Helmut Markwort auf dem roten Sofa der AZ: "Totale Fehlkonzeption" bei den Öffentlich-Rechtlichen

Am Dienstagabend war Journalist und Politiker Helmut Markwort zu Gast auf dem roten Sofa der Abendzeitung. Die große Frage: Wie sieht die aktuelle Berichterstattung in der deutschen Medienlandschaft aus?
von  Christa Sigg
Helmut Markwort auf dem roten Sofa der AZ.
Helmut Markwort auf dem roten Sofa der AZ. © Daniel von Loeper

Helmut Markwort auch nur halbwegs korrekt vorzustellen, hätte den Abend gesprengt. So prall ist dieses Journalisten-, Verleger-, Radiogründer- und Politiker-Leben. Es gab allerdings in grauer Vorzeit eine Stippvisite bei der Nürnberger Abendzeitung, seinerzeit war das noch das 8-Uhr-Blatt. Mit gerade mal 24 Jahren ist er dort 1960 Lokalchef geworden.

Insofern darf man Markworts Auftreten oder besser sein Aufsitzen auf dem roten Sofa der Münchner Abendzeitung als schöne Rundung dieser Karriere sehen. Das intensive Rot mochte dem FDP-Landtagsabgeordneten zwar nicht so wirklich behagen – es sei schwer gewesen, 1993 bei der Gründung des "Focus" Redakteure zu finden, die nicht links waren.

Moderator Adrian Prechtel auf der Bühne im Barocksaal des Deutschen Theaters.
Moderator Adrian Prechtel auf der Bühne im Barocksaal des Deutschen Theaters. © Daniel von Loeper

Doch man merkt zugleich, dass es Markwort neben der eigenen Positionierung vor allem um den Ausgleich, um die Gegenrede geht: "Das sind die Grundlagen der Demokratie." Dem von ihm sehr geschätzten "Spiegel" wollte der Liberale etwas entgegensetzen und betont: "Ich war immer gegen Monopole!"

Markwort: Gesunde Kontrolle gibt es nur noch im Lokalen

Mittlerweile sei das Meinungsspektrum nah beieinander, die Informationsbeschaffung nicht mehr so breit aufgestellt wie vor 20, 30 Jahren. "Wirtschaftlichkeit spielt eine große Rolle, die Verleger denken McKinsey-mäßig", sagt Markwort. Das hätte zur Folge, dass Korrespondenten abgebaut würden oder eine einzige Person von Berlin aus zehn, zwanzig Zeitungen – auch Konkurrenten – mit Parlamentsberichten versorgen müsste. Eine ungute Konzentration. "Das Nadelöhr dpa wird immer mächtiger und hat eine immense Verantwortung", beobachtet der 86-Jährige.

Es fehlt für ihn eine gesunde Kontrolle, die nur mehr im Lokalen gegeben sei. Leserinnen und Leser könnten selbst überprüfen, ob ein Bericht der Realität entspricht. Und München sei mit fünf Tageszeitungen ziemlich gut dran. Er selbst liest fünf, nimmt sich Zeit für lange Texte. Es gebe weniger Leser, mehr Klicker, man informiere sich oberflächlicher, vermutet Markwort.

ZDF und ARD senden die Beerdigung der Queen – absurd!

Das sei in der Pandemie anders gewesen: "Die Menschen haben Hilfe gesucht, die Medien sich ins Zeug gelegt." Und Corona hätte gezeigt, dass man sich auf den Journalismus verlassen könne. Dennoch bemängelt der ehemalige Chefredakteur, dass zu wenig Widerspruch etwa in den TV-Talkrunden vertreten war. Abgesehen davon sei es immer interessant, einen Mephisto am Tisch zu haben.

Helmut Markwort war am Dienstagabend auf dem roten Sofa der AZ zu Gast.
Helmut Markwort war am Dienstagabend auf dem roten Sofa der AZ zu Gast. © Daniel von Loeper

Und die Öffentlich-Rechtlichen? Da ist der ansonsten eher gemütliche Stichler schnell auf der Palme. Deutschland würde sich mit Gebühren von 8,4 Milliarden Euro den teuersten Rundfunk der Welt leisten, und nicht einmal die Hälfte davon fließe ins Programm: "Ein unsägliches Missverhältnis." Natürlich sei da die Altersversorgung, die die Sendeanstalten zu tragen haben, "diese totale Fehlkonzeption". Aber da sei auch ein unfassbar aufgeblasener Verwaltungsapparat. "Und alle meinen, alles machen zu müssen."

Dass ZDF und ARD zugleich von der Beerdigung der Queen berichten, ist für Markwort nicht nachvollziehbar. Sein Plädoyer: Zusammenlegen, wo es möglich ist, und dafür mehr und besseres Programm bieten. Auch im Sinne journalistischer Seriosität und der Demokratie.


Am Donnerstag (9. März), 20 Uhr (Einlass 19.30 Uhr), sitzt Kammerspiele-Intendantin Barbara Mundel auf dem roten Sofa im Barocksaal des Deutschen Theaters zum Thema: "Was wollen die Zuschauerinnen und Zuschauer?" (Abendkasse, 14 Euro, Barzahlung, Häppchen und Getränke inklusive)


Anmerkung der Redaktion: Das rote Sofa wurde von Möbel Höffner zur Verfügung gestellt.

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