Hofstatt: Im Herzen ruiniert

Die „Hofstatt“, das edle 325-Millionen-Projekt, liegt nach einem Teilabriss alter Gebäude brach. Wann die Bauarbeiten weitergehen und wann das Nobel-Projekt jemals fertig sein wird, weiß derzeit keiner.
von  Abendzeitung
Das alte SZ- und AZ-Areal
Das alte SZ- und AZ-Areal © az

MÜNCHEN - Die „Hofstatt“, das edle 325-Millionen-Projekt, liegt nach einem Teilabriss alter Gebäude brach. Wann die Bauarbeiten weitergehen und wann das Nobel-Projekt jemals fertig sein wird, weiß derzeit keiner.

In einem Lyrikwettbewerb hätten sie die vorderen Plätze belegt: „Das Filetstück der Altstadt“, in dem „Feingeist und Stadtleben aufeinandertreffen.“ So fantasievoll fabulierten die Planer über die Neubebauung des Areals zwischen Sendlinger Straße, Färbergraben, Hackenund Hotterstraße. Auf dem ehemaligen Gelände des Süddeutschen Verlags und der AZ sollte bis Anfang 2011 die „Hofstatt“, Münchens neue Premium-Adresse, bezugsfertig sein.

Doch die Realität ist den Romantikern längst in die Quere gekommen. Die Fertigstellung des Prestigeprojekts könnte sich bis ins Jahr 2013 hinauszögern. Endlich räumt auch der Investor, die Immobilientochter der Landesbank Baden Württemberg (LBBW), ein, dass der ursprüngliche Termin nicht einzuhalten ist. „Anfang 2011 wäre ein engagierter Plan, dabei werden wir nicht bleiben“, sagt Brigitte Reibenspies, Sprecherin der LBBW Immo. Seit dem Baubeginn im November 2008 hat sich auf der Großbaustelle wenig getan. Das exklusive Luftschloss, das sich der Investor hier erträumt, ist nicht mehr als eine Ruinenlandschaft im Herzen der Altstadt. Auf insgesamt 11750 Quadratmetern.

Zudem konnte sich die LBBW bis vor Kurzem bei ihrem 325 Millionen Euro teuren Projekt allzu viel Eile nicht erlauben. Die nach der Finanzkrise ins Schlingern geratene Bank musste in den vergangenen Monaten sämtliche Großprojekte auf ihre Finanzierbarkeit überprüfen. Dazu gehörte in München nicht nur die Hofstatt, sondern auch die Residenzpost (siehe rechts). Diese Projekte will die LBBW zwar behalten, überlegt aber noch, wie sich der ein oder andere Euro dabei einsparen ließe.

So wurde das Konzept der offenen Passagen der Hofstatt nochmals überdacht, auch weil zusätzliche Ladenflächen im Erdgeschoss lukrativer als offene Höfe wären. Das wiederum provozierte einen Streit mit der Stadt. Für die ist die „Durchlässigkeit des Quartiers für die Allgemeinheit“ nämlich eine Grundvoraussetzung. Passanten sollen durch die Hofstatt ungehindert spazieren können, schließlich soll nach Fertigstellung der Hofstatt die Sendlinger Straße im Bereich zwischen Färbergraben und Hackenstraße zur Fußgängerzone umgestaltet werden.

Um keinen weiteren Ärger zu riskieren, rudert die LBBW Immo jetzt zurück. Thorsten Vogel vom Planungsreferat erklärt: „Wir haben uns darauf verständigt, an dem Passagen-Konzept festzuhalten.“ Eine zusätzliche Verzögerung soll durch die kurzzeitige Umplanung jedoch nicht entstanden sein.

Mit einer „Marktabfrage“ soll der texanische Immobiliengigant „Hines“ als Dienstleister der LBBW Immo nun das Interesse potentieller Mieter und Investoren prüfen. Bislang ist das Bekleidungsgeschäft Konen immer noch der einzige Mieter, der bereits einen Vertrag unterschrieben hat. Ob sich zum jetzigen Zeitpunkt weitere mögliche Pächter von der Hofstatt begeistern lassen, erscheint fraglich – schließlich weiß niemand, wann das Projekt überhaupt fertig sein wird.

Die Historie der Hofstatt bis heute liest sich wie ein Protokoll des Scheiterns: Im Juni 2009 springt die Pleitebank Morgan Stanley ab, die pompös angekündigte Grundsteinlegung wird abgesagt, einen Monat später ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Untreue bei der LBBW Immo. Diese Woche wurde mit Frank Blumberg der letzte Spitzenmanager der alten Führungsriege geschasst, die einst wie wild hunderte Millionen in Immobilien-Projekte an der Isar und in aller Welt pumpte.

In München ist man mit Reinemachen der anderen Art beschäftigt. Die Beseitigung giftiger Druckerei-Rückstände auf dem Gelände könne sich noch bis zu neun Monate hinziehen, heißt’s beim Planungsreferat. Doppeldeutig aber wenig hoffnungsfroh klingt das Versprechen der LBBW Immo zur Zukunft der Hofstatt: „Wir sind dabei, das Ding auf sichere Füße zu stellen.“

Reinhard Keck

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