Hund gepackt, geschlagen und misshandelt: Mutige stellt Tierquäler in München

Die Münchnerin wird nachts zufällig Zeugin und filmt mit ihrem Handy einen Mann in einem Nagelstudio dabei, wie er den Welpen quält. Jetzt ermittelt die Polizei gegen ihn.
von  Rosemarie Vielreicher
Der kleine Luca ist noch ängstlich, wird jetzt aber im Tierheim umsorgt.
Der kleine Luca ist noch ängstlich, wird jetzt aber im Tierheim umsorgt. © Tierschutzverein München

München - Ein kleines weißes Bündel wirbelt durch die Luft, als wäre es ein gefühlloses Stofftier. Doch es ist ein echter Chihuahua. Und der ist vor allem eins: wehrlos. Das Tier jault und winselt immer wieder auf, seine großen schwarzen Augen scheinen in Schockstarre, während es ein Mann in einem Nagelstudio im Glockenbachviertel hin- und herschleudert, an den Beinen hochzieht, grob packt und ins Gesicht schlägt.

Tierquälerei in Münchner Nagelstudio: Mutige Zeugin alarmiert die Polizei 

Dass all das nicht folgenlos bleibt, hat der kleine Hund Tanja Peters (Name geändert) zu verdanken. Ihren echten Namen möchte sie nicht in der Zeitung lesen. Die Münchnerin ist es, die die grausamen Szenen zufällig beobachtet, ein Video davon aufnimmt und die Polizei alarmiert.

Aber von vorne: Am vergangenen Wochenende geht Peters gegen 3 Uhr nachts im Glockenbachviertel an einem Nagelstudio vorbei, als sie einen Hund vor Schmerzen "schreien" hört. Sie hatte selbst viele Jahre einen Chihuahua, wie sie der AZ erzählt, und kann das Jaulen daher sofort zuordnen. Sie hält Ausschau, woher die Geräusche kommen und entdeckt im Hinterzimmer des Nagelstudios einen Mann, der den kleinen Hund auf seinem Schoß quält. "Mir hat das so wehgetan, wie der Hund geschlagen wurde."

Chihuahua misshandelt: Passantin stellt Tierquäler zur Rede

Deswegen geht sie hinein, stellt den Mann zur Rede und möchte den Hund mitnehmen. Der Mann verneint, sei ihr gegenüber aber nicht aggressiv geworden. Angst verspürt sie nicht, erzählt sie. "Ich wollte mich nur um den Hund bemühen." Als sie das Nagelstudio verlässt, alarmiert sie die Polizei. "Für mich war ganz klar: Ich warte, bis die Polizei kommt und den Hund herausholt."

Das dauert allerdings fast 40 Minuten, sagt sie. In dieser Zeit hat sie einen Geistesblitz: Sie filmt den Mann vom Schaufenster aus dabei, wie er sein Haustier quält und liefert damit einen wichtigen Beweis. Das rund einminütige Video liegt der AZ vor.

Mehrmals spricht die Zeugin den Halter an und erfährt schockierende Details

Die Augenzeugin geht im Verlauf der Wartezeit nochmal hinein, wie sie schildert. Sie verwickelt ihn in ein Gespräch, in dem der Mann unter anderem erzählt, dass der kleine "Luca" nicht mal eine Leine habe und noch nie draußen war. Auf eine Übergabe des Hundes an Peters lässt er sich trotz Hin und Her nicht ein.

Als die Polizei anrückt, kann diese den Hund zunächst nicht auffinden. Ob der Mann ihn versteckt hat oder das Tier kurzzeitig entlaufen ist – unklar.

Doch letztlich kommt es dennoch zum guten Ende, wie der Tierschutzverein München mitteilt: "In ihrer Verzweiflung wandte sich die Tierfreundin mit ihrem Beweismaterial an unser Tierheim. Unsere Tierschutzinspektion verständigte das Veterinäramt und die diensthabende Amtstierärztin fuhr direkt noch einmal zum betreffenden Nagelstudio, wo sie den sichtlich verängstigten Chihuahua am Dienstag aus den Fängen seines Halters befreien konnte."

Tierheim: Misshandelter Welpe erholt sich langsam

Luca sei erst vier Monate alt, der Welpe werde nun im Tierheim umsorgt. Peters sagt: "Ich bin so froh, dass es dem Hund ab jetzt gutgeht und er ein schönes Leben haben wird."

Wie Kristina Berchtold vom Tierschutzverein München der AZ sagt, sei der Hund sehr ängstlich und scheu, erhole sich aber langsam. In der Mitteilung zum Fall heißt es: "Bei seiner medizinischen Untersuchung stellte unsere Tierärztin subkonjunktivale Blutungen – geplatzte Äderchen – im Auge fest." Wie es mit ihm nun weitergeht, müsse die Veterinärbehörde entscheiden.

Der Wunsch und die Forderung: "Wir hoffen auf ein lebenslanges Tierhalteverbot für den Täter, damit er nie wieder derartigen Sadismus an einem Tier auslassen kann sowie auf die Erlaubnis, für Luca ein neues Zuhause suchen zu dürfen, in dem seine seelischen Wunden geheilt werden."

Die Polizei ermittelt, wie sie der AZ bestätigt. Es gehe dabei unter anderem um "Vergehen gegen das Tierschutzgesetz". "Bezüglich der Folgemaßnahmen wird eng mit der Stadt München zusammengearbeitet", teilt ein Sprecher mit. Der Polizei liegt demnach auch eine Kopie des Videos vor.

Tierschutzverein München: "Wichtig, die Menschen zu ermutigen, Tierquälerei zu melden"

Das macht den Fall durchaus besonders: "Die Zusendung von Bildmaterial, insbesondere von Videoaufzeichnungen kommt extrem selten vor." Das könne die Ermittlungsarbeit aber "enorm unterstützen".

Der Tierschutzverein München teilt dazu der AZ mit: "Uns ist sehr wichtig, die Menschen zu sensibilisieren und zu ermutigen, Tierquälerei zu melden. Auch die Wichtigkeit, Beweismaterial zu sammeln, auch wenn es einem schwer fällt, verdient Erwähnung. Nur so kann den Tieren mittel- und langfristig geholfen werden. Ohne Beweise steht in so einem Fall nur Aussage gegen Aussage."

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