Hitze in München: Darum ist es in der Stadt besonders schlimm

München - Die Rollos sind unten, die Füße im Kaltwasserbad, der Schweiß rinnt trotzdem die Stirn herunter. In dieser Woche kämpft München mit einer Hitzewelle – und am Wochenende soll es noch einmal heißer werden.
Dass es in der Stadt so besonders unangenehm ist, hat einen Grund: den städtischen Wärmeinseleffekt. In Städten ist es in der Regel wärmer als im Umland, je dichter die Bebauung, je mehr Beton und je weniger Grün und Wasser, desto stärker ist dieser Effekt.
Hitze in München: Vor allem innerhalb des Mittleren Rings ist sie besonders schlimm
So erklärt sich auch, dass sich innerhalb des Mittleren Rings und vor allem in der Altstadt, wo Bäume Mangelware und große Stein- oder Betongebäude die Regel sind, die Hitze staut. Am Stadtrand oder in Parks kann man hingegen viel eher durchschnaufen.
Wie Forscher des Deutschen Wetterdienstes in einer umfassenden Studie zum Münchner Stadtklima darlegen, sind die Unterschiede zwischen Stadt und Umland vor allem nachts groß. Tagsüber erwärmen sich Stadt und Umland relativ gleichmäßig, aber nachts, etwa ab 21 Uhr, kühlt sich die Stadt, anders als das Umland nicht so gut wieder herunter.
Viel Beton, wenig grün: Die Münchner Innenstadt kann nicht abkühlen
Das liegt daran, dass durch den hohen Versiegelungsgrad und das wenige Grün weniger Verdunstung stattfindet, die kühlt. Dazu kommen Wärmequellen wie aufgeheizter Beton, Hitze von Automotoren und -blech, aber auch, dass die Luft in der Stadt meist schlechter zirkulieren kann.

Zwischen Mitternacht und sechs Uhr Früh ist die mittlere Temperatur in der Münchner Innenstadt etwa 1,7 Kelvin (das ist derselbe Wert wie in Grad Celsius) höher als im Umland.
Im August sind diese Unterschiede noch einmal größer, kann man in der Studie lesen: Dann liegen sie im Mittel bei etwa 1,9 Kelvin. Vom Umweltbundesamt heißt es, dass noch nicht gesichert ist, ob der Klimawandel diese Tendenz noch verstärken wird.
In der Stadt gibt es pro Jahr elf Sommertage mehr als am Flughafen München
Auch in anderer Hinsicht ist der Unterschied zwischen München und dem Umland eklatant: Nämlich in der Anzahl der Sommertage, also Tagen, an denen es mindestens 25 Grad Celsius hat. Im Mittel gibt es solche Tage in der Stadt München an elf Tagen mehr als am Münchner Flughafen, wo der Deutsche Wetterdienst ebenfalls eine Messstation unterhält.
Außerdem geht der Deutsche Wetterdienst davon aus, dass die Anzahl der Sommer-, aber auch der Hitzetage (das sind Tage mit Temperaturen über 30 Grad), künftig noch zunehmen wird. Im günstigsten Fall, so prognostizieren die Forscher für das München im Jahr 2050, werde sich die Anzahl der Sommertage um 35 bis 40 Prozent erhöhen. Im schlechtesten Fall sogar verdoppeln. Vor allem ältere Menschen und solche mit Vorerkrankungen werden unter diesen hohen Temperaturen leiden.
Der Bund Naturschutz mahnt: Es braucht mindestens 8.000 neue Bäume in München
Schon im Jahr 2016 hat die Stadt München einen Klimaanpassungsplan verabschiedet, der kontinuierlich fortgeschrieben und bewertet wird. 2021 hat sich die Stadt beim Kampf gegen den Klimawandel selbst ein recht gutes Zeugnis ausgestellt.
Beim Bund Naturschutz möchte man dieses Loblied allerdings nicht anstimmen. "Wir brauchen tausend neue Bäume, so schnell wie möglich und so viel wie möglich", fordert Martin Hänsel, Geschäftsführer beim Bund Naturschutz München. Innerhalb des Mittleren Rings seien nur rund 166.000 Bäume vorhanden und damit nur 21 Prozent der Flächen grün. Um diesen Anteil um nur einen Prozentpunkt zu erhöhen, müssten 8.000 neue Bäume gepflanzt werden, rechnet der Naturschützer vor. Und das seien konservative Berechnungen.
Auch Wasser, das versprüht wird, hilft gegen die Hitze in der Stadt
Außerdem sei das noch nicht genug, sagt Hänsel, denn bis Bäume eine Klimawirkung entfalten könnten, brauche es 50 bis 80 Jahre. München kann also gar nicht mehr so schnell aufforsten, wie es nötig wäre, um die Stadt rechtzeitig herunterzukühlen.
Die Stadt müsste zudem noch mehr tun. Das Umweltbundesamt hat 2022 untersucht, was gegen den Hitzeinseleffekt hilft. Neben Bäumen spielten da auch begrünte Dächer, hell angestrichene Außenwände und Wasser, das in feinen Tropfen versprüht wird, eine Rolle. Solche Sprühnebelwolken kennen vielleicht viele Münchner schon – allerdings eher aus dem Urlaub im Süden.
Heiße Tage in München: Das sind die Tipps der Münchner
Aber was tun die Münchner, um sich ein bisschen Abkühlung zu verschaffen? Die AZ hat nachgefragt.
Nele Dinter (23), Studentin: "Viel trinken und Schatten aufsuchen und dort Himbeeren essen und sich einen Eiskaffee gönnen. Wichtig ist: Mittagshitze vermeiden – und zum Laufen erst, wenn die Sonne weg ist."

Jonas Dinter (23), Bankkaufmann: "Erdbeereis essen – das ist fruchtig und erfrischend. Zitroneneis ist auch gut. Außerdem viel Wasser trinken. Ich trinke ganz gerne auch mal eine Flasche Eistee. Das ist ebenfalls schön erfrischend."

Jitka Scholz (93), Rentnerin: "Ich bin viel zu Hause und sitze dann auf meinem Balkon, solange ich Schatten habe. In der Wohnung stelle ich einen Ventilator ein – und ich trinke viel Apfelschorle – oder kaltes Wasser."

Sebastian Baranowski (29), FitnessFirst-Clubmanager: "Viel Wasser trinken ist mein Tipp, Sport in den Morgenstunden und kalt duschen, Mittagssonne meiden."
