Hoffnungsvoll in Hirschaid: Markus Söder und Ludwig Hartmann geben sich in der BR-Wahlarena siegessicher

In der ersten BR24 Wahlarena von dreien im oberfränkischen Hirschaid stellten sich erst der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und dann Grünen-Spitzenkandidat Ludwig Hartmann den Fragen von Publikum und Moderatoren. Es wurde lustig und stellenweise wirr.
von  Viktoria Hausmann
Fehlendes handwerkliches Geschick brachte Ministerpräsident Markus Söder zur Politik, wie er in der Wahlarena verriet.
Fehlendes handwerkliches Geschick brachte Ministerpräsident Markus Söder zur Politik, wie er in der Wahlarena verriet. © Screenshot: BR24 Wahlarena

München - Die Regeln sind simpel: Drei Orte, drei Provinzen, drei Wahlarenen und sechs Spitzenkandidaten aller großen Parteien, die das Publikum in Einzelinterviews von sich überzeugen können. Den Anfang machte der bayerische Ministerpräsident und CSU-Spitzenkandidat Markus Söder.
Die erste Frage darf ein Flüchtlingshelfer aus Bamberg stellen. "Wann gibt es bessere Etats für Flüchtlinge." Söder dankt für seine Arbeit. Sie sei erfolgreich, weil Bayern trotz hoher Flüchtlingszahlen eine niedrige Kriminalitätsrate habe.

"Aber Flüchtlingshelfer kommen an ihre Grenzen." Man müsse unkontrollierte Migration kontrollieren. "Wenn wir das nicht gut lösen, profitieren andere davon. Wir müssen Menschenhändlern ein klares Stoppschild zeigen." Das Publikum applaudiert. Es geht wild durcheinander. Auf das Thema "Flüchtlinge" – laut BR-Chefredakteur Christian Nitsche das Thema, die meisten Menschen bewegt – folgt "Bürokratie-Abbau", "Freiwilligendienst" und "Klima".

Markus Söder in der BR24 Wahlarena: "Der deutschen Wirtschaft geht es schlecht, Bayern nicht"

Ein Mann stammelt sichtlich nervös eine längere Frage zur Migration und Krieg. Sein Sohn ist Bundeswehr-Soldat, seine Tochter Pflegerin. Eder versucht zu helfen, bringt den Mann aus dem Konzept. Söder lächelt mitfühlend: "Journalisten unterbrechen mich auch immer", erklärt er und erzählt von seiner Zeit bei der Bundeswehr, nachdem der Mann nach dem sozialen Pflichtjahr gefragt hat.

Ein anderer Mann bemängelt die schlechte Willkommenskultur für Fachkräfte und Einwanderer in Bayern, die man aber in der Krise bräuchte. Söder ist erstaunt: "Ich kann Ihre Meinung nicht ganz teilen. Der deutschen Wirtschaft geht es schlecht. Bayern noch nicht. Nicht mangelnde Arbeitskräfte sind das Problem, sondern hohe Energiepreise. Außerdem finde ich, dass wir eine gute Willkommenskultur haben", antwortet der Ministerpräsident und wiederholt, dass er für Fachkräfte ist, aber möchte, dass kriminelle Flüchtlinge sofort abgeschoben werden. Das Studiopuplikum klatscht laut.

Keine Begrenzung von Söders Amtszeit: "Die Grünen wollen, dass ich länger mache"

Es folgen die Jugendfragen aus dem Netz. Was sagt er zur Cannabis-Legalisierung und warum gibt es keinen bayerischen Ministerpräsidenten unter vierzig? Söder verweist auf die Probleme mit Cannabis und anderen Drogen in den Niederlanden. "Wir wollen das nicht", sagt er entscheiden. Bei der Altersgrenze erwähnt er die bayerische Verfassung. Die lege das Mindestalter für das höchste Amt im Staat fest.

Er habe den Grünen eine Änderung angeboten. Sie hätten abgelehnt und auch auf eine Begrenzung der Amtszeit verzichtet. Daraus schließe er, "dass die Grünen wollen, dass ich länger mache." Die Moderatorin Franziska Eder lacht laut auf. Es geht schnell weiter.

