Holzfäller rücken an: Aus Waldperlach wird Kahlperlach

Erstmals werden nun auch in Privatgärten Bäume gefällt – wegen des Laubholzbockkäfers. Bei den Betroffenen sitzt der Schock tief.
von  Florian Zick, Gabriele Mühlthaler
Noch grünt es prachtvoll im Garten von Klaus Springer. Im Laufe des heutigen Montags wird sich das allerdings ändern.
Noch grünt es prachtvoll im Garten von Klaus Springer. Im Laufe des heutigen Montags wird sich das allerdings ändern. © Daniel von Loeper

Waldperlach - Die Kastanie hat einst sein Sohn eingepflanzt, damals noch als kleiner Bub. Mittlerweile ist daraus ein stattlicher Baum geworden, fast so hoch wie das Nachbarhaus. Irgendwann diesen Montag werden im Garten von Klaus Springer aber Männer mit Kettensägen anrücken. Dann kommt sie weg, die Kastanie. Und schuld daran ist der Laubholzbockkäfer.

Wegen des aus Asien eingeschleppten Holzschädlings werden diese Woche nun erstmals auch auf 34 Privatgrundstücken Laubbäume gefällt. 140 Stück müssen am Rand vom Putzbrunner Wald weichen – Birken, Eschen, Pappeln, Weiden. Aus Waldperlach wird dann Kahlperlach.

„Das ist schon schockierend“, sagt Springer. Schließlich hängen nicht selten auch persönliche Erinnerungen an den Bäumen – wie bei ihm an der Kastanie. Der in jungen Jahren so baumverliebte Sohn ist heute um die 40, lebt inzwischen in den USA. „Als ich ihm am Telefon erzählt habe, dass sein Baum weg muss“, sagt Springer, „da hat er nur gesagt: Um Gottes willen!“

Der 75-Jährige hat bei der für die Rodungen zuständigen Behörde, der Landesanstalt für Landwirtschaft, deshalb auch Beschwerde eingelegt. Ein erster Bescheid hätte seinen Garten schließlich weitgehend verschont. Erst in einem zweiten Bescheid waren dann auch seine Bäume fällig. Aber natürlich hat der Einspruch nichts gebracht. „Was soll man machen“, seufzt Springer. „Im Vergleich zu anderen komme ich ja auch noch relativ glimpflich davon.“

Lesen Sie hier: Käferalarm! Stadt hat Angst um Englischen Garten

Bei ihm müssen neben der Kastanie noch vier Rotbuchen und ein Haselnussstrauch raus. Auch ein nicht ganz unbeträchtlicher Verlust. Bei den Nachbarn ein paar Häuser weiter werden die Holzfäller aber so richtig zuschlagen. In dem Eckgrundstück steht am Gartenzaun auf 76 Metern eine Buche an der anderen – alle kommen weg. Für die Eigentümer ist das nicht nur eine sehr traurige, sondern auch eine sehr teure Angelegenheit.

Die Rodung an sich ist für die Gartenbesitzer zwar kostenlos, die Stadt zahlt. Vom Freistaat gibt’s pro betroffener Kommune einen Zuschuss von 100 000 Euro für Fällung, Vernichtung, Monitoring und andere Folgekosten des Schädlingsbefalls. Für die Entsorgung des Wurzelstocks kommt die Stadt allerdings nicht auf. Und die kostet pro Stock um die 150 Euro.

Bei 25 Bäumen im Garten laufen da schnell mal Kosten im Gegenwert eines Gebrauchtwagens auf. Der örtliche Bezirksausschuss setzt sich deshalb dafür ein, dass die Stadt auch beim Wurzelstock die Rechnung übernimmt. „Andernfalls wäre das für die Haushalte eine mitunter unzumutbare Belastung“, sagt Thomas Kauer (CSU), der Vorsitzende des Gremiums.

So viel Aufwand und Ärger also – und alles wegen so einem kleinen Käfer. Von dem war Ende Mai in einem „Große Wiese“ genannten Teil des Putzbrunner Waldes eine quicklebendige Larve entdeckt worden. Die hatte es sich in einem Ahornbaum gemütlich ge- macht. Und da laut einer Allgemeinverfügung der Landesanstalt für Landwirtschaft bei einem Fund alle potenziellen Wirtsbäume in einem Unkreis von 100 Metern gefällt werden müssen, herrscht in Waldperlach nun das Baum-Chaos.

Alle Laubbäume in der Quarantänezone müssen nun restlos vernichtet werden – auch die Kastanie von Klaus Springer. Der hat sich erkundigt, ob er das Holz wenigstens selbst verfeuern darf, schließlich hat er in seinem Haus auch einen Kamin. Aber da war nichts zu machen. Der Laubholzbockkäfer ist offenbar so gefährlich, da wollen die Behörden nichts dem Zufall überlassen.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.