"HIV ist nicht gesellschaftsfähig"

In einer Woche ist Weltaidstag. In München leben 5000 Infizierte – viele von Ihnen schweigen aus Angst vor Diskrimierung. "Es gäbe viel Schulungsbedarf"
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MÜNCHEN - Irgendwann wurden die Gerüchte zu stark, alle haben getuschelt. Da ging Sven Hanselmann in die Offensive: Er erzählte den Kollegen, dass er HIV-infiziert ist. „Ich habe richtig gezittert”, erinnert er sich. Und obwohl Hanselmann offen lebt, seine Infektion nicht verschweigt, kostet jedes Outing wieder Überwindung. „Du weißt eben nicht, wie die Leute reagieren. HIV ist noch lange nicht gesellschaftsfähig”, sagt der 31-Jährige.

Die Medizin ist heute sehr weit, in Deutschland können HIV-Positive, die Medikamente zuverlässig nehmen und auf sich achten, gut leben und auch alt werden. „Die sozialen Probleme sind deswegen aber nicht verschwunden”, sagt Thomas Niederbühl, Geschäftsführer der Münchner Aidshilfe.

Diskriminierung am Arbeitsplatz ist eines der wichtigsten Themen, die Niederbühl eine Woche vor dem Weltaidstag anspricht. Ärztin Ramona Pauli, die eine HIV-Schwerpunktpraxis in München hat, berichtet von Fällen, in denen HIV-Positive selbst von Ärzten – die ja gut informiert sein müssten – diskriminiert werden. „Ich weiß von einem infizierten Arzthelfer, dem nach Bekanntwerden gekündigt wurde. Ich weiß von Patienten, denen Ärzte die OP verweigert haben. Wenn ich meine Patienten überweise, rufe ich immer vorher an.”

Sven Hanselmann arbeitet als Krankenpfleger in einer Klinik. Er wurde eingestellt, obwohl er positiv ist. „Allerdings möchte mein Arbeitgeber nicht, dass ich die Klinik mit Namen nenne”, sagt er. Offenbar befürchtet das Haus einen Imageschaden, medizinisch gäbe es keinen Grund. Auch Hanselmann berichtet, dass in seiner Branche viel Unwissen herrscht. „Ich habe erlebt, dass Krankenschwestern sich Handschuhe anziehen, wenn sie einem HIV-Patienten Essen servieren. Es gäbe viel Schulungsbedarf.”

In München leben zurzeit rund 5000 HIV-Infizierte. Bundesweit schätzt das Robert–Koch-Institut (RKI) die Zahl auf 73000. Rund 2700 haben sich in einem Jahr neu infiziert – die Zahl war seit 2001 angestiegen und geht erst seit 2006/2007 wieder zurück. Über die Hälfte derer, die sich neu anstecken sind Schwule, am zweithäufigsten stecken sich Heterosexuelle beim Sex an. Niederbühl: „Sehr viele Infizierte leben anonym.” 


Aktionen in München zum Weltaidstag und zugunsten der Müncher Aidshilfe

Aids-Teddy: kostet 6 Euro und ist ab heute erhältlich: Am Stand der Münchner Aidshilfe am Sendlinger Tor ( Fr. 25.11, Sa. 26.11., Do. 1.12. bis Sa. 3.12., Fr. 9. und Sa 10.12.) und beim rosa Weihnachtsmarkt von Fr. 3. bis Do. 23.12. am Stephansplatz. Online gibt es ihn unter www.muenchner-aidshilfe.de, Promis helfen beim Verkauf am Sendlinger Tor, Schauspielerin Mona Seefried (Sa., 3.12., 14-15 Uhr), Moderator Christoph Süß  (Fr., 2.12., 16-17 Uhr).

Benefizkonzert: 28. November, 20 Uhr im Amerikahaus, Karolinenplatz3. „Wieder mal was Positives” mit Maria Maschenka, Miss Stücke, Rabenmütter und Philhomoniker.

S-Bahn-Sonderfahrten: 1.12. von 10 bis 13 Uhr gibt es eine S-Bahn mit Infos
zu HIV. Mit dabei ist Schauspieler Sasa Kekez („Herzflimmern”).

Kostenloser HIV-Test: 1.12., 10 bis 20 Uhr, kostenloserund anonymer HIV-Test
in Münchner Schwerpunktpraxen. Adressen im Internet unter checkpoint-muenchen.de

Candle-Light-Walk: 1.12., 19Uhr Treffpunkt Odeonsplatz, Gedenkmarsch für die Opfer von Aids,
20 Uhr Gedenkveranstaltung in St.Lukas.

Benefizparty Nacht der roten Schleifen: 1.12. ab 23 Uhr  im Löwenbräukeller  am Stiglmaierplatz

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