine Saiten klingen.

Unter unserem Himmel

Willy Michl ist, wie er ist: Ein spinnertes Original. „So a Schmarrn“ rief ein Fan, als der Bluesman wieder vom Jenseits, dem Großen Geist und Adlern schwadronierte. Recht hat er, aber kurz vor dem esoterischen Absturz erzählt der Indianer immer eine abstruse Pointe. Sein Oberhäuptling Fred „Drum“ Contreras, taucht ausgerechnet in Neu-Ulm auf und verrät dem Krieger die Telefonnummer, wenn der mit ihm über den Umweg des bestirnten Himmels mit ihm kommunizieren will.

Immerhin ahnt Michl, dass er sich mit seinem Perfektionismus selber im Weg steht. Obwohl Rothäute sich grundsätzlich nicht entschuldigen, bat er seine Fans um Verzeihung für die ewig aufgeschobene Platte „Isarindian“. Aber niemand erwartet von ihm einen neuen Song. Solche Konzerte verklären vor allem Erinnerungen an die gute alte Hippiezeit, die der Schmachtfetzen „Isarflimmern“ verherrlicht. Damit dieser Hymnus auf die Pupplinger Au, das Bobfahrerlied und „Blues goes to mountain“ ihm nicht fad werden, wandelt Michl ihre Texte immer wieder ab.

Der Papst gibt eine Audienz

Auf der Bühne ruht er wie Buddha oder Montserrat Caballé in sich. Seine Squaw, die wie eine schwarzgefärbte Brigitte Bardot aussieht, küsst dem dürstenden Meister Wasser zu. Im Wechsel zwischen Bariton und Falsett erweist er sich im Übrigen auch als grandioser Interpret der „Habanera“ aus Bizets „Carmen“. Natürlich zieht so ein Spinner andere drollige Gestalten an. Nach der Pause schritt ein gamsbarttragender Indianer namens Bruder Josef einher und überreichte eine Feder.

Die Grauhaarigen, die auch gern Rothäute geworden wären, sich aber nicht getraut haben, kreischten Michl zuliebe bei „Ticket to ride“ wie die Mädchen beim Beatles-Konzert von 1965. Nach fast dreieinhalb Stunden dankte er irgendwo zwischen Latein und Englisch für die „zauberhafte Audienz“. Wer so unfehlbar Gitarre spielt, ist nicht nur Häuptling, sondern sogar Papst des Blues.

Robert Braunmüller

Am 25. 12. spielt Willy Michl unplugged im Lustspielhaus.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.