Hier können einsame Senioren in München Weihnachten feiern

Die Sozialarbeiterin Anna Kunkel ist Streetworkerin für Senioren. In Sendling geht sie auf hilfsbedürftige Ältere zu – und zeigt ihnen unkompliziert und unbürokratisch, wie sie sich Hilfe holen können.
von  Emily Engels
Einsamkeit hat viele Gründe – für Betroffene gibt es viele Hilfsangebote.
Einsamkeit hat viele Gründe – für Betroffene gibt es viele Hilfsangebote. © imago

München - Bevor sie die Senioren anspricht, beobachtet Anna Kunkel erst einmal: Halten sie sich regelmäßig für längere Zeit an öffentlichen Plätzen auf? Haben sie Schwierigkeiten, ihre Einkäufe zu tragen?

Seit Mai 2019 ist Anna Kunkel als Senioren-Streetworkerin zweimal in der Woche in Sendling unterwegs, um auf der Straße denen zu helfen, die einsam sind oder Probleme haben, es aber nicht ins Alten- und Servicezentrum (ASZ) der Arbeiterwohlfahrt (Awo) schaffen. "Aber immerhin noch raus aus der Wohnung auf die Straße", sagt Anna Kunkel.

Das Angebot wurde im Frühjahr vom Stadtrat beschlossen, seitdem wird es aktuell von vier ASZ angeboten: in Sendling, im Westend, in Milbertshofen und in Harlaching.

Streetworkerin setzt sich für einsame Senioren in München ein

Anna Kunkels Route durch Sendling führt entlang mehrerer Plätze und Parks sowie Supermärkte. Hat die Sozialarbeiterin die Senioren eine Zeit lang beobachtet, sucht sie das Gespräch. "In den meisten Fällen sind die Senioren sehr offen dafür", erzählt die Sozialarbeiterin, die, wenn sie nicht Streetworkerin ist, als Beraterin im ASZ Sendling arbeitet.

Denn, erklärt sie: "Auf der Straße im Gespräch mit mir müssen die Senioren sich nicht erst irgendwo anmelden oder registrieren, da ist die Hemmschwelle viel geringer."

Oft vertrauen die Senioren ihr deshalb recht schnell ihre Sorgen und Probleme an. Das kann Einsamkeit und Trauer sein, Krankheit, finanzielle Probleme, Wohnungsnot oder auch Sucht. "Vor allem Alkohol sehen einige einsame Senioren als Möglichkeit zum Anschluss an eine Gruppe – auch auf der Straße", sagt Anna Kunkel.

"Mit manchen Senioren treffe ich mich für ein Gespräch"

"Oft kommt zu den Problemen die Angst, fremdbestimmt zu sein, sobald man sich Hilfe holt", erklärt sie. Ihr Ziel ist es dann zunächst, Vertrauen aufzubauen. "Mit manchen Senioren treffe ich mich dann für ein Gespräch auf einen Kaffee, andere laden mich zu sich nach Hause ein" erzählt sie.

Sie erzählt ein Beispiel von einem Mann, den sie am Harras angesprochen hat, weil er seine schweren Einkaufstüten kaum mehr selbst tragen konnte.

Nach und nach stellte sich heraus, dass der Mann große finanzielle Probleme hat. Nach einiger Zeit hat er Vertrauen zu der Sozialarbeiterin aufgebaut – und um einen Hausbesuch gebeten. Dort stellte sich heraus, dass er dringend eine neue Matratze und Hilfe im Haushalt braucht. Anna Kunkel hat daraufhin Stiftungsmittel beantragt.

Gleichzeitig hatte der Senior den Kontakt zu seiner Tochter verloren – und das sehr bedauert. Kunkel half ihm dabei, sie anzuschreiben. Andere Senioren gehen nach Gesprächen mit Anna Kunkel jetzt regelmäßig zum Mittagstisch ins ASZ.

Gibt es in München bald mehr Senioren-Streetworker?

ASZ-Leiter Kai Weber freut sich über jeden Erfolg – der Besuch des Mittagstisches ist für ihn schon ein riesiger: "Erfahrungsgemäß nehmen Senioren, die zum Mittagstisch kommen, nach und nach auch andere Angebote im ASZ wahr", erzählt Weber.

Dazu gehören verschiedene Stammtische und Veranstaltungen sowie 40 verschiedene Gruppen und Kurse.

SPD-Vize-Fraktionschefin und Awo-Mitarbeiterin Anne Hübner will, dass es die Senioren-Streetworker bald in allen 32 ASZ in ganz München geben soll – ihre Fraktion stellt dazu jetzt einen Stadtratsantrag. Hübner findet: "Dieses Projekt halte ich für einen ganz wichtigen Weg, um verdeckte Notlagen und Armut aufzudecken."


Hier können einsame Münchner an Heiligabend gesellig sein

Allein Heiligabend verbringen? Muss in München niemand. Einige Kirchen und soziale Einrichtungen bieten an, das Fest in Gemeinschaft zu feiern – oft kostenlos.

  • Essen, ratschen, lachen, Leute kennenlernen: Jeder, der mag, kann an Heiligabend (24.12.) von 18 bis 20 Uhr kostenlos zum Weihnachts-Festessen der Mariahilfkirche in der Au kommen. Gefeiert wird in zwei Räumen: in der Herberge der Pfarrei Mariahilf (Herrgottseck 2) und im (Pfarr-) Saal des Hotels Marias Platzl (Mariahilfplatz 4; Eingang Sammtstraße). Das Fest organisieren die Ehrenamtlichen um Andrea Lissner und Günes Seyfarth, gekocht wird aus Lebensmitteln, die Supermärkte, Gastronomen, das Tollwood-Winterfestival und Privatleute spenden.
  • Auch die Christuskirche in Neuhausen feiert an Heiligabend ein Fest für alle. Von 18 bis 21 Uhr gibt es ein kostenloses festliches Essen, die Weihnachtsgeschichte wird gelesen und gemeinsam gesungen (Gemeindehaus, Dom-Pedro-Platz 5; ohne Anmeldung).
  • Traditionell lädt der Katholische Männerfürsorgeverein (KMFV) an Heiligabend 700 wohnungslose Menschen ins Hofbräuhaus. Weihbischof Rupert Graf zu Stolberg liest das Weihnachtsevangelium. 100 Ehrenamtliche helfen beim Dekorieren, Lebensmittelsammeln, Kochen (Hackbraten mit Spätzle) und Geschenkeverpacken mit. Der KMFV hat die kostenlosen Tickets vorab schon weitgehend vergeben.
  • Am ersten Weihnachtsfeiertag (25. Dezember) öffnen sich die Tore der Herz-Jesu-Kirche in Neuhausen und am 26. Dezember die von Mariä Sieben Schmerzen im Hasenbergl für geflüchtete Kinder und Erwachsene aus der Bayernkaserne, alte Menschen aus Heimen, Obdach- und Mittellose.

Noch kein Angebot dabei? Die Münchner Insel im Untergeschoss des Marienplatzes hat eine Liste mit weiteren offenen Festen (geöffnet: 23. Dezember 9-18 Uhr; 24. Dezember 9-13 Uhr, % 22 00 41.

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