Heizkraftwerk Nord: Abschalten oder nicht? Die Argumente

Am Sonntag entscheiden die Münchner über die Zukunft des Heizkraftwerks-Nord. Beide Seiten haben gute Argumente. Die AZ sortiert kurz vor der Abstimmung noch einmal die Fakten.
von  Florian Zick
ÖDP
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München - Die Bundestagswahl ist erst ein paar Wochen her, da werden die Münchner schon wieder an die Urnen gebeten. Dieses Mal geht es um einen Bürgerentscheid: Soll der Kohleblock vom Heizkraftwerk-Nord in Unterföhring schon 2022 stillgelegt werden – oder besser nicht?

Die Frage ist hochkomplex. Kurz vor der Abstimmung leitet die AZ Sie deshalb noch einmal durch die wichtigsten Fragen. Machen Sie den Gedankengang mit – vielleicht hilft Ihnen das bei einer Entscheidung für Sonntag:

Warum soll das Kraftwerk stillgelegt werden?

Im HKW-Nord werden jedes Jahr rund 1,7 Millionen Tonnen Kohlendioxid ausgestoßen. Das Kraftwerk bläst damit ähnlich viel Dreck in die Luft wie der gesamte Münchner Straßenverkehr.

Dann würde die Co2-Belastung also halbiert?

Ganz so einfach ist es leider nicht. Denn natürlich bräuchten die Münchner weiter Strom und Wärme. Man müsste also entweder die Leistung des gasbetriebenen Heizkraftwerks-Süd hochfahren oder Kapazitäten von außen zukaufen. In beiden Fällen würde aber wieder CO2 anfallen. Der Einspar-Effekt würde dadurch also zumindest deutlich reduziert.
Kann man die Leistung des Kohleblocks nicht anderweitig ersetzen?

Doch, man könnte im Norden ein zweites Gaskraftwerk bauen. Das wäre sauberer, würde aber viel Geld kosten. Und eigentlich wollen sich die Stadtwerke auch kein fossiles Kraftwerk mehr ans Bein binden, sondern lieber in erneuerbare Energien investieren. Die Geothermie wird allerdings erst in etwa 20 Jahren so ausgebaut sein, dass sie eine wirkliche Alternative ist.

Droht in München dann ein Versorgungsnotstand?

Nein, soweit wird es nicht kommen. Experten gehen davon aus, dass sich im Fall eines positiven Bürgerentscheids die Bundesnetzagentur einschalten wird. Deren Aufgabe ist es, sicherzustellen, dass überall in Deutschland die Versorgung gewährleistet ist. Weil derzeit keine Ersatzkapazitäten da sind, wird die Behörde deshalb wohl ihr Veto einlegen, sollten die Münchner am Sonntag für Abschalten stimmen.

Dann hat die Abstimmung doch gar keinen Sinn, oder?

Ganz so ist es auch nicht. Denn auch, wenn sich mit dem Bürgerentscheid kein Abschalten erzwingen lässt: Die Politik setzt ein positives Votum dann eben doch unter Druck.

Was könnte beim entscheid dann rauskommen?

Die Rathaus-Koalition favorisiert für den Kohleausstieg die Jahre 2027 bis 2029. Eine deutliche Mehrheit beim Bürgerentscheid könnte den Ausstieg jedoch etwas beschleunigen. Zumal man den Kohleblock eigentlich auch nicht volle Pulle laufen lassen muss. Es reicht, wenn man die Kohleglut für den Fall eines Engpasses bei niedriger Leistung vor sich hinlodern lässt.


Heizkraftwerk-Nord: Das sagt die ÖDP

ÖDP
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Thomas Prudlo (ÖDP) will das HKW abschalten. "Wir haben die einmalige Chance, als Münchner ein Zeichen für die Welt-Klimakonferenz zu setzen. Wir wollen mit einem Ja am Sonntag der Welt zeigen, dass wir bereit sind, das zu tun, was möglich ist.
Der Kohlausstieg in München ist die günstigste Klimaschutzmaßnahme, durch das Reservekraftwerk (Gas) in Sendling mit der dreifachen Leistung braucht auch niemand Sorgen haben. Wir müssen aufhören, hier Steinkohle zu verheizen, die im Herkunftsland Menschen ihre Heimat kostet und mehr Dreck produziert als der gesamte Münchner Straßenverkehr. Liebe Münchnerinnen und Münchner, stimmt mit uns am Sonntag mit Ja für München, Ja für den Klimaschutz und Ja für die zügige Abschaltung des Steinkohlekraftwerks."


Heizkraftwerk-Nord: Das sagen die Stadtwerke München

SWMCHEF
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Florian Bieberbach (SWM) will das HKW anlassen: "Stimmen Sie am Sonntag mit Nein und damit für das bessere Klimaschutzkonzept der Stadtwerke München. Auch mit einem Nein stimmen Sie für den Kohleausstieg – sobald er technisch sinnvoll und rechtlich machbar ist. Eine vorzeitige Abschaltung des Kohleblocks im HKW Nord schon 2022 ist wahrscheinlich rechtlich gar nicht umsetzbar. Außerdem wäre sie für die Stadt München sehr teuer und würde ökologisch wenig bringen. Die Stadtwerke München haben ein besseres Konzept für den Klimaschutz: Wir treiben die Energiewende seit Jahren konsequent voran. Wir sind Vorreiter unter den Energieversorgern in Europa. Unsere Ökostrom-Erzeugung bringt schon heute pro Jahr vier Mal so viel Nutzen für den Klimaschutz wie der Vorschlag des Bürgerbegehrens. Unterstützen Sie also die Strategie der Stadtwerke für den Klimaschutz und stimmen Sie am Sonntag mit Nein."


 

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