Hitzige Debatte: Bekommt München einen zweiten Gärtnerplatz mitten in der Stadt?
München - Traditionell gegen unkonventionell: Die Wellen schlagen hoch bei der Debatte um eine temporäre Grünfläche vor dem Nationaltheater. Die Grünen haben dort von hohen Gräsern und Beeten mit Wildpflanzen geträumt.
Jedoch "Hände weg vom Max-Joseph-Platz" rufen strikt die Denkmalpfleger – aus Respekt vor dem historischen Ensemble. Bayerns oberster Denkmalpfleger Mathias Pfeil will kein Bodengrün. Mit dem Baureferat beginnt jetzt die Suche nach einer Kompromiss-Lösung.
Neugestaltung am Max-Joseph-Platz: "Die schönsten Münchner Plätze haben einen Anteil an Grün"
Der Münchner Architekt Christoph Sattler, der 1976 das Büro Hilmer Sattler Architekten gründete, hat in der Kommission für Stadtgestaltung mitdiskutiert. Bei der Neu-Gestaltung des Altstadt-Platzes plädiert er für "niedrige Anpflanzungen".

AZ: Herr Sattler, die meisten Ihrer Architektenkollegen in der Kommission sehen "am Kapitol keine Blumenwiese". Sie sind lockerer – und favorisieren eine grüne Wiese am Max-Joseph-Platz. Aus welchem Grund?
CHRISTOPH SATTLER: Die schönsten Münchner Plätze, Odeonsplatz, Wittelsbacherplatz, Königsplatz, Promenadeplatz, Gärtnerplatz, sie haben alle einen gewissen Anteil an Grün. Ich kann mir am Opernplatz gut Grün im Rondell vorstellen, als niedrige Bepflanzung. Mir gefällt eine Lösung wie am Gärtnerplatz.
Münchner Architekt: "Die Denkmalpflege hat das letzte Wort"
Was genau mögen Sie am Gärtnerplatz?
Ich sitze dort im Café, um das Leben am Platz zu betrachten. Die Grünfläche dort halte ich für extrem gut gemacht, ästhetisch erstklassig. Auf den Bänken sitzen viele Leute. Als ich dort war, lagen manche auf dem Gras. So eine absolute Freizeitstimmung empfände ich am Max-Joseph-Platz jedoch als Stilbruch. Bänke kann ich mir am Rand des Rondells vorstellen.

In München gilt der Marienplatz als bürgerlicher Platz, der Max-Joseph-Platz als der monarchistische. Empfinden Sie das so?
Das könnte man so sagen. Der Platz mit Residenz, Staatstheater und Oper vermittelt den Zauber und die Nobilität Münchens.
Verstehen Sie, dass konservative Münchner aufschreien, wenn es um Stauden auf ihrem schicken Opernplatz geht?
Das ist ein einleuchtendes Gefühl. Auch die große Asphaltfläche wird als unangenehm empfunden.
Grün vor der Oper soll Hitze in der Stadt entgegenwirken
Bitte erklären Sie, weshalb Sie offen sind für die Begrünung des historischen Ensembles?
Die Begrünung der Stadt wird immer wesentlicher. Der Klimawandel wird direkt spürbar, das drückt sich im Münchner Stadtrat mit einer grünen Mehrheit aus.
Sie sind Mitglied der Akademie der Schönen Künste in der Residenz. Ein Portal am Max-Joseph-Platz ist der Eingang. Sie sind öfter dort?
Auf meinem Weg in die Akademie biege ich um die Ecke in den wunderbaren Max-Joseph-Platz ein und gehe entlang dem Steinbanksockel des Königsbaus der Residenz. Eine der schönsten Stellen in München, finde ich. Manchmal sitze ich dort und denke, der Platz sollte im Wesentlichen eine schön gepflasterte Fläche sein. Ich sehe die Leute, die einkaufen gehen und Autos in die Spindel herunterfahren. Eigentlich stören mich nur die großen SUVs, über die man nicht drüberschauen kann. Die Ferraris sind ja niedrig, wie Hunde. Über die kann man gut sehen (lacht).

Max-Joseph-Platz in München: Niedrige Bepflanzung, Kübel aus Gusseisen oder kleine Bäume?
Können Sie die strikte Weigerung der Denkmalpflege nachvollziehen, auf der Fläche eine Wiese zuzulassen?
Ich sehe es so: Für den historischen Max-Joseph-Platz hat die Denkmalpflege auf jeden Fall das Primat, das letzte Wort. Deshalb äußert sie sich jetzt auch so strikt. Aber man könnte versuchen, eine partielle Begrünung am Max-Joseph-Platz zu erreichen. Denn ich verstehe den Klimawandel als einen echten gesellschaftlichen Bruch. Er muss sich artikulieren im Platz.
Wie sähe denn Ihre dauerhafte Lösung für den Platz vor der Oper aus?
Zur niedrigen Bepflanzung, wie zum Beispiel am Gärtnerplatzrondell, kämen Kübel aus Gusseisen, wie sie an der Brienner Straße stehen – nicht die Betonringe. Die vier kleinen Bäume, die im Moment vor der Oper stehen, sehen schon ganz gut aus. Vielleicht wären in Form geschnittene Bäume noch schöner.
Sie sind Münchner, haben jedoch in Rom Abitur gemacht. Das Vorbild für unseren Max-Joseph-Platz ist der Kapitolplatz in Rom, heißt es. Sind die zwei Plätze vergleichbar?
Der römische Platz ist symmetrisch, hat ein durchgehendes ornamentiertes Steinpflaster und ist deutlich kleiner als der Max-Joseph-Platz. Der Münchner Klassizismus orientiert sich eher an Florenz.

Wie stehen Sie zur Begrünung des Max-Joseph-Platzes? Schreiben Sie uns gerne! Per Mail an leserforum@abendzeitung.de