Hier werden die letzten Wünsche von Todkranken erfüllt

Der ASB bringt Todkranke wie Horst E. mit seinem neuen "Wünschewagen" an den Ort ihres Herzens.
von  Nina Job
Schauspielerin Janina Hartwig (55) im Wünschewagen.
Schauspielerin Janina Hartwig (55) im Wünschewagen. © Petra Schramek

München - Ein letztes Mal nach Hause. Dem Hospiz noch einmal den Rücken kehren und heimfahren zu seiner Uschi. In das Häuschen in Trudering, in dem sie jahrelang zusammen gelebt haben mit ihren Hunden.

Horst E. (56) hatte nur noch diesen Wunsch im Angesicht des Todes. Er weiß, dass ihm nicht mehr viel Zeit bleibt.

Vor zwei Wochen hat der Arbeiter Samariter Bund München/Oberbayern (ASB) den Traum des 56-Jährigen erfüllt. Es war gleichzeitig die erste Fahrt mit dem "Wünschewagen". Seit Juni verfügt der Wohlfahrtsverband nun auch in Bayern über einen eigens für diesen Zweck angeschafften Krankentransportwagen. Im Unterschied zu normalen Sankas ist der rund 100.000 Euro teure Wünschewagen rundum verglast, damit Schwerstkranke im Liegen hinausschauen könnten. Die Liege ist gepolstert, das Laken aus Baumwolle statt aus Papier. In die Decke sind viele, kleine Lämpchen eingelassen, die an Sterne erinnern.

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"In einer Zeit, in der Krankheit, Sterben und Schwäche zunehmend tabuisiert werden, möchten wir Sterbenden die Möglichkeit geben, noch einmal Teil unserer Gesellschaft zu sein", sagt ASB-Geschäftsführer Christian Boenisch am Freitag bei der Vorstellung des Wünschewagens. "Menschen, die sterben, wollen spüren, dass sie leben", sagt Projektleiterin Marion Kotowski. Der ASB hat für dieses Projekt prominente Unterstützung bekommen: Schauspielerin Janina Hartwig ("Um Himmels Willen") fährt selbst mit. Sie begleitet Horst E. bei seinem letzten Besuch zu Hause.

Auf der Kaffeetafel liegen Luftballons mit "Ich liebe dich"

Als der 56-Jährige in Trudering ankommt, hat seine Uschi längst alles liebevoll für ihn vorbereitet. Sie hat dem passionierten Pfeifenraucher eine Pfeife gestopft, falls er rauchen möchte. Sie hat Kuchen gebacken, den Rasen gemäht und das Dirndl angezogen, das er so an ihr mag. Und sie hat auf der Terrasse den Tisch geschmückt. Zwischen dem Kaffeegeschirr liegen Girlanden und rote Luftballons mit der Aufschrift "Ich liebe dich". Die Hunde springen Horst E. freudig entgegen.

Das ASB-Team lässt eine Telefonnummer da und wartet ein paar Häuser weiter, bis es wieder gerufen wird. Dann ist das Paar allein, blickt in den Garten, redet. Der Regen, der über ihnen auf die Pergola prasselt, stört sie nicht.

Später wird Horst E. wieder zurück ins Hospiz gebracht. Das ASB-Team schenkt ihm und seiner Frau noch ein kleines Album mit Fotos von diesem Tag als Erinnerung. Ein Foto-Apparat und ein Mini-Drucker gehören ebenfalls zur Ausstattung des Wünschewagens.

Zwei bis drei Anfragen wöchentlich bekommt der ASB derzeit. Christian Boenisch rechnet damit, dass es bald täglich so viele werden. Das Projekt ist auf Spenden angewiesen – für die Todkranken und ihre Nächsten ist der Einsatz kostenlos. Auch sucht das Team, das derzeit aus 15 Männern und Frauen besteht, dringend personelle Unterstützung, 50 Ehrenamtliche sollen es werden. Da in jedem Zweier-Team auch ein medizinisch ausgebildeter Helfer sein muss, hofft der ASB auch auf Helfer aus den Bereichen Gesundheit und Pflege, Psychologie, Rettungsdienst, Feuerwehr und Polizei.


Wer einem Sterbenden einen letzten Wunsch erfüllen möchten, wende sich bitte an den ASB (www.wuenschewagen.de). Spenden an: Stadtsparkasse München, IBAN: DE09701500000043144443 BIC: SSKMDEMM Verwendungszweck: Wünschewagen

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