Update

IAA-Protest: Aktivisten besetzen Rathaus

Am Dienstagabend kommt es zu einer Protestaktion im Münchner Rathaus. Am Mittwoch könnte es auch drinnen im Stadtrat beim Thema wild werden.
von  Christina Hertel, Felix Müller
Am Abend besetzten wenige Dutzend Aktivisten das Rathaus.
Am Abend besetzten wenige Dutzend Aktivisten das Rathaus. © privat

München - Gegen die Auto-Messe IAA regt sich Protest: Schon am Dienstagnachmittag hatte der Bund Naturschutz eine Kundgebung vor dem Reiterdenkmal am Odeonsplatz organisiert, um doch noch auf die Stadtratsentscheidung zur IAA einzuwirken. Um die 50 Menschen nahmen daran teil.

Protest gegen Auto-Messe IAA: Aktivisten besetzen das Münchner Rathaus

Am frühen Abend besetzte eine Gruppe Aktivisten das Rathaus und hängte vor dem Sitzungssaal im zweiten Stock Plakate auf. Nach wenigen Minuten war der Spuk allerdings schon wieder vorbei. Wie die Aktivisten am Abend auf X schrieben, suchten sie Zugang zur Klimaratsitzung und nahmen schließlich auch daran teil.

Polizei vorm Rathaus, nachdem Aktivisten dieses aufgrund eines IAA-Protestes besetzt haben.
Polizei vorm Rathaus, nachdem Aktivisten dieses aufgrund eines IAA-Protestes besetzt haben. © Felix Müller

Nach AZ-Information war darunter eine wichtige Aktivistin der Münchner Klimaschutzbewegung. Nach Klärung der Situation erfolgten von polizeilicher Seite keine Anzeigen oder Festnahmen.

Am Abend war im und um das Rathaus aber noch ungewöhnlich viel Polizei zu sehen. Auf die Stadtratssitzung am Mittwoch werden Polizei und Rathaus-Sicherheitsdienst nun ein besonders waches Auge werfen. Weitere Störaktionen gelten als gut möglich.

Wenn die IAA nächsten Herbst wieder ihre Stände in der Altstadt aufbaut, zahlt sie dafür pro Quadratmeter und Tag 30 Cent Miete an die Stadt. Macht 1,50 Euro für den Quadratmeter an den fünf Messetagen im September 2025.

Alleine an einem Samstag haben 100.000 Menschen die IAA in der Innenstadt besucht, hat der Veranstalter vermeldet. Auch vor der Oper war en großer Stand aufgebaut. Sollte das wieder so sein? Darüber streitet das Rathaus.
Alleine an einem Samstag haben 100.000 Menschen die IAA in der Innenstadt besucht, hat der Veranstalter vermeldet. Auch vor der Oper war en großer Stand aufgebaut. Sollte das wieder so sein? Darüber streitet das Rathaus. © IAA Mobility

Das ist so viel, wie jeder andere für eine kostenlose Veranstaltung zahlen müsste. Eintritt kostet der Open Space, wie die Messe in der Innenstadt heißt, nämlich nicht. Allerdings will die IAA von ihren Ausstellern ein Vielfaches an Miete: Für den Max-Joseph-Platz verlangt sie zum Beispiel pro Quadratmeter 593 Euro für fünf Tage.

Das fordert die ÖDP-Fraktion

Die ÖDP-Fraktion im Stadtrat, die die IAA eigentlich kategorisch ablehnt, fordert nun, dass die Stadt wenigstens mehr mitverdienen sollte, wenn die Messe schon kommt.

"Es ist ein Skandal, dass die IAA mit den Open Spaces den öffentlichen Raum Münchens wochenlang in Beschlag nimmt, Autos in Fußgängerzonen stellt und die Bürger an vielen Stellen kaum noch durchkommen", findet ÖDPlerin Sonja Haider. "Für diese Zumutung verlangt die Stadt dann nur ein paar Cent pro Tag und Quadratmeter."

Linken-Stadtrat Stefan Jagel.
Linken-Stadtrat Stefan Jagel. © AZ-Archiv.

Ein "Riesen-Stand einer Autofirma" ist ihrer Meinung nach nicht mit einem Socken- oder Obststand vergleichbar. Allerdings unterscheidet die Sondernutzungsgebührensatzung, in der die Stadt ihre Mieten festlegt, bislang nicht zwischen Buden und Messeständen.

Entscheidung fällt am Mittwoch

Die ÖDP beantragt nun, dass München so wie andere Städte ein Modell einführen soll, das sich am Umsatz orientiert. Der Stadtrat soll darüber in der Vollversammlung am Mittwoch entscheiden. Da stimmt er nämlich auch darüber ab, ob die IAA 2027, 2029 und 2031 wieder mit dem gleichen Konzept nach München kommen soll. Denn die Verträge laufen nach der IAA 2025 aus.

