Heiligabend-Gottesdienst am Münchner Hauptbahnhof

Zahlreiche Flüchtlinge kamen im Spätsommer am Münchner Hauptbahnhof an und wurden dort von Helfern versorgt. Bei einem Gottesdienst in der Schalterhalle dankt an Heiligabend der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm den Helfern für ihr Engagement.
München - Gemeinsam mit Flüchtlingen sowie ehren- und hauptamtlichen Helfern hat Heinrich Bedford-Strohm an Heiligabend im Münchner Hauptbahnhof einen Gottesdienst gefeiert. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) verbreitete Zuversicht trotz der Herausforderungen der Flüchtlingskrise. Deutschland habe sich im vergangenen Jahr verändert: "Wir haben entdeckt, wie stark wir sind."
Ein Gottesdienst im Hauptbahnhof sei zwar nicht so festlich wie in einer Kirche, doch es sei ein passender Ort, um die Weihnachtsgeschichte ins Aktuelle zu übersetzen, sagte Bedford-Strohm. Auch Jesus sei auf der Durchreise geboren worden. Seine Eltern seien schon kurz darauf auf der Flucht vor Gewalt gewesen, weil König Herodes alle Neugeborenen töten ließ. In Ägypten hätten Maria, Josef und Jesus Asyl gefunden.
Der Hauptbahnhof als Symbol der Willkommenskultur
Der Münchner Hauptbahnhof sei im Spätsommer zu einem Symbol deutscher Willkommenskultur geworden, sagte Bedford-Strohm vor etwa 100 Teilnehmern in dem Gottesdienst in der Schalterhalle, zu dem die Innere Mission eingeladen hatte. Der Gottesdienst an dem ungewöhnlichen Ort lockte auch einzelne Touristen an, die sich spontan unter die kleine Gemeinde mischten.
Bedford-Strohm würdigte das Engagement der Helfer, die sich nicht nur am Münchner Hauptbahnhof in diesem Jahr für Flüchtlinge eingesetzt hatten. Besonders gedachten die Teilnehmer der Menschen, die auf der Flucht ihr Leben verloren haben. Die weihnachtliche Antwort auf die Sorge, ob die Situation mit dem Flüchtlingszustrom bewältigt werden könne, sei: "Wir werden sie bewältigen, wenn wir unsere Herzen der Kraft der Liebe öffnen, die durch die Geburt Jesus Christus in die Welt gekommen ist."
Die Aufnahme von Flüchtlingen in diesem Jahr sei eine historische Leistung, sagte der EKD-Vorsitzende. "2015 wird in die Geschichte unseres Landes eingehen als das Jahr, an dem Deutschland über sich hinausgewachsen ist", hatte er bereits am Mittwoch betont. "Hätte einer am Weihnachtsfest des