Hilfe – ich soll den Strom meines Nachbarn bezahlen!

Über Monate hinweg laufen zwei Zähler auf die Garchingerin Michaela Mayr. Sie wehrt sich – stößt aber bloß auf taube Ohren.
Julia Lenders |
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Michaela Mayr, Baby Mads und eines der unerfreulichen Eon-Schreiben.
Petra Schramek Michaela Mayr, Baby Mads und eines der unerfreulichen Eon-Schreiben.

Beim Umzug ging alles glatt. Michaela Mayr (35) und ihr Lebensgefährte tauschten im vergangenen November einen Schwabinger Altbau gegen einen Garchinger Neubau. Ein neues Nest – schließlich war Baby Mads unterwegs. Der Ärger ging erst im neuen Jahr los. Ein Ärger mit drei Buchstaben: Eon.

Der Stromanbieter schickt der jungen Familie seit Monaten Mahnungen – obwohl sie gar keinen Vertrag mit ihm hat. Aber von vorne.

Drehbuch-Autorin Mayr war vor ihrem Umzug Stromkundin bei den Münchner Stadtwerken gewesen – und das wollte sie auch bleiben. Die lokale „Grundversorgung“ in Garching – also der Tarif, in den jeder Stromkunde erstmal automatisch eingestuft wird – kommt aber von Eon. Das Angebot dieses Stromanbieters hätte die Familie pro Jahr jedoch 34 Euro mehr gekostet als der SWM-Tarif. Also kümmerte sich Michaela Mayr gleich um den Wechsel – der ja eigentlich keiner war, sondern ein Bleiben beim alten Anbieter.

Noch im November, also dem Monat des Einzugs, kam ein Begrüßungsschreiben der Stadtwerke. „Der Vertragsbeginn konnte rückwirkend zum Einzug von Frau Mayr bestätigt werden“, erklären die SWM auf AZ-Anfrage.

„Alles perfekt“, meinte auch Michaela Mayr damals. Von wegen.

Ende Dezember trudelte das erste, noch harmlose Schreiben von Eon ein. „Vielen Dank für Ihre Anfrage“, stand darin. Die Bearbeitung nehme noch etwas Zeit in Anspruch. „Komisch!“, dachte Mayr, die gar keine Anfrage gestellt hatte. „Mal schauen, was da kommt.“

Es kam was. Im März. Wieder ein Begrüßungsschreiben. „Herzlich willkommen bei Eon Bayern Vertrieb“, stand da diesmal. Was auffiel: Bei den „Vertragsdaten“ fehlten Kontoverbindung oder Geburtsdatum der angeblichen Kundin. Daten, die den Konzern auch nichts angehen – denn zwei Stromanbieter wollte Mayr wirklich nicht haben. Sie bezahlte ja schon bei den SWM.

Ein Anruf bei der Eon-Hotline blieb erfolglos. Ein Mitarbeiter habe einen Rückruf versprochen, sagt Mayrs Lebensgefährte Hendrik Höhn. „Der kam aber nie.“ Zudem habe der Vertrieb auf die Kollegen vom Netz verwiesen. Und umgekehrt. Ergebnis seiner Mühen: null.

Im April stand plötzlich ein Eon-Techniker im Flur. Ohne Vorwarnung. Erstmals sei da die Rede von einer „Zählerverwechslung“ gewesen, erzählt Michaela Mayr. Sie sollte eine Lampe anmachen, während der Strom abgestellt wird. Die Lampe blieb die ganze Zeit an. Tatsächlich stellte sie fest: Beim letzten Schreiben hatte Eon die Wohnung im zweiten Stock rechts angegeben. Mayr und ihre Familie wohnen aber links. „Ich dachte, jetzt ist das erledigt.“ Doch Eon ließ sich nicht beirren.

Techniker-Besuch hin oder her: Im Mai trudelte die erste „Zahlungserinnerung“ ein. Über 27 Euro. Wieder bemühte die Familie die Hotline. Wieder ohne Erfolg. Mitarbeiter hätten zwar versprochen, sich zu kümmern. Doch das Problem blieb.

Auf eine schriftliche Beschwerde des Paares hin kam gar keine Reaktion. „Bitte unterlassen Sie es, uns Mahnungen und Zahlungsaufforderungen zu einem Zähler zu schicken, mit dem wir nichts zu tun haben“, hatten sie Ende Mai geschrieben. Kurz darauf lag die nächste Mahnung im Briefkasten.

Ob die Nachbarn, deren Zähler auf Michaela Mayr lief, je Strom bezahlt haben? Das habe sie nicht klären können, sagt die 35-Jährige. Sie seien fast nie daheim.
Mitte Juni machte sich Hoffnung breit. Da kam ein Eon-Brief mit dem Betreff „Zählerverwechslung“. „Es tut uns leid, dass Sie so viel Ärger hatten.“ Man werde sich melden, „sobald die Daten berichtigt wurden“. Die Meldung blieb aus. Dafür gab’s im Juli eine neue Mahnung. Über 48 Euro.

„Ich weiß nicht mehr, was ich dazu sagen soll“, meint Mayr. Sie und ihr Partner wollten keine Hotline mehr anrufen und Sätze hören wie: „Sie werden schon einen Vertrag haben, wenn’s in meinem Computer steht.“ Hendrik Höhn sagt: „Wir fühlen uns sehr belästigt.“

Als die AZ sich einschaltet, ist das Chaos rasch entwirrt. „Die vorliegende Konstellation ist sehr unglücklich“, sagt Maximilian Zängl vom Netzbetreiber Eon Bayern AG. „Im Ergebnis war Frau Mayr in der Tat über einige Monate hinweg auf zwei Zähler angemeldet.“

Der Vertrieb von Eon verweist darauf, dass Ausgangspunkt für die Verwirrungen auch eine Information des Bauträgers gewesen sei, wonach Zähler 478 auf Familie Mayr/Höhn laufen soll. Der gehört in Wirklichkeit aber eben zur Nachbarwohnung.

Irgendwann fiel die Umstimmigkeit auf. Darum kam der Techniker ins Haus. „Dort wurde die fehlerhafte Zuordnung des Zählers 478 festgestellt“, sagt Pressesprecher Zängl vom Netzbetreiber. „Allerdings erfolgte durch uns bedauerlicherweise keine Rückmeldung an den Stromversorger Eon Bayern Vertrieb, der somit die falsche Zuordnung nicht korrigieren konnte.“
Eon hat sich entschuldigt. Als Entschädigung gab’s einen Tank-Gutschein über 20 Euro.
 

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