Hippodrom: Ordner geht auf Behinderten los

Ein 61-Jähriger klagt an: Ein Sicherheitsmann soll ihn gepackt und zu Boden gebracht haben – weil er nach dem Bieseln zurück in den Biergarten wollte
Ralph Hub |
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Das Hippodrom auf der Wiesn
dapd Das Hippodrom auf der Wiesn

München - Neue Vorwürfe gegen das Sicherheitspersonal im Hippodrom: Inzwischen hat sich ein weiterer Gast bei der AZ gemeldet, der nach seiner Schilderung ebenfalls recht rüde von einem Ordner behandelt wurde.

Josef K. (61) besuchte mit seiner Frau, seinem Sohn (13) und sechs Freunden am 24. September den Biergarten des Hippodroms. Nach einer reichhaltigen Brotzeit und einigen Maß Bier, habe er zur Toilette gemusst,  berichtet der Angestellte im Öffentlichen Dienst, Doch ins Zelt ließen ihn die Securities wegen Überfüllung nicht rein, und die Toilette im Biergarten war hoffnungslos überlastet. Josef K.: „Da stand eine lange Schlange davor, da hätte ich 20 Minuten warten müssen.“ Deshalb suchte der 61-Jährige – er ist seit einer schweren Krebserkrankung zu 80-Prozent schwerbehindert – eine Toilette draußen auf dem Gelände auf.

Doch bei seiner Rückkehr ließ ihn ein Sicherheitsmann nicht mehr zurück in den Biergarten. „Ich hab’ versucht ihm zu erklären, dass meine Frau, mein 13-jähriger Sohn und Freunde noch drin sind und auf mich warten“, schildert Josef K.

Doch das schien den Wachmann nicht zu interessieren. Er ließ den Gast nicht passieren – und wurde laut Josef K. sogar noch handgreiflich. Als er nicht gehen wollte, so schildert es Josef K., habe ihn der Mann am Arm gepackt und ihn dadurch von den Beinen gerissen. Josef K. stürzte, lag plötzlich der Länge nach am Boden vor dem Eingang zum Biergarten.

 


 

"Unglaublich, dass da solche Schläger hingestellt werden"

Erst als der 61-Jährige über Handy seine Frau rief, durfte er zurück zur Familie. „Es ist unglaublich, dass da solche Schläger hingestellt werden.“

Drei Tage nach dem Vorfall hat Josef K. eine E-Mail an Sepp Krätz geschickt. Eine Kopie liegt der AZ vor (siehe unten). Darin heißt es: „Als langjähriger Besucher ihres Festzelts wende ich mich heute an Sie, um Ihnen einen leider weniger erfreulichen Vorgang in ihrem Biergarten zu schildern.“ Sachlich und in höflicher Form beschreibt der Familienvater seine Begegnung mit dem Sicherheitsmann. Er endet mit: „Ich behalte mir ferner vor, Strafanzeige wegen Körperverletzung zu stellen.“

Bis heute hat Josef K. noch keine Antwort von Sepp Krätz erhalten. Um das Hippodrom wollen Josef K. und seine Familie künftig einen Bogen machen. „Ich glaube nicht, dass man mit seinen Gästen so umgehen kann“, sagt Josef K. und fordert: „Die Stadt muss sich in der Angelegenheit einschalten und aktiv werden.“

Gerd Schmitz, Geschäftsführer vom Hippodrom, teilt auf AZ-Anfrage mit: „Wir bedauern sehr, dass Herr K. eine unschöne Erfahrung beim Wiedereinlass in unseren Zeltbereich gemacht hat.“ Für einen Ordner sei es jedoch nicht möglich zu unterscheiden, welcher Gast sich tatsächlich bereits dort aufgehalten hat und wer lediglich vorgibt Familie oder Freunde im Biergarten oder Zelt zu haben. Zur angeblichen Handgreiflichkeit des Wachmanns macht er keine Angaben.

 


 

Lesen Sie hier das Schreiben:

 


 

AZ-Kommentar: Sicherheitsproblem Security

 

Timo Lokoschat, stellvertretender AZ-Lokalchef, über Sepp Krätz und Wiesn-Sicherheitsdienste

Der Sepp, schon wieder! Ein Gedanke, der zumindest naheliegt angesichts des neuerlichen Ärgers um den schillernden Wiesn-Wirt. Doch an dieser Stelle gilt es, den Gescholtenen in Schutz zu nehmen. Unter seiner Führung ist das Hippodrom zu einem der zivilisiertesten Orte auf dem Oktoberfest avanciert, an dem sich Gäste normalerweise sehr sicher fühlen dürfen. Die Vorfälle, über die die AZ berichtet, hätten wohl auch in jedem anderen Zelt passieren können – und sind es möglicherweise sogar. Oft zögern die Opfer von Ordner-Gewalt, zur Polizei zu gehen. Die Dunkelziffer dürfte hoch sein. Die aktuellen Fälle sind keine „Causa Krätz“, sondern ein Problem, das alle Wiesn-Wirte angeht. Zuletzt meldeten sich etliche Leser bei uns, die von unangenehmen Erfahrungen mit den Sicherheitsdienstlern berichteten. Klar, das ist ein stressiger Job – aber auch einer der verantwortungsvollsten. Tumbe, geltungssüchtige Schläger-Typen sind dafür definitiv die Falschen.

 


 

Lesen Sie hier die Stellungnahme von den Verantwortlichen des Hippodroms:

 

Wir bedauern natürlich sehr, dass Herr K. eine unschöne Erfahrung beim Wiedereinlass in unseren Zeltbereich gemacht hat, bitten jedoch zu berücksichtigen, dass der Zugang zum Biergartenbereich und zum Zelt verwehrt werden kann, um die Sicherheit im Hippodrom zu gewährleisten und eine Überfüllung zu vermeiden. In diesem Fall müssen auf Grund von übergeordneten Sicherheitserwägungen leider die Wünsche einzelner Personen zurückgestellt werden. Dies gilt auch für Personen mit einer 80%igen Behinderung, deren Behinderung zudem für Außenstehende oft auch nicht auf Anhieb ersichtlich ist. Wir bitten auch zu bedenken, dass es für einen Ordner nicht möglich ist zu unterscheiden, welcher Gast sich nun tatsächlich bereits im Zeltbereich aufgehalten hat oder wer lediglich vorgibt Familie oder Freunde im Biergarten oder Zelt zu haben, um Einlass zu erhalten.

Nach Rücksprache mit unserem Sicherheitsdienst ist im Wachbericht für Samstag, den 24.09. auch lediglich vermerkt, dass der Biergarten um 13.00 Uhr wegen zu erwartender Überfüllung geschlossen werden musste.

Betonen möchten wir zudem, dass die Toilettenanlagen im Hippodrom nicht zu klein dimensioniert sind. Für unser Zelt stehen mehr Toiletten wie von der Stadt München vorgeschrieben für unsere Gäste zur Verfügung. Wie Herr K. ja geschildert hat, hatte er auch lediglich bei seinem zweiten Toilettenbesuch das Problem, dass sich vor der Toilettenanlage eine Schlange gebildet hatte. Insbesondere bei schönem Wetter an den Samstagen kann es durchaus sein, dass es trotz der höheren Toilettenanzahl zu kurzfristigen Engpässen an den Toilettenanlagen kommt.

 

 

 

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