Hilfe für die Stachelkinder

GERMERING - Vor 40 Jahren hat sie ihren ersten Igel gefunden. Mittlerweile bringt Annemarie Eckl (62), die Igelmama von Oberbayern, hunderte Igel über den Winter. Zurzeit herrscht bei Mama Eckl in Germering Hochbetrieb.
Petz schnuppert und tappst neugierig aus dem Stroh. Als Annemarie Eckl den kleinen Igel anstupst, rollt er sich langsam zusammen. „Mei, der ist ja völlig abgemagert. Und Zecken hat er auch“, ruft die 62-Jährige mitleidig aus. Eckl ist die Igelmama von Oberbayern. Zur ihr kommen die Stachelkinder, die zu leicht, zu krank oder zu jung sind, um den kommenden Winter zu überleben.
Zurzeit herrscht bei Mama Eckl in Germering Hochbetrieb. 60 Rühreier schlägt sie täglich auf – Futter für 80 Igel. „Bei dem vielen Regen haben die Mütter spät geworfen“, sagt die 62-Jährige während sie versucht, Petzs kleines Mäulchen zu öffnen. Seine Mutter hat ihn zurückgelassen, als die Vorbereitungen für den Winterschlaf begannen.
Gerade mal 116 Gramm wiegt der Kleine – viel zu wenig für seine fünf Wochen. Mit einer Spritze träufelt Mama Eckl dem kleinen Petz liebevoll Welpenmilch für Hunde ein. „Jetzt schluck halt“, flüstert sie der Hand voll Stacheln aufmunternd zu.
Derzeit sind Keller, Garten, Schuppen und das Haus bevölkert.
Vor 40 Jahren hat Eckl ihre erste Igeldame gefunden und sie durch den Winter gebracht. Jedes Jahr wurden es mehr und mehr Igel. Derzeit sind Keller, Garten, Schuppen und das Haus bevölkert. „Das ist schon ein bisserl viel“, sagt sie nachdenklich.
Wieder klingelt es an der Tür: Der abgegebene Igel liegt regungslos in der Box. In einem Federballnetz hatte er sich verheddert, tagelang gegen die enger werdenden Schnüre gekämpft. Die Vorderbeine sind geschwollen, die Augen geschlossen, Fliegen umkreisen Herrn Stachelig. „Das sieht schlecht aus“, sagt Eckl. „Die Fliegen legen Maden, die fressen die Kleinen förmlich von innen auf.“
Eckl gilt als Igel-Expertin. „Letztens kam sogar ein Anruf aus Sachsen.“ Dabei wäre es der gelernten Damenschneiderin lieb, wenn einige Familien die Findlinge bei sich überwintern würden. Doch in Boxen, Handtüchern oder Wäschekörben karrt die Region die Tiere zu ihr. „An manchen Tagen kommen bis zu 17 Stück an.“
Zeit für einen Kaffee bleibt kaum. „Mein Mann Ludwig sagt immer, er hängt ein Bild von mir auf, damit er mich mal sieht.“
Auch jetzt muss Ludwig zurückstehen. „Na, was bist du für einer? begrüßt Eckl den nächsten Ankömmling. Das Tier fängt an zu fiepen. Da wird selbst „Omi“ in der Holzkiste wach. Sie ist Eckls Liebling. Omi ist blind, betagt, eine kleine Diva. Sie schnuppert, nach dem ersten Schritt aus der Box igelt sie sich im Stroh ein. Für sie ist noch keine Essenszeit. Erst sind die Kleinen dran.
A. K. Koophamel