Hygiene-Alarm! Die Ekel-Klos in Münchner Schulen

Hygiene-Alarm an Münchner Schulen: Auf den Klos fehlen Seife, Papier und sogar Türen. Das Schulreferat untersucht einen Fall – und kennt noch deutlich schlimmere.
von  Thomas Gautier

Hygiene-Alarm an Münchner Schulen: Auf den Klos fehlen Seife und Papier, zudem oft Klobrillen und sogar Türen. Das Schulreferat untersucht einen Fall – und kennt noch deutlich schlimmere.

München - Deutschland ekelt und fürchtet sich. Vor EHEC, dem Killer-Keim, der Durchfall bringt und manchen gar den Tod. Hygiene ist das Thema der Stunde. Umso bemerkenswerter, dass ausgerechnet jetzt Münchner Schüler mit katastrophalen Bedingungen auf ihren Schultoiletten kämpfen: Klobürsten liegen auf dem Boden, Schüsseln haben keine Brille, es fehlt an Papier und Seife (Klicken Sie oben durch die Bilder).

Beispielhaft steht da etwa die Hauptschule in der Ridlerstraße im Westend. Wer hier mal muss, braucht einen starken Magen. Die Toiletten ähneln Latrinen, sie sind alt, versifft und verschimmelt. „Eine Zumutung“, schimpfen Schüler und Eltern. Was noch schlimmer ist: Es ist seit Jahren so. Und nichts ändert sich.

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Das Baureferat bezeichnet die Zustände als „nicht zufriedenstellend“. So steht es in einem Bericht der Behörde, die die Toiletten der Ridlerschule bereits am10. November 2010 besucht hat. „Die Toilettentüren sind teilweise nicht zu öffnen, da Scharniere klemmen“, heißt es da. „In vielen Kabinentüren fehlen die Schlösser und die Kabinen sind nicht verschließbar. Einige Türen wurden durch Schüler vorsätzlich gewaltsam entfernt, so dass eine Benutzung nicht mehr möglich ist.“ In den Kabinen sieht’s nicht besser aus: „Toilettenbürsten stehen ohne Halterung auf dem Fußboden“, notieren die Kontrolleure. Spiegel seien „nur vereinzelt vorhanden“. In vielen Klos haben Wasserschäden Elektrik und Mauerwerk beschädigt.

Aufgebrachte Schüler melden der AZ, dass überall Klopapier und Seife fehlten. Und das in Tagen, in denen Hygiene und Händewaschen so wichtig ist. Die meisten Schüsseln in der Ridlerschule hätten nicht mal Brillen. Das belegen Fotos, die ein Schüler der AZ geschickt hat. Hinsetzen? Schwierig. Eine Schülerin, die nicht genannt werden will, verkneift sich die Pinkelpause, bis sie endlich heim darf. „Sechs Stunden durchhalten ist ziemlich fies“, sagt sie. Deshalb werde sie regelmäßig krank. „Ich liege oft mit Magenschmerzen im Bett.“

Karl Brigl kennt solche Geschichten von seinem Sohn – und aus eigener Erfahrung. Der 2. Elternbeiratsvorsitzende ekelt sich selbst vor den Klos: „Sie sind total versifft, selbst, nachdem sie geputzt wurden. Das ist ganz schön peinlich gegenüber den Schülern. Ich meine, der ganze Trakt ist eine Zumutung“, so Brigl. „Aber die Toiletten sind der Gipfel.“ Die Klo-Misere sei nicht neu. „Die Schulleitung versucht ja seit Jahren, etwas zu ändern“, sagt Brigl. „Ohne Erfolg. Das einzige, was jetzt geschehen ist, war der Ortstermin mit dem Baureferat.“

Der Schulleiter der Ridlerschule war bei mehreren Anfragen für die AZ nicht zu erreichen. Dafür gibt die Sprecherin des Schulreferats, Eva Maria Volland, gerne Auskunft: „Derzeit laufen Untersuchungen zu den Toiletten an der Schule“, sagt sie. Ende Juni wolle man eine Beschlussvorlage für den Stadtrat einreichen mit dem Ziel, den 33 Millionen Euro starken Bauetat um drei Millionen aufzustocken. Sollte das Geld genehmigt werden, könne die Ridlerschule „vielleicht 2012“ mit einer Sanierung rechnen.

Bis dahin sind erstmal andere dran. Laut Volland sind die Toiletten in der Ridlerstraße noch erträglich. Woanders sei es „deutlich schlimmer“.


 

330 öffentliche Schulen gibt es laut Referat für Bildung und Sport – und die werden ständig renoviert. Vor allem die Toiletten sind an vielen Einrichtungen ein großes Problem – und Zustände wie an der Ridler- Hauptschule im Westend alltäglich. Für die CSU ein Skandal: „Ich schäme mich, dass wir unsere Kinder auf solche Toiletten schicken“, schimpft CSU-Stadtrat Otto Seidl. „Das ist eine Schande!“

Seit Jahren kämpft Seidl für eine Sanierung in der Grundschule in der Fernpaßstraße (Sendling-Westpark). Anfang 2010 riefen Schulleitung und Elternbeirat die Politik um Hilfe. Die sanitären Anlagen seien eine Katastrophe. Das belegen auch Fotos, die der AZ vorliegen: Schimmel an der Decke, kaputte Spülkästen, Schüsseln ohne Brille, überall Dreck, Rost und Moder.

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Ähnliches haben sie in der Grund- und Hauptschule am Winthirplatz (Neuhausen) erlebt. Schon längst hat dort der Elternbeirat den „entsetzlichen Zustand“ der Toiletten beklagt. Sein Schreiben an den Bezirksausschuss beschreibt die Situation mit drastischen Worten: „Alte verschmutzte Keramikschüsseln zwingen unsere Kinder dazu, auf eine extrem unhygienische und unwürdige Art und Weise, ihre Notdurft zu verrichten. Das Infektionsrisiko für unsere Kleinen steigt damit erheblich. Kein Erwachsener würde diese Situation akzeptieren.“ Die Toiletten seien seit Jahrzehnten nicht renoviert worden, Kinder und Lehrer weigerten sich, die Toiletten zu betreten – wegen des „entsetzlichen Zustands und penetranten Gestanks der Toiletten“.

Das Schulreferat ließ daraufhin sanieren – laut den CSU-Stadträten Hans Podiuk und Richard Quaas aber ausgerechnet jene Klos, die nie benutzt würden.

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