Hohe Haftstrafen für Schweizer Schläger-Bubis

Die drei Schweizer Schläger werden vom Münchner Landgericht zu sieben, fast fünf und fast drei Jahren Haft verurteilt. Die Reaktionen auf das Urteil reichen von „zu hart“ bis „zu milde“
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Ein Polizei-Transporter bringt die Angeklagten zur Urteilsverkündung
AP Ein Polizei-Transporter bringt die Angeklagten zur Urteilsverkündung

MÜNCHEN - Die drei Schweizer Schläger werden vom Münchner Landgericht zu sieben, fast fünf und fast drei Jahren Haft verurteilt. Die Reaktionen auf das Urteil reichen von „zu hart“ bis „zu milde“

Äußerlich ruhig nahmen die drei den Urteilsspruch entgegen, dabei sind die Strafen happig. Sieben Jahre für Mike B., vier Jahre zehn Monate für Benjamin D., zwei Jahre und zehn Monate für Ivan Z. - die drei jungen Männer (zur Tatzeit alle 16 Jahre alt) aus der Schweiz sind von der Münchner Jugendkammer für ihre wahllosen Passanten-Attacken am 30. Juni 2009 am Sendlinger Tor zu langen Haftstrafen verurteilt worden. Der Vorsitzende Richter Reinhold Baier befand Mike und Benjamin des versuchten Mordes und der gefährlichen Körperverletzung für schuldig. Ivan wurde lediglich wegen Körperverletzung in vier Fällen verurteilt. Er könnte auf Grund der 16 Monate U-Haft bereits in einigen Monaten wieder frei kommen. Das berichtete Gerichtssprecher Hans-Kurt Hertel nach der nicht-öffentlichen Urteilsverkündung.

Benjamins Anwalt Florian Ufer über die Reaktion seines Mandanten auf das Urteil: „Er hat es gelassen aufgenommen. Er hat es verstanden.“ Für viele der angereisten Schweizer Journalisten kam die Höhe der Strafe aber überraschend. „Die drei hatten doppeltes Pech: Einmal, dass sie in Deutschland und zum anderen, dass sie in Bayern vor Gericht standen“, sagt Stefan Hohler von der Schweizer Zeitung „Tagesanzeiger“. Bei den Eidgenossen ist im Jugendstrafrecht eine Höchststrafe von lediglich vier Jahren vorgesehen. „Es ist das erste Mal, dass Schweizer im Ausland so aufgetreten sind. Deswegen und weil Jugendkriminalität zur Zeit ein großes Thema ist, ist das Medieninteresse so groß“, erklärt Antoine Heulard vom Schweizer Fernsehen. Den deutschen Strafrahmen von bis zu zehn Jahren Jugendstrafe empfinden die Schweizer als sehr hoch, erklärt er.

Doch schon bei den Anträgen (neun, sieben und sechs Jahre Haft je nach Tatbeteiligung) der Staatsanwaltschaft war klar geworden, dass die drei Küsnachter Berufsschüler, die auf Klassenfahrt in München waren, nicht so glimpflich davon kommen würden. Das Tatgeschehen, so wie es die Ankläger ermittelt hatten, sah das Gericht nach der achtmonatigen Verhandlung als erwiesen an.

Die drei Schläger hatten alkoholisiert und von Mike B. angeführt fünf Männer im Nußbaumpark und in der Sonnenstraße verprügelt. Am schwerwiegendsten waren die Verletzungen des Ratinger Versicherungskaufmann Wolfgang O. (46). Den Mann, der sich auf dem Weg zu seinem Hotel befand, prügelten die alkoholisierten Jugendlichen zu Boden und traten ihm gegen den Kopf. Hier sah das Gericht einen versuchten Mord.

Zwei weitere Opfer sollen die Jugendlichen bis zur Bewusstlosigkeit geschlagen und getreten haben. Für die Angeklagten sprachen laut Urteilsbegründung die Geständnisse und die Schlichtungsvereinbarungen mit den Opfern.

Mike B. und Benjamin D. werden wohl – sobald das Urteil rechtskräftig wird - ihre Strafe in der Jugendstrafanstalt von Ebrach absitzen. Ivan Z., der mit zwei Jahren und zehn Monaten am mildesten bestraft wurde, könnte in Laufen oder Niederschönenfeld seine Strafe absitzen. Laut Hertel besteht grundsätzlich die Möglichkeit, „dass die Jugendlichen Teile der Strafe in der Schweiz verbüßen“.

Doch zuvor wird es wohl zur Revision kommen. Das erklärte Christian Bärnreuther, Anwalt von Mike B., dem die Strafe viel zu hart vorkommt. Er hatte lediglich Jugendarrest beantragt. Opfer-Anwalt Claus-Peter Ganther sieht das ganz anders: „Das Urteil hätte härter ausfallen können.“ Vor allem Benjamin D. sei zu gut weggekommen. Immerhin: Bärnreuther ist nach dem Urteil der festen Überzeugung: „Ein zweites Mal werden die das nicht machen.“

AZ-Video: Die Reaktionen auf das Urteil

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