Söders Seitenhieb auf Olaf Scholz: "Joggen ist ja eh sehr gefährlich"

Bayern habe nur fünf Windräder gebaut, kritisiert ein weiterer Zuschauer. Söder bleibt ruhig: "Sie reden vom Wind und vom Rest nicht. Wir sind bei Photovoltaik Spitzenreiter. Vorne bei Wasserkraft und bei Geothermie und Wind sind wir besser als Baden-Württemberg." Eine ältere Frau spricht Söder auf den Artenschutz an und verweist dabei auf seinen Glauben an Gott und "Gottes Schöpfung": "Warum sind Sie gegen den Wolf? Der Wolf war schon weit vor uns hier", sagt sie.

Söder lobt den Artenschutz, gibt aber zu bedenken: "Beim Wolf geht es um Folgendes: Wir wollen ein Gleichgewicht." Wegen Wolfsangriffen müssen Almwirtschaften aufgeben werden. Dann geht Kulturlandschaft verloren. Wölfe greifen Jogger an. "Joggen ist ja eh sehr gefährlich, wie man in letzter Zeit sieht", fügt er mit einem ironischen Lächeln hinzu. Ein Seitenhieb auf die Olaf-Scholz-Augenklappe.

Markus Söder will die Kinderbetreuung in Bayern "noch flächendeckender machen"

Eine Frau mit einer chronischen Krankheit meldet sich. Sie macht sich Sorgen um Medikamentenmangel. Söder stimmt ihr zu. Es sei besonders schlimm, wenn Eltern keine Medikamente für ihre Kinder bekämen. Trotzdem ein "Deutsches Problem". "Es ist eine Schande, dass die ehemalige Apotheke der Welt" so ein Problem habe. Bayern lege deswegen Notvorräte für den Winter an. Das habe man aus der Pandemie gelernt.

Eine Postbotin fragt Söder: "Wie sieht’s mit der Kinderbetreuung aus?" Sie müsse so früh anfangen, dass sie ihre Kinder um sechs Uhr abgebend müsste. Söder scherzt, er sei nicht für die Post zuständig, aber für Kindergärten. "Wir versuchen, das noch flächendeckender zu machen. Das ist eine Aufgabe der Kommunen. Wir müssen auf jeden Fall nochmal darüber reden, ob wir die Kindergärten früher öffnen können." Es geht wild durcheinander. Auf Klimaschutz und Wälder folgt als Letztes eine Frage zum Handwerkerberuf, für den man dringend Nachwuchs braucht.

"Zwei linke Hände, aber eine große Klappe": Markus Söder plaudert über seine Jugend

"Wir haben jetzt den Tag des Handwerks an den Schulen. Das machen wir auch nur in Bayern", erzählt Söder und schwärmt vom Handwerk, für das er leider keine Begabung habe. Die Moderatorin Eder schmunzelt: "Stimmt es, dass ihr Vater sagte, dass sie zwei linke Hände haben?" Söder grinst und erzählt, dass sein Vater, ein Mauermeister, ihn als 14-Jährigen angesichts schlechter Noten mit auf den Bau genommen habe.

Dort habe er sich so schlecht angestellt, dass er schließlich urteilte: "Du hast zwei linke Hände, aber eine große Klappe. Vielleicht reicht's für einen Pfarrer oder einen Politiker und jetzt bin ich hier", lacht Söder und das Studio lacht mit.

Ludwig Hartmann (Grüne): "Bayern zum Land der Erneuerbaren Energie werden"

Nach der Pause übernimmt Ludwig Hartmann, neben Katharina Schulze zweiter Kopf der Grünen Doppelspitze. Hartmann holte bei der letzten Landtagswahl das landesweit beste Erststimmen-Ergebnis für die Grünen (44 Prozent). Sein Wahlkreis ist München-Mitte. Die erste Frage ist eine Steilvorlage. Es geht um die Verkehrswende. "Wir wollen den Schwerlastverkehr auf die Schiene holen," antwortet Hartmann und redet über LKW-Stau am Brenner. Es folgt das Thema Energie.

Grünen-Spitzenkandidat Ludwig Hartmann spricht sich für Welcome Center aus, um den Fachkräftemangel zu bekämpfen.
Grünen-Spitzenkandidat Ludwig Hartmann spricht sich für Welcome Center aus, um den Fachkräftemangel zu bekämpfen. © Screenshot: BR24 Wahlarena

"Eines der wichtigsten Themen überhaupt", lobt Hartmann begeistert und beginnt über Windkraftanlangen mit Bürgerbeteiligung zu erzählen: "Wir wollen, dass die Rendite bei den Leuten in der Region bleibt. Wenn jeder mitmacht, kann Bayern zum Land der Erneuerbaren Energie werden."
Ein Mann fragt, warum Deutschland Atomkraft zu aus Frankreich zukauft: "Warum ist französische Atomkraft umweltfreundlicher als die Deutsche?" Die Zuschauer um ihn herum klatschen laut.