Zumindest Linken-Chef Stefan Jagel will dem ÖDP-Antrag zustimmen. Auch wenn ihm eines noch lieber wäre: gar keine IAA in München. Damit hat er etwas mit 16 Klimaorganisationen gemeinsam. Die haben sich am Dienstag in einem offenen Brief an die Stadtspitze gewandt.

Bund Naturschutz, Allgemeiner Deutscher Fahrradclub, Green City, Greenpeace und Co. sehen vor allem den Open Space, die IAA in der Innenstadt, kritisch. Die Messe sei eine "drastische Beeinträchtigung für die Anwohnenden", es gebe keinen angemessenen Platz für Proteste. Aus ihrer Sicht passt eine IAA nicht zu der Strategie der Stadt, den öffentlichen Raum umzuverteilen.

Keine Beteiligung der Öffentlichkeit

Außerdem kritisieren sie, dass der Stadtrat als Entscheidungsgrundlage bloß eine Beschlussvorlage aus dem Wirtschaftsreferat vorliegen habe. Eine "breite Beteiligung der Öffentlichkeit" wäre hilfreich gewesen, schreiben die Umweltverbände.

Um die 50 Menschen haben am Dienstag auf dem Odeonsplatz gegen die IAA demonstriert.
Um die 50 Menschen haben am Dienstag auf dem Odeonsplatz gegen die IAA demonstriert. © Daniel Loeper

Neben ÖDP und der Linken haben auch die Grünen eine kritische Haltung zur IAA. Sie wollen die Messe zwar in München halten, aber den öffentlichen Raum wollen die Grünen dafür nicht hergeben. Die IAA sollte aus ihrer Sicht aufs Messegelände. Ob sie den ÖDP-Antrag unterstützen, konnten die Grünen am Dienstag allerdings noch nicht sagen. Sie müssen ihn erst juristisch prüfen, hieß es.

Eine Mehrheit des Stadtrats wird aber voraussichtlich dafür stimmen, dass die IAA – so wie sie ist – auch in Zukunft in München bleiben darf. Die SPD hat bereits klargemacht, dass sie die IAA samt Open Space unbedingt in München behalten will. Und das sieht auch die CSU so.

Manuel Pretzl (CSU)  will den Großmarkt in München erhalten.
Manuel Pretzl (CSU) will den Großmarkt in München erhalten. © Daniel von Loeper

Auch den Vorschlag, dass die IAA mehr für den öffentlichen Raum bezahlen soll, will CSU-Fraktionschef Manuel Pretzl nicht unterstützen. "Das ist nur der verkappte Versuch, Sand ins Getriebe der IAA zu streuen", sagt er. Zum einen wolle er kein Sondergesetz für die IAA schaffen. Zum anderen verdiene die Stadt genug mit der IAA.

Das führt auch Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU) in seiner Beschlussvorlage aus: Etwa drei Millionen an Steuereinnahmen habe die IAA München eingebracht.

Bedauerlich, aber nicht zu ändern - so reagiert Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU) auf die Kostensteigerung bei der Olympiaturm-Sanierung.
Bedauerlich, aber nicht zu ändern - so reagiert Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU) auf die Kostensteigerung bei der Olympiaturm-Sanierung. © sigi mueller augenblick fotogra

Der Verband der Automobilindustrie (VDA), der die IAA veranstaltet, erinnert daran, dass die Messe alleine in München eine Kaufkraft von 160 Millionen ausgelöst habe – etwa durch Restaurantbesuche und Einkäufe. Die Einnahmen durch die Vermietung der öffentlichen Plätze würden wieder zurück in Open Space-Projekte investiert.

"Zahlreiche" Kultur- und Unterhaltungsprogramme 

"Neben infrastrukturellen Ausgaben und dem Punkt Sicherheit konnten dadurch allen Besuchern in 2023 beispielsweise vier kostenfreie Konzerte mit national bekannten Künstlern angeboten werden", antwortet ein VDA-Sprecher auf eine AZ-Anfrage hin. Es habe "zahlreiche" Kultur- und Unterhaltungsprogramme – etwa auf dem Marienplatz gegeben.

Für das Finale der Fußball-Champions-League zahlt die Stadt 7,8 Millionen Euro. "Für die IAA gibt es so einen Zuschuss nicht", sagt Wirtschaftsreferent Baumgärtner. Den Verwaltungsaufwand, der etwa im KVR für die Genehmigung entstehe, müsse der VDA bezahlen – so wie alle anderen Veranstalter auch. "Die IAA kostet der Stadt nichts, sie bringt ihr Geld ein", sagt Baumgärtner.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.