Horror-Mord von Haar: "Ein seltsames Paar"

Am Mittwoch hat die Polizei die Leiche von Alexander H. in Haar ausgegraben. Die AZ war vor Ort und hat mit den Nachbarn der mutmaßlichen Täterin Gabriele P. gesprochen.
von  Nina Job und Ralph Hub
Am Mittwochnachmittag konnte die Polizei die gesuchte Leiche finden und ausgraben.
Am Mittwochnachmittag konnte die Polizei die gesuchte Leiche finden und ausgraben. © Job

Am Mittwoch hat die Polizei die Leiche von Alexander H. in Haar ausgegraben. Die AZ war vor Ort und hat mit den Nachbarn der mutmaßlichen Täterin gesprochen. Gabriele P. (31) lebte ein finanziell unabhängiges Leben in ihrem "Hippiehaus" – sie hatte viel Geld und eine Immobilie geerbt.

Haar - Am Gartentor klebt ein Polizei-Siegel. Hinter dem Haus zeugt ein Erdhaufen von den Ausgrabungen, die die Mordkommission am Dienstag veranlasst hatte. Seit gestern steht fest, dass der Tote, der in der eisigen Erde zwischen Ententeich und Schuppen vergraben lag, der seit sechs Jahren von seinen Adoptiveltern vermisste Münchner Alexander H. ist. Unter dringendem Tatverdacht steht seine damalige Freundin Gabriele P. (31). Ihr jetziger Lebensgefährte (33), soll ihr beim Vergraben der Leiche geholfen haben. Beide sitzen in U-Haft.

Am Tag nach der großen Polizeiaktion in der Zunftstraße in Haar herrschte gestern völlige Ruhe auf dem eingeschneiten Grundstück. Nachbarn bleiben kopfschüttelnd stehen. Sie sind erschrocken und entsetzt. „So etwas“ hätten sie der jungen Frau und ihrem Freund nicht zugetraut.

„Die Gabi ist eher eine Unbedarfte. Aber sie war immer nett und freundlich und wenn man sie bat, die Hecke zurückzuschneiden, hat sie sich darum gekümmert. Wenn schon, dann war uns eher ihr aktueller Lebensgefährte suspekt“, meint eine Nachbarin. Oft sahen sie Christian K. (33) im Garten trainieren. „Er hat stundenlang lange Bänder mit Kugeln um seinen Kopf geschwungen oder Wurfübungen mit Messern gemacht. Und er hat sich vor den Elefantenfiguren im Garten verneigt“, erzählt ein anderer Nachbar. Am 11. Juli 2015 hatten hier Christian K. und Gabriele P. in einer buddhistischen Zeremonie Hochzeit gefeiert. Das Paar galt zwar als etwas seltsam, aber die Nachbarn nahmen kaum Anstoß an den Bewohnern im „Hippiehaus“. „Man hat wenig gehört oder gesehen von ihnen. Nur wenn Freunde kamen, war das merkwürdig. Ein Rentner: „Dann saßen lauter Schwarzgekleidete mit Kapuzen im Garten.“ Christian K. trug immer lange schwarze Gewänder und viele Piercings. Sie färbte ihre Haare pink oder schwarz und nähte Glöckchen an ihre Pluderhose.

Gabriele P. musste nicht arbeiten. Sie hatte von ihren Großeltern und einer Tante geerbt. Geschwister hat sie nicht. Ihre Mutter, eine Lehrerin, war im Sommer 2011 bei einer Segeltour ertrunken. Gabriele P. hat ebenfalls einen Segelschein. Als Kind war sie häufig mit ihren Eltern auf dem Mittelmeer unterwegs gewesen.

Nach dem Tod ihrer Großmutter im Dezember 2002 zog Gabriele P. in das Haus in der Zunftstraße und lebte dort mit unterschiedlichen Mitbewohnern. Mit dem getöteten Literaturstudenten Alexander H. (geboren 1980) soll sie zwei Jahre lang liiert gewesen sein.

Eigentlich wollte Gabriele P. Pädagogin werden. Sie studierte in Stuttgart. Doch sie scheiterte drei Mal an der Rechtsprüfung und fiel durch.

Was ist am Todestag von Alexander H. geschehen? Gabriele P. behauptet, sie habe die Tat verdrängt und könne sich nicht mehr erinnern. Nicht einmal an den Tag will sie sich erinnern können. Ihrem Mitwisser und aktuellen Freund ist das Verdrängen möglicherweise weniger gut gelungen. Jedenfalls malte er sehr düstere Bilder mit sterbenden Menschen, viel Blut und Waffen. Auf einem Bild ist ein Skelett abgebildet, das auf einer Rakete in den Himmel fliegt.

 

Aktueller Ermittlungsstand im Horror-Mord von Haar

 

Nun ist es endgültig traurige Gewissheit. Alexander H. ist tot. Das ergab die Obduktion des Leichnams am Donnerstag in der Münchner Gerichtsmedizin. Die Mordkommission überbrachte die furchtbare Nachricht den Adoptiveltern von Alexander H. Der Tote lag in einen Plastiksack eingeschlagen, vergraben im Garten eines Hauses in der Zunftstraße in Haar unter einem Schutthügel. Mittwochnachmittag wurde die Leiche geborgen (AZ berichtete).

Mit Hilfe der Zahnarztunterlagen konnte der zum Todeszeitpunkt etwa 29 Jahre alte Literaturstudent zweifelsfrei identifiziert werden. Zur Sicherheit erfolgt auch noch ein DNA-Abgleich. Das Ergebnis wird aber erst in einigen Tagen vorliegen. „Die Todesursache ist noch immer unklar“, sagte Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch gestern. Die Untersuchungen gestalten sich schwierig. Der Leichnam lag sechs Jahre in der Erde. Wurzeln haben das Plastik durchstoßen. Durch Feuchtigkeit und Verwesung ist nur mehr das Skelett übrig. Gabriele P., die Ex-Freundin, und ihr Lebensgefährte sitzen in Untersuchungshaft. Christian K. (33) soll der Pädagogikstudentin geholfen haben, das Mordopfer zu beseitigen. Offenbar lag der Tote zunächst wochenlang in einem verschlossenen Zimmer des Hauses. Die 31-Jährige behauptet, sie könne sich nicht mehr genau erinnern, wann die Tat war, oder wie Alexander H. starb. Sie habe das „alles verdrängt“, behauptete Gabriele P. im Polizeiverhör. Auch das Motiv für die Bluttat ist noch unklar.

Die letzten Lebenszeichen von Alexander H. stammen aus dem Januar 2010. Ein Tipp aus dem Bekanntenkreis brachte den Mordfall jetzt ans Licht.

 

 

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