Grünen-Spitzenkandidat Ludwig Hartmann will das Wahlalter auf 16 Jahre senken

Ludwig Hartmann lächelt milde: "Keine Atomkraft ist umweltfreundlicher als die andere." Er referiert über Uran aus Russland, behauptet, dass die Strompreise wegen der Erneuerbaren Energien sinken und verhaspelt sich, als der Mann wissen will, warum Atomstrom billiger ist. "Atomkraft ist nicht billiger", protestiert Hartmann und redet von Stromnetz, das für die Erneuerbaren verstopft würde. Im Publikum bleibt es still, bis die Moderatorin unterbricht.

Eine Frau meldet sich. "Warum setzen die Grünen auf Windkraft? Windräder sind schlecht recycelbar." Hartmann widerspricht, der Turm wäre recycelbar. Nur die Rotoren nicht. BR-Chefredakteur Christian Nitsche verlangt einen Themenwechsel. Sofort fragt ein älterer Herr nach Altersdiskriminierung. "Ich bin dafür, dass wir junge Menschen mehr miteinbeziehen", erklärt Hartmann. Junge Menschen müssten am längsten mit den Klimakonsequenzen leben und fügt hinzu: "Wir wollen das Wahlalter auf 16 senken."

Hartmann und das Heizungsgesetz: "Wusste nicht, dass mein Kachelofen wichtig für das Klima ist"

Der ältere Herr schaut irritiert und fragt nach den Krediten, die Ältere wegen des Heizungsgesetzes brauchen, aber nur schwer bekommen: "Da kann nicht die Altersdiskriminierung den Wunsch verhindern, den Kindern das Haus klimasaniert zu vererben", erwidert Hartmann. Ein weiterer älterer Herr meldet sich.

Er habe einen Kachelofen und möchte ihn weiter benutzen: "Ich wusste nicht, dass mein Kachelofen so wichtig für das Weltklima ist", schließt der Mann in breitem Fränkisch. Hartmann verweist auf die 70 Prozent Förderung für neue Heizungen und kritisierte einen Beschluss der letzten Bundesregierung.

Fachkräftemangel in der Pflege: Hartmann plädiert für ein verpflichtendes soziales Praktikum

Es folgen die Fragen aus dem Netz. Es geht um Heizungen und Autos. "Wie stellen sie sich die Versorgung im ländlichen Raum ohne Auto vor?", wird ein User zitiert. "Wir brauchen ein sauberes Auto, das am besten in Bayern gebaut wird", antwortet Hartmann und erzählt dann von Car-Sharing und On-demand-Verkehr für jüngere und älter Menschen auf dem Land.

Beim Fachkräftemangel fordert Hartmann ein verpflichtendes soziales Praktikum oder ein ökosoziales Jahr, als ihm eine Frau von ihrer behinderten Tochter erzählt. Eine andere möchte, dass die Pflege der Eltern angerechnet wird. "Das kann ich eins zu eins unterstützen", pflichtet ihr Hartmann bei: "Ich habe meine Eltern auch gepflegt." Er möchte eine bessere, flächendeckende Unterstützung.

In der nächsten BR-Wahlarena kommen Hubert Aiwanger und Katrin Ebner-Steiner zu Wort

Auf eine Frage zur Erbschaftssteuer, antwortet er: "Ich gönne jedem sein Vermögen, aber ein kleiner Teil müsse solidarisch an die Allgemeinheit gehen." Am Ende fragt ein älterer Mann, wie er die illegale Migration eindämmen will. "Das kostet alles unser Steuergeld und das nicht wenig", schimpft er. Hartmann verweist auf den Fachkräftemangel in der Pflege. Es sei unsinnig, arbeitende Flüchtlinge in Abschiebehaft zu stecken. "Ich würde eher ein Welcome Center aufmachen." Damit ist die erste Arena zu Ende.

Nächste Woche betreten Hubert Aiwanger (Freie Wähler) und Katrin Ebner-Steiner (AfD) die Arena in Schwandorf (Oberpfalz). In der finalen Arena am 27. September folgen Florian von Brunn (SPD) und Martin Hagen (FDP) in Hawangen (Schwaben).

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