Hier sollen in München neue Freiräume entstehen

München ist eine Asphaltwüste: Keine andere Stadt in Deutschland ist so eng bebaut wie die Isarmetropole. Landschaftsarchitekten wollen deshalb gegensteuern – mit verwegenen Ideen.
von  Florian Zick
Überdimensionierte Verkehrsflächen wie hier am Oskar-von-Miller-Ring könnten zurückgebaut und bepflanzt werden.
Überdimensionierte Verkehrsflächen wie hier am Oskar-von-Miller-Ring könnten zurückgebaut und bepflanzt werden. © az

München - München ist in Deutschland schon jetzt die Stadt mit der größten Bevölkerungsdichte. Auf einem Hektar leben hier im Schnitt 47 Menschen. In Berlin sind es nur 38. München wächst derzeit aber auch noch rasant. Da kann man sich leicht ausrechnen, was das für die Zukunft bedeutet.

Der Stadtrat hat vor einiger Zeit deshalb eine Studie in Auftrag gegeben. Landschaftsarchitekten sollten klären, wie man den Münchnern wieder etwas mehr Freiraum verschaffen kann. Nun liegen die Ergebnisse der Studie vor – und die beinhalten durchaus ein paar verwegene Vorschläge. So schlägt das mit der Studie beauftragte Berliner Büro Becker Giseke Mohren Richard unter anderem folgende Maßnahmen vor:

Mülldeponien planieren und zu Parks umgestalten: Beim Bau der Allianz Arena sei es schon einmal gelungen, einen früheren Unort salonfähig zu machen. Dieses Kunststück traut das Planungsbüro der Stadt auch ein weiteres Mal zu. Picknick auf ehemaligen Deponien?

Öffentliche Gebäude am Wochenende zugänglich machen: Vor Behörden gibt oft Parkplätze oder andere Abstellflächen, die nur zu Betriebszeiten genutzt werden. Am Wochenende oder an Feiertagen stehen diese leer. Schade eigentlich, finden die Macher der Freiraum-Studie. Denn skateboarden oder Badminton spielen im Behördenhof – das hätt’ schon was.

Dachflächen zu Hochparks umgestalten: Viele Hochhäuser in München haben Flachdächer. Die meisten davon liegen nur brach da. Dabei könnte man auch diese Flächen sinnvoll nutzen. Kräutergärten, Hochparks – auch zum Open-Air-Kinosaal ließe sich so ein Dach ohne großen Aufwand umbauen.

Verkehrsknoten zurückbauen: Recht üppige 4000 Hektar sind in München mit Asphalt belegt. Da könnte man ansetzen. Abbiegespuren abzwacken, die Verkehrsführung ändern oder Verkehrsinseln einfach auflösen – schon hat man mehr Platz. Den gewonnenen Raum kann man bepflanzen. Auch das kann dazu beitragen, dass man sich nicht mehr so eingeengt fühlt.

Wertstoffhöfe als Veranstaltungsfläche nutzen: Wertstoffhöfe sind für uns bislang nur Orte, wo man sein Gerümpel abladen kann. Das Potenzial dieser Plätze ist damit aber längst nicht ausgeschöpft. Das Büro Becker Giseke Mohren Richard schlägt vor, dort Reparatur-Cafés, Flohmärkte oder Tauschbörsen zu veranstalten. So wird aus dem Wertstoffhof ein sozialer Anlaufpunkt.

In der Studie sind noch einige weitere Ideen enthalten. Was die Stadt daraus macht, ist noch offen. Klar aber ist, dass etwas passieren muss. Wenn man nämlich Parks, Friedhöfe, Sportanlagen und alle öffentlichen Flächen, die irgendwie frei und grün sind, zusammenzählt, dann kann jeder Münchner für sich nicht einmal mehr 77 Quadratmeter Freiraum reklamieren. München ist unter den deutschen Großstädten damit mit Abstand das Schlusslicht.

Andere Städte, in denen es ähnlich eng zugeht, haben bereits reagiert: London möchte die grünste Metropole der Welt werden und hat sich ein 100-Plätze-Programm verordnet. New York will bis 2030 eine Million Bäume pflanzen. Auch in Hamburg fahnden Stadtplaner in der dicht bebauten Innenstadt nach neuen Freiräumen.

Vor diesem Hintergrund klingt ein Picknick auf der Mülldeponie gleich viel attraktiver als beim ersten Hören. Sollen sich die Leute im Englischen Garten nicht irgendwann stapeln, dann muss man eben auch für ausgefallene Vorschläge offen sein. Es werden in jedem Fall, so stellt die Freiraum-Studie fest, „auch neue Wege zu gehen sein“.

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