Hitlergruß bei Vereidigung: Eklat im Rathaus

MÜNCHEN - Ein dunkler Schatten lag am Freitag auf der Vereidigung des neuen Stadtrats: Ein rechtsextremer Abgeordneter zeigte dabei den Hitlergruß – und muss jetzt mit einer Anzeige rechnen. OB Ude machte seine vierte und letzte Antrittsrede zu einer "offenen Kampfansage" gegen Rechtsextremismus.
Unter Polizeischutz kamen die Stadträte morgens ins Alte Rathaus zur Eröffnungssitzung. Denn vor der Sitzung versuchten Anhänger der rechtsextremen „Bürgerinitiative Ausländerstopp“ (eine Tarnorganisation der NPD), vor dem Rathaus eine ungenehmigte Demo zu veranstalten. Die Polizei verbot ein Transparent mit dem Slogan: „Gedenkt der Opfer der Ausländergewalt.“
Bei der anschließenden Vereidigung hob BIA-Stadtrat Karl Richter die Hand nicht richtig zum Schwur, sondern halb zum Hitlergruß, wie viele in den ersten Reihen sehen konnten. Auch Stadtrat Marian Offman (CSU). Der erwägt nun zusammen mit Stadtratskollegen eine Strafanzeige. Offman zur AZ: „Ich habe das sofort bemerkt. Wir waren entsetzt, erzürnt und sehr verärgert über diese Provokation. Das zeigt, was wir zu erwarten haben.“ Richter selbst stritt ab: „Das ist irrsinnig. Ich habe nur die rechte Hand zum Schwur gehoben.“
Langanhaltender Applaus für Ude
Anschließend bekam OB Ude in seiner Antrittsrede mit der offenen „Kampfansage“ an den rechtsextremistischen Stadtrat langanhaltenden Applaus. Ude hatte ihn beim Willkommensgruß dezidiert ausgenommen: „Rechtsextremisten sind in München unerwünscht, auf allen Straßen und Plätzen und erst Recht im Münchner Rathaus! Der vorgeschobene Posten der widerlichen NPD hat im Münchner Rathaus nichts zu erwarten außer einhelliger Ablehnung!“ Sie hätten aus den „schrecklichsten Verbrechen deutscher Geschichte nichts gelernt“ und predigten „Hass gegen Minderheiten“.
An diesem Ort, im Alten Rathaus, musste diese Klarstellung auch sein: Genau dort wurde von den Nazis 1938 die Reichspogromnacht ausgerufen.
Die letzte Antrittsrede
Es war Udes vierte und dezidiert letzte Antrittsrede. Darin hob er auch auf die immer größer werden sozialen Probleme in München ab. Auch München werde gespalten in „Modernisierungsgewinner und Modernisierungsverlierer“.
In der Wirtschaft würden sich einzelne Bosse Millionengehälter bewilligen, für ihre Mitarbeiter aber hätten sie die „Geschäftsidee Sozialdumping“ gefunden. Sie zahlten „Hungerlöhne“ und die Stadt müsse über die Sozialhilfe die Menschen vor unverschuldeter Armut bewahren. Da helfe nur der gesetzliche Mindestlohn OB Ude: „Es ist höchste Zeit, diesen Wahnsinn zu stoppen.“
Am Nachmittag konstituierte sich der neue Stadtrat und wählte als erste Amtshandlung Christine Strobl (SPD) mit 48 von 80 Stimmen und Hep Monatzeder (Grüne) mit 45 von 80 Stimmen wieder zu Bürgermeistern.
Willi Bock