Hostess bei Olympia '72: Als beim Besuch des OB der Computer streikte

München 72 war wohl unter den ersten Olympischen Spielen, bei denen ein Computer zum Einsatz kam - und Barbara Mehling-Bratz bediente ihn.
"Man konnte den Computer alles Mögliche abfragen: Die Geschichte von München, Informationen über vergangene Olympische Spiele und alles, was Gäste, Journalisten oder Sportler so wissen wollten." Damals war so ein Lexikon noch eine große Neuheit.
Der Einsatzort: Die Datenzentrale
Durch eine Freundin war Barbara Mehling-Bratz auf die Olympischen Spiele in ihrer Heimatstadt aufmerksam geworden. "Ihr Vater war Generalsekretär, und der hatte gefragt, ob ich nicht Lust hätte, mitzumachen." Das hatte die Gymnasiastin – und so bewarb sie sich als Hostess.

Ihr Einsatzort: der damals ganz neue Computer. "Das hieß damals Datensichtgerät", erzählt Mehling-Bratz. "Ich hatte Kontakt zu den Sportlern, der Presse und den Ehrengästen. Wenn jemand etwas wissen wollte, kam er zu uns."
Peinliche Computer-Panne beim Besuch des Münchner Oberbürgermeisters
Doch nicht immer ging alles glatt. "Eines Tages saß ich mit meinen Kolleginnen im Pressezentrum an meinem Computer, als ganz plötzlich die Tür aufging und der ehemalige Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel hereinkam, begleitet von einem ganzen Tross von Männern." Der Oberbürgermeister a. D., dem viele zuschreiben, die Olympischen Spiele nach München geholt zu haben, wollte seine Gäste beeindrucken - und hatte sie deshalb zu den neuartigen Computern geführt. "Dann wollen wir mal testen, was dieser Computer alles weiß", erklärte Vogel stolz. "Er sagte, wir sollten einmal herausfinden, wer bei den Olympischen Sommerspielen 1936 in Berlin die Goldmedaille der Herren im Barrenturnen gewonnen hatte - ich erinnere mich an seine Frage noch genau", erzählt Mehling-Bratz.
"Wir erklärten ihm, das sei natürlich gar kein Problem." Die Computer hatten den ganzen Tag tadellos funktioniert. "Doch ging plötzlich gar nichts mehr. Der Computer stieg aus und das Ding blieb stumm."
Egal, was die Hostessen versuchten, es sollte nicht gelingen. "Das war uns so peinlich", meint Mehling-Bratz heute. Doch der Alt-OB nahm es entspannt: "Schade, dann hoffen wir mal, dass die Technik nicht bei der Punktevergabe für die Sportler versagt", erklärte er, bevor er mit seinen Gästen wieder verschwand.
50 Jahre nach Olympia: Gemeinsam bei den European Championships
"Es war eine so schöne Zeit für mich", schwärmt Mehling-Bratz. "Mein Hostessendirndl von damals habe ich heute immer noch – auch meine Urkunden." Sogar ihr Mann war damals bei Olympia dabei, allerdings sollten die beiden sich erst später kennenlernen.

"Dass wir beide bei Olympia in München waren, ist uns erst später aufgefallen", erzählt Mehling-Bratz und muss lachen. "Es war für uns beide so eine wichtige Erfahrung." Dass sie damals nicht zusammen bei den Spielen arbeiten konnten, wollen sie dieses Jahr nachholen.
"Wir haben in der AZ gelesen, dass Volontäre und Hilfen für die Veranstaltung European Championships in München gesucht werden", sagt Mehling-Bratz. "Da haben wir uns beworben und wurden auch genommen. Da sind wir jetzt einmal zusammen!"