IAA-Autobahn-Aktivistin: "Gefängnis macht mir Angst"

München/Fürstenfeldbruck - Wegen einer Abseilaktion über der A96 bei München im Umfeld der Automobilausstellung IAA hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen drei Klimaaktivisten erhoben. Basis ist der "Verdacht der Nötigung in 1.296 Fällen", wie eine Sprecherin am Mittwoch sagte. Zuvor hatte die "SZ" berichtet.
„Auch die Staatsanwaltschaft München I hat im Zusammenhang mit Aktionen der Gruppierung Last Generation bezüglich Straßenblockaden Verfahren geführt oder führt sie noch“, erklärt Anne Leiding, die Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft München I auf AZ-Nachfrage.
Ob die Kollegen der Staatsanwaltschaft München II deutlich härter gegen den Protest vorgehen, mag sie nicht beurteilen. „Wir haben in einem Verfahren wegen einer Aktion am Isartor am 4. Februar Strafbefehle beantragt, ebenso wegen einer Aktion am 30. Mai in der Heckenstallerstraße.“
Leiding: „Wir haben auch Verfahren betreffend Straßenblockaden im Zusammenhang mit der IAA, die wir jedoch nicht der Gruppierung Last Generation zuordnen.“ Ein Verfahren wegen einer Aktion auf der A8 in Brunnthal sei eingestellt worden, bei einer Aktion am Schatzbogen auf der A 94 gab es ebenfalls Strafbefehle.
Die Abseilaktion von zwei der Angeklagten von einer Autobahnbrücke hatte im vergangenen Jahr zu einer Sperre der A96 geführt.
Wahl des Gerichts lässt Rückschlüsse auf Strafe zu
Die Anklage wurde von der Staatsanwaltschaft München II zum Amtsgericht Fürstenfeldbruck, Schöffengericht erhoben. Das lässt gewisse Rückschlüsse auf die Erwartungen der Staatsanwaltschaft zu. Bei einer Anklage zum Strafrichter liegt der Strafrahmen bei maximal zwei Jahren, beim Schöffengericht sind bis zu vier Jahre möglich.
Die Wahl des Gerichts bedeutet zwar nicht, dass die Staatsanwaltschaft auch eine so hohe Strafe erwartet, sie hält sie aber offenbar zumindest für möglich. Bewährung kann nur bei Strafen bis zu zwei Jahren ausgesprochen werden.
Aktivistin: "Gefängnis macht mir Angst"
Die Aktivistinnen Mirjam Herrmann (25) und Kim Schulz (25) melden sich am Mittwoch per Mitteilung selbst zu Wort: Sie kritisieren, dass bereits die vier Tage Haft gleich nach der Aktion rechtswidrig gewesen seien. Auf die Drohkulisse einer möglichen jahrelangen Gefängnisstrafe hin geben sie sich kämpferisch: "Jahrelang Gefängnis – das macht mir wirklich Angst. Aber es ist immer noch weniger beschissen als die Klimakatastrophe", sagt Herrmann.
Die Sprecherin der Staatsanwaltschaft sagte, bei der Anklage seien auch "generalpräventive Erwägungen berücksichtigt" worden. Bei den Angeklagten handelt es sich um zwei Frauen und einen Mann (39).
Bereits im Nachgang der Aktion hat das Vorgehen der Polizei für Kritik gesorgt: Die Aktivisten wurden in sogenannten "Unterbindungsgewahrsam" genommen und in Haft isoliert.