Heubisch träumt von neuer Isar-Philharmonie

Ein futuristischer Bau und große Freitreppen – eine neue Studie lässt München von einem neuen Musiksaal träumen. Ein Neubau neben dem Deutschen Museum ist laut Studie möglich – die Diskussion ist damit aber noch lange nicht vom Tisch.
München – Der futuristisch anmutende Konzertsaal schwebt förmlich über seinem Betonsockel, auf einer großen Freitreppe an der Isar sitzen Besucher in der Sonne. Wenn es nach einer Studie geht, könnte ein neuer Münchner Konzertsaal auf der Museumsinsel in der Isar genau so aussehen. Entwickelt haben das Modell Bauexperten der Firma HPP Architekten aus Düsseldorf. Bayerns Kunstminister Wolfgang Heubisch (FDP) stellte die Studie am Montag in der Bayerischen Staatskanzlei Vertretern des Bayerischen Rundfunks, des Deutschen Museums und dem Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) vor.
Das Ganze, so betont Heubisch, sei nur ein Vorschlag. Sollte es zu einem Neubau kommen, werde es natürlich eine Ausschreibung und einen Architektenwettbewerb gehen. Erstmal sei es nur darum gegangen, zu prüfen, ob ein Konzertsaal auf der Isar-Insel überhaupt möglich ist, ohne dem Deutschen Museum, das 400 Millionen Euro schwere Expansionsabsichten hat, die Luft zum Atmen zu nehmen.
Das geht, sagt nun die Studie, die Heubischs Ministerium im vergangenen Jahr – nach einigen Querelen im Landtag – in Auftrag gegeben hat. Für einen Neubau müsste allerdings die denkmalgeschützte alte Kongresshalle abgerissen werden. In der Kurzfassung der Studie spielt das allerdings keine Rolle – zum Unverständnis von Denkmalschützern. „Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege hat kein Verständnis dafür, dass die Studie den Denkmalschutz, den der Bau genießt, mehr oder weniger als Nebenaspekt und Dispositionsmasse behandelt“, erklärt Generalkonservator Egon Johannes Greipl.
Zwar ist laut Studie auch eine „Bestandslösung“ denkbar, bei der der Kongresssaal zumindest sein äußeres Erscheinungsbild behalten könnte, die Untersuchung macht aber aus ihrer Vorliebe für einen Neubau keinen Hehl. Und auch Heubisch hatte stets gesagt, eine „kleinbürgerliche Münchner Lösung“ komme ihm keinesfalls in die Tüte. „Insbesondere die Neubaulösung weist eine Reihe wesentlicher Vorteile auf, die einen erheblichen Mehrwert für das Deutsche Museum und die Möglichkeit einer städtebaulich attraktiven, offenen Gestaltung der Museumsinsel mit sich bringen“, heißt es jetzt auch in der Studie.
Konkret könnte das bedeuten: Konzertsaal und Zukunftsforum des Museums teilen sich den Haupteingang, Foyerbereiche, Restaurant, Garderoben, Ticketschalter und große Terrassen zu beiden Isar-Seiten. Das Museum erhält „großzügig dimensionierte Ausstellungs- und Vortragsräume“. Die Anforderungen der „Zukunftsinitiative“ würden vollständig erfüllt, verspricht die Studie. Gleichzeitig sollen bis zu 2000 Menschen im neuen Saal, der durch eine transparente Außenhülle erkennbar sein soll, Platz finden können. Möglich sei auch eine gemeinsame Tiefgarage für Museum und Musiksaal – mit sage und schreibe 300 Stellplätzen. Wie teuer das Ganze werden könnte, dazu schweigt die Studie.
Das Kuratorium des Deutschen Museums, das sich nun bis auf eine weitgehend inhaltsleere gemeinsame Mitteilung mit dem Ministerium nicht zur Studie äußern wollte, hatte die Pläne für einen neuen Konzertsaal auf dem Gelände stets überaus kritisch betrachtet. Befürchtet wird eine Interessenskollision zwischen der geplanten, fast 400 Millionen Euro teuren Weiterentwicklung des Museums und den musikalischen Plänen.
Die Diskussion um einen neuen Münchner Musiksaal läuft seit Jahren, wenn nicht gar Jahrzehnten. Der Bayerische Rundfunk hätte ihn gern für sein bislang heimatloses Symphonieorchester, außerdem steht die Philharmonie im Gasteig – nur einen Steinwurf vom möglichen Standort eines neuen Saales entfernt – immer wieder wegen mangelhafter Akustik in der Kritik. „Wir begrüßen es, dass die Machbarkeitsstudie eindeutig erbracht hat, dass sich Musik und Naturwissenschaft an diesem Standort sehr gut ergänzen“, betonte der stellvertretende BR-Intendant Albrecht Hesse.
Die rotgrün-regierte Stadt München und auch die Landtags-SPD sehen die millionenschweren Pläne von BR und Kunstministerium von jeher überaus kritisch, bezeichnen sie gerne als Luxusproblem. Immer wieder wird auch das Schreckgespenst Elbphilharmonie beschworen. Die kulturpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Isabell Zacharias, zeigte sich am Montag dann auch entsprechend empört darüber, dass Heubisch die Ergebnisse zuerst in kleiner Runde in der Staatskanzlei und nicht im Landtag präsentierte.
„Es ging heute nicht darum, eine Entscheidung zu fällen, sondern eine breite Diskussion sowohl in den Entscheidungsgremien des Museums, im Landtag, mit dem Bayerischen Rundfunk, der Stadt München, als auch dem Bund anzustoßen“, betonten Heubisch und der Kuratoriumsvorsitzende des Museums, Rainer Salfeld, in ihrer gemeinsamen Mitteilung. Diese breite Diskussion dürfte nun unverändert weitergehen. Vielleicht gibt es nun aber, wie Heubisch hofft, „eine wichtige Grundlage“.