Herzenssache: Münchner läuft 1000 Kilometer für die Liebe

Um seine Ex-Freundin zurückzuerobern, hat sich Daniel Nerlich (35) von Rügen aus auf den Weg nach Gräfelfing gemacht. „Ich finde es einfach sehr schade, dass die Beziehung zu Ende ist“, sagt er.
von  Anne Hund
Der 35-Jährige ist unterwegs selten allein. Hier hält eine Dame sein Herz hoch. „Auf meiner Reise treffe ich viele hilfsbereite Menschen.“
Der 35-Jährige ist unterwegs selten allein. Hier hält eine Dame sein Herz hoch. „Auf meiner Reise treffe ich viele hilfsbereite Menschen.“ © privat

München - "Ich bin Daniel, 35 Jahre alt. Normalerweise wohne ich in Gräfelfing“: So beginnt die Geschichte eines sympathischen Mannes, der zurzeit von der Insel Rügen bis nach Oberbayern läuft. Kein Scherz. Der Münchner hat sich Großes vorgenommen. Aus Liebe.

Gestartet ist Daniel Nerlich auf Rügen am 29. Juni. Schon mehr als 600 Kilometer hat er mit seinen Bergschuhen zurückgelegt. Insgesamt ist sein Weg knapp 1000 Kilometer lang. Sein Ziel ist seine Heimat Gräfelfing. In München wird er wohl Mitte nächster Woche ankommen.

Warum der große Blondschopf quer durch Deutschland wandert? Daniel Nerlich überlegt nicht lange: „Weil ich ein Herz zurückerobern möchte.“

Denn in Gräfelfing lebt auch Daniels Traumfrau mit ihrem kleinen Sohn. Die beiden waren drei Jahre lang ein Paar. Sie hatten schon die Schlüssel für die gemeinsame Wohnung. Doch dann ging die Beziehung auseinander. In Seedorf auf Rügen haben Daniel und seine Liebeste noch einen gemeinsamen Urlaub verbracht. Es waren glückliche Tage. Jetzt würde er sie und den Buben gerne wieder sehen.

Um seine Liebe zu beweisen, hat sich Daniel Nerlich also auf den Weg gemacht. Auf seiner Reise treffe er immer wieder auf „sehr viele tolle Menschen“, sagt er nach einem langen Wandertag. Die Anstrengung lässt er sich nicht anmerken. Egal, was passiert ist, er wolle gerne „locker bleiben“, sagt er mit fröhlicher Stimme, als ihn die AZ am Telefon erreicht. Dann erzählt er von seiner Rast am Lagerfeuer in der Nähe von Hof. Der 35-Jährige klingt in dem Moment nicht unglücklich. Seine große Liebe kann und will er aber nicht vergessen. „Ich finde es einfach sehr schade, dass es zu Ende ist.“

Bislang hat er auf seinem Fußmarsch eine gute Kondition bewiesen. Er ist fit und trainiert. Über Potsdam, Halle und Gera ist er im Zick-Zack-Kurs durch Ostdeutschland gelaufen. Jetzt, am vergangenen Wochenende, hat er die bayerische Grenze passiert. Auch in Bayreuth, Nürnberg und Regensburg macht er Station.

In seinen Gedanken ist der 35-Jährige fast schon daheim in Gräfelfing: Die Frau, die er noch immer liebt, erwarte dort ein Baby. Er wäre als Vater gern an ihrer Seite, wenn das Kind auf die Welt kommt, sagt er.

Auf seinem Reiseblog (daniels-weg.de) kündigt der 35-Jährige deshalb an: „Ich werde mir vermutlich Blasen laufen – kein Problem. Ich werde in Regen und Sturm nass werden – kein Problem. Ich werde sicher einiges an Scheiß erleben – kein Problem. Hauptsache: Am Ende werden wir eine Familie!“ Ob der Wahl-Gräfelfinger es wirklich zurück bis nach München schafft? Die Wanderschuhe drücken schon, gesteht er. An den Füßen hat er Blasen, die er in den Pausen verarzten muss. Aber Daniel Nerlich jammert nicht. Fast ein wenig ansteckend ist sein Optimismus.

Auf dem Rücken trägt der Wanderer ein großes Herz spazieren. Es leuchtet rot auf dem Stück Karton, das er an seinen grünen Rucksack geheftet hat. „Das Herz hat für mich eine bestimmte Bedeutung“, verrät er. Denn so ein Herz habe er seiner Liebsten früher einmal gebastelt – die er nun so sehr vermisst. Das Herz habe er ihr vor etwa einem Jahr geschenkt, „es war für ihre Wohnung“. Jetzt also trägt der Verliebte es symbolisch bis zu ihr nach Hause.

Etwa 30 Kilometer legt der drahtige Kerl an einem Tag zurück. Von Beruf ist er Autoverkäufer. Für seinen „Liebesmarsch“ hat er unbezahlten Urlaub genommen. Zurzeit lebt er von seinem Ersparten.

Auf Facebook und auf seinem Blog schreibt der 35-Jährige in regelmäßigen Abständen über die Reise: Auf dem Weg macht Daniel immer wieder Halt auf Campingplätzen oder in Jugendherbergen. Viel mehr als seinen Rucksack und sein Zelt braucht er dabei nicht. Er lacht. „Das ist ja schließlich kein Urlaub, was ich hier veranstalte.“

Zur Not schlafe er schon auch mal auf der Kirchenbank, sagt er. Oder er macht ein Nickerchen auf dem Spielplatz. „In Bad Elster hab’ ich zudem ein Klassik-Konzert besuchte, da waren drei Leute, die da gespielt haben. Danach habe ich auf der Freilichtbühne übernachtet.“

Auch Familien hätten ihn unterwegs schon zum Übernachten oder zum Essen eingeladen, freut er sich.

Im bayerischen Hof angekommen fand er in der Pilgerherberge am Klosterhof Unterschlupf. „Dort kommen auch die Jakobswegwanderer an.“ Es gibt nur ein Zimmer und vier Betten. Die Nacht kostet etwa acht Euro. Nebenan betreibe die Diakonie ein Altenheim. Die Bewohner hätten sich rührend gekümmert. „Ich habe sie richtig ins Herz geschlossen.“

Die ungewöhnlichste Begegnung? In Brandenburg hat sich Daniel Nerlich das Schloss Ribbeck mit Theodor Fontanes „Birnbaum“ angeschaut. Auch der dortige Ministerpräsident Dietmar Woidke war zu Besuch. „Er hat beim Rundgang mein Herz auf dem Rucksack gesehen, mir alles Gute gewünscht und gesagt: Das mit meiner Freundin wird schon wieder!“

Auf Facebook erhält der Wanderer viel Zuspruch. Jetzt hofft er, dass auch seine große Liebe positiv auf die schweißtreibende Aktion reagiert. Doch noch hat sie sich nicht bei ihm gemeldet.

 

 

 

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