Hunde-Experte Thomas Brunn: "Nicht ansehen, nicht ansprechen, nicht berühren"
Es ist eine unheimliche Situation: Plötzlich kommt ein großer Hund auf einen zu gerannt. Im besten Fall ruft noch ein fröhlicher Besitzer "Der tut nichts!" hinterher. Wir haben mit Thomas Brunn, Hundeexperte aus Wolfratshausen darüber geredet, wann so eine Situation gefährlich wird - und wie man sich am besten schützt.
"Die meisten verhalten sich instinktiv falsch, wenn ein Hund angerannt kommt. Denn das beste ist es, den Hund zu ignorieren, nicht auf sein Verhalten einzugehen. Augenkontakt ist das falsche Signal - wenn ich den Hund also anstarre, zeige ich damit Schwäche. Und ein unsicherer Hund beißt zu, wenn er Schwäche, Angst und Unsicherheit spürt. Denn für ihn bedeutet ein unsicheres Gegenüber: Vielleicht will der mich ja beißen. Also kommt er dem zuvor.
Wenn ich den Hund anspreche oder gar versuche zu berühren, provoziere ich ihn damit weiter. Sollte ich reagiert und schon kurz Augenkontakt gehabt haben, nehme ich den Kopf hoch und ignoriere den Hund fortan. Wer den Kopf hängen lässt, signalisiert Unterwürfigkeit.
Indem ich den Kopf hochhalte, signalisiere ich mit meiner Körperhaltung, dass ich der Chef bin. Und ich muss versuchen, mir positive Gedanken zu machen, so gelassen wie möglich zu bleiben. Ruhe erzeugt Ruhe. Auch wenn das Tier vor mir steht und bellt und knurrt, bleibe ich gelassen - so werde ich nicht gebissen. Wer sich dann noch bewegt, provoziert das Tier, durch das Knurren warnt mich der Hund. Tief durchatmen. Der Hund wird von mir ablassen. Wer wegläuft, macht sich zur Beute für das Tier.
Wenn ich als Jogger unterwegs bin und ein Hund versucht, mich zu stellen - das heißt, er schneidet mir den Weg ab und baut sich vor mir auf - bleibe ich stehen, mache keine panischen Bewegungen und verhalte mich wie oben.
Wenn ich mit einem Kind unterwegs bin ist es wichtig, dass ich das Kind nicht panisch an mich reiße oder hochreiße - denn damit mache ich das Kind zur Beute. So ruhig wie möglich bewegen.
Wenn ich mit einem Hund unterwegs bin, wäre es vor allem wichtig, dass mein Hund gut erzogen ist. Ein Hund, der vor seinem Herrchen rennt, die Rute nach oben gestreckt - der sieht sich selbst als Anführer, statt das Herrchen als solchen anzuerkennen. Und der verhält sich auch so. Auch wenn das Herrchen sagt, "Der tut nichts" - in Wirklichkeit entscheidet da der Hund, ob er was tut oder nicht. Ein solches Verhalten ist vom Besitzer verantwortungslos.
Als Hundehalter sollte ich auch lernen, wie man soziale Kontakte zu anderen Hunden einfädelt, wie sie sich in Ruhe beschnuppern können und wie mein Hund mir signalisiert, ob er den anderen kennen lernen möchte. Hunde haben oft viel zu wenig Kontakt zu ihrer eigenen Spezies.
Oft sind es die kleineren Hunde, die nicht besonders gut erzogen sind, weil sie ja nicht als gefährlich betrachtet werden - die aber dann große Hunde provozieren.
Wenn ich also mit meinem Hund unterwegs bin und es kommt ein großer Hund angerannt, dann verhalte ich mich wie in den anderen Fällen so ruhig wie möglich. Gehe zum Beispiel langsam weiter und versuche meinen Hund mit Leckerlis anzulocken. Eine positive Situation zu kreieren und den anderen Hund soweit wie möglich zu ignorieren. Wenn er merkt, dass er ignoriert wird, zieht er wieder ab.
Schlecht ist es, wenn ich anfange zu schreien, oder panisch den Namen meines Hundes rufe. Damit übertrage ich meine Unsicherheit auf das Tier, das erzeugt Wut und Aggression.
Wichtig ist es also, sich so ruhig wie möglich zu verhalten, tief durchzuatmen und keine Angst zu zeigen. Dann werde ich nicht gebissen."
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