Heimat-Stücke im Haus des Deutschen Ostens

Das Haus des Deutschen Ostens zeigt 70 Jahre nach Kriegsende in einer Ausstellung Erinnerungsstücke, die Flucht und Vertreibung überstanden.  
von  Lisa Marie Albrecht
Eigentlich gehörte der Teddy von Friederike Niesner einmal ihrer Schwester. Neu war er im Jahr 1935, etwas ramponiert sah er jedoch schon sehr bald aus: Ihre Schwester entschloss sich, in der Küche Friseur zu spielen und schnitt dem Bären sämtliche Haare am Kopf ab. Kahl geschoren ging das arme Stofftier einige Jahre später in den Besitz von Friederike über.
Im April 1945 verlassen sie und ihre Familie das tschechische Brünn per Lastwagen – wobei ihr „Tedy“, mit langem ,e’ gesprochen, natürlich nicht fehlen darf. Sie steckt ihn in ihren Rucksack und lässt nur den kahlen Kopf herausschauen. Über Iglau und Strobnitz gelangt die Familie schließlich nach Langstrobnitz. Am 8. Mai marschieren Russen ins Dorf. Als einige Tage später die Tschechen folgen, sollen Friederike Niesners Familie bis Mitternacht das Land verlassen. Ihre Mutter protestiert heftig – und hat Erfolg: Ein Bauer fährt sie an die österreichische Grenze. In der Praxis eines Wiener Zahnarzts finden sie Unterschlupf. Nach 5 Jahren übersiedeln ihre Eltern, sie und der Teddybär nach Bayern. Noch heute sitzt er auf Niesners Couch und lächelt. Mitgenommen, aber treuherzig.
Eigentlich gehörte der Teddy von Friederike Niesner einmal ihrer Schwester. Neu war er im Jahr 1935, etwas ramponiert sah er jedoch schon sehr bald aus: Ihre Schwester entschloss sich, in der Küche Friseur zu spielen und schnitt dem Bären sämtliche Haare am Kopf ab. Kahl geschoren ging das arme Stofftier einige Jahre später in den Besitz von Friederike über. Im April 1945 verlassen sie und ihre Familie das tschechische Brünn per Lastwagen – wobei ihr „Tedy“, mit langem ,e’ gesprochen, natürlich nicht fehlen darf. Sie steckt ihn in ihren Rucksack und lässt nur den kahlen Kopf herausschauen. Über Iglau und Strobnitz gelangt die Familie schließlich nach Langstrobnitz. Am 8. Mai marschieren Russen ins Dorf. Als einige Tage später die Tschechen folgen, sollen Friederike Niesners Familie bis Mitternacht das Land verlassen. Ihre Mutter protestiert heftig – und hat Erfolg: Ein Bauer fährt sie an die österreichische Grenze. In der Praxis eines Wiener Zahnarzts finden sie Unterschlupf. Nach 5 Jahren übersiedeln ihre Eltern, sie und der Teddybär nach Bayern. Noch heute sitzt er auf Niesners Couch und lächelt. Mitgenommen, aber treuherzig.

Das Haus des Deutschen Ostens zeigt 70 Jahre nach Kriegsende in einer Ausstellung Erinnerungsstücke, die Flucht und Vertreibung überstanden.

München – Eine rostige Blechdose, ein Pullover, ein Holzquirl oder ein alter Rucksack – was die meisten Menschen als einfache Alltagsgegenstände sehen würden, wurde für viele Familien nach dem Krieg zum Schatz. Denn es war alles, was ihnen geblieben war.

„Mitgenommen – Heimat in Dingen“ heißt die Ausstellung, in der diese Erinnerungsstücke jetzt einen neuen Platz bekommen. Bewahrt wurden sie von Menschen, die während oder nach dem Krieg aus ihrer Heimat flüchten mussten, vertrieben oder deportiert wurden. Die Vertriebenen aus dem östlichen Europa, aus Ostpreußen, dem Sudetenland, Schlesien oder Siebenbürgen mussten nicht nur ihre Heimat, sondern auch ihren gesamten Besitz zurücklassen.

Dennoch gelang es einigen, kleine Stücke Heimat auf ihrem Exodus zu verstecken und zu bewahren. Zu jedem einzelnen gibt es eine Geschichte, die das Haus des Deutschen Ostens erzählen möchte. Dabei stand von Anfang an im Vordergrund, die Geschehnisse auf einer persönlichen Ebene darzustellen und einzelne Schicksale zu erzählen.

„Die Exponate stammen alle von Freunden und Besuchern unseres Hauses“, sagt Prof. Andreas Otto Weber, seit zwei Jahren Direktor des Hauses. „Gerade angesichts der aktuellen Flüchtlingsproblematik ist es wichtig, durch diese Ausstellung alle anzusprechen, die keine Erfahrung mit Migration und Zwangsmigration haben. So kann man Verständnis schaffen.“

Der Titel „Mitgenommen“ weist dabei natürlich nicht nur auf das Transportieren von Gegenständen hin, sondern auch auf das Leid, das die Vertriebenen auf ihrer Flucht erdulden mussten. Dementsprechend „mitgenommen“ sind auch einige der Exponate – aber deshalb für ihre Besitzer nicht weniger wichtig. Die AZ zeigt hier vier Schätze, die Menschen auf der Flucht begleitet haben – und was sie ihnen bedeuten.

„Mitgenommen – Heimat in Dingen“, 12. Juni bis 9. Oktober, Haus des Deutschen Ostens, Am Lilienberg 5, Mo-Do 10-20 Uhr, Fr und Ferien 10-15 Uhr.

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