Hochhäuser in München? Keine Mehrheit für Turm-Entscheid

Der Stadtrat wird die Bürger nicht befragen lassen. Woran Grüne und CSU gescheitert sind - und wie es jetzt weitergeht.
von  Felix Müller
Darf es so sehr in die Höhe gehen oder nicht?
Darf es so sehr in die Höhe gehen oder nicht? © Visualisierung: Herzog & de Meuron

München - Sind 13.000 viel oder wenig? Im Rathaus zumindest war man wenig beeindruckt, als der Landtagsabgeordnete Robert Brannekämper (CSU) und seine Mitstreiter vor ein paar Wochen diesen Zwischenstand vermeldeten. 35.000 Unterschriften will Brannekämper bis zum Jahresende sammeln - um einen Bürgerentscheid zu den Türmen an der Paketposthalle zu erzwingen.

Es ist der letzte Strohhalm, an den sich die Hochhaus-Gegner noch klammern können. Denn jetzt ist klar: Im Rathaus wird es keine Mehrheit geben, um mit einem so genannten Ratsbegehren im Stadtrat einen Bürgerentscheid zu beschließen. Die SPD war zwar teils auch an interfraktionellen Gesprächen beteiligt, im Kern ging es aber seit Monaten um die Frage, ob die regierenden Grünen mit der stärksten Oppositionskraft, der CSU, gemeinsam ein Ratsbegehren einleiten würden. Werden sie nicht. Die CSU pocht darauf, dass Experten einen grundsätzlichen Bürgerentscheid über eine Münchner Hochhaus-Grenze wie im Jahr 2004 rechtlich für nicht mehr möglich halten. Die Christsozialen wollen stattdessen - wie Brannekämper - nur über die Paketposthallen-Türme abstimmen lassen.

Thema kommt aktuell in den Bezirksausschuss 

Das wiederum halten die Grünen für Quatsch. Wenn schon die Bürger fragen, dann grundsätzlich - so die Argumentation. Offensichtlich ist es in vielen Gesprächen nicht gelungen, sich auf eine Position zu einigen. Und beide Seiten sagen nun auch klar und öffentlich, wie sie abstimmen werden - und zwar: nicht gemeinsam.

Aktuell kommt das Thema in den Bezirksausschuss Neuhausen-Nymphenburg, Mitte Oktober im Rathaus in den Planungsausschuss, schon Ende Oktober dann in die Vollversammlung des Stadtrats.

Planungsreferentin Elisabeth Merk (parteilos) positioniert sich vor der politischen Debatte gegen einen Bürgerentscheid. Ihre beiden Papiere für die Sitzungen liegen der AZ vor. "Die weitere Nutzung der Paketposthalle soll in einem partizipativen Prozess mit interessierten Bürger*innen und dem Bezirksausschuss unter Beteiligung von Landschaftsarchitekten entwickelt werden", heißt es in dem einen. "Die Vorbereitung und Durchführung eines Bürgerentscheids über eine Hochhausgrenze wird aus den dargestellten Gründen nicht beauftragt", in dem anderen, mit dem Merks Planungsreferat auf mehrere Anträge der ÖDP reagiert.

Pretzl: "Ich hätte die Grünen verlässlicher eingeschätzt"

Der Grünen-Fraktionschef im Stadtrat, Dominik Krause, sagte am Montag auf Nachfrage, die Lage sei rechtlich nicht so klar, wie von der CSU dargestellt. Seine Fraktion werde im Ausschuss ein Ratsbegehren über Hochhäuser in München beantragen - notfalls würden dann Gerichte entscheiden müssen, ob es wirklich nicht möglich ist, dass die Bürger abstimmen.

Manuel Pretzl (CSU).
Manuel Pretzl (CSU). © Foto: Bernd Wackerbauer

CSU-Fraktionschef Manuel Pretzl ist fassungslos. "Ich kann doch keinen Bürgerentscheid wollen, der nach menschlichem Ermessen rechtlich nicht durchgehen wird", sagte er am Montag im Gespräch mit der AZ. "Dann schaffen wir einen riesigen Verwaltungsaufwand und hinterher war es rechtswidrig."

Pretzl hatte sich im Frühjahr äußerst optimistisch gezeigt, eine Stadtratsmehrheit binnen Wochen auf die Beine zu stellen. Ob er sich verzockt hat? Das mag der CSU-Fraktionschef so nicht stehen lassen. "Ich hätte die Grünen verlässlicher eingeschätzt", sagte er am Montag. "Und ich dachte, dass die Bürgerbeteiligung ihnen ein hohes Gut ist."

Die Bürger wurden beim Projekt Paketposthalle aber eh aufwendig eingebunden, etwa mit Workshops - so feiert das zumindest die SPD. Deren München-Chef Christian Köning sagte darüber, dass es nun kein Ratsbegehren geben wird: "Das finde ich sehr vernünftig." Die ganze Debatte der letzten Monaten hätte man sich sparen können, findet er. Es sei sinnvoll, im Einzelfall im Stadtrat zu entscheiden. Wer das anders sieht und die Zwillingstürme ablehnt, kann nun nicht mehr aufs Rathaus hoffen - sondern muss darauf setzen, dass sich in den nächsten Wochen noch sehr, sehr viele Münchner in die Unterschriftenlisten eintragen.

Das will die "Initiative Hochhausstop"

Robert Brannekämper (CSU).
Robert Brannekämper (CSU). © Bernd Wackerbauer

Seit Mitte Mai sammeln die Initiatoren des Bürgerbegehrens "Hochhausstop" um den Landtagsabgeordneten Robert Brannekämper (CSU) und den ehemaligen SPD-Stadtrat Wolfgang Czisch Unterschriften gegen die 155 Meter hohen Zwillingstürme an der Paketposthalle. Sie wollen die Höhe auf 60 Meter begrenzen – anderenfalls befürchten sie einen "Dammbruch zur Wolkenkratzermetropole". Dafür brauchen sie 35.000 Unterschriften. Ziel ist ein Bürgerentscheid, mit dem die Münchner selbst entscheiden sollen. Das wäre nur fair, sagt Brannekämper, erstens hätten sie schon 2004 entschieden, dass ein Gebäude in München nicht höher sein darf als die Türme der Frauenkirche. Zweitens sei Stadtplanung Sache der Stadt, nicht eines Investors. Wo die Infostände sind, ist auf www. hochhausstop.de zu finden. Dort kann man auch Unterschriftenformulare herunterladen.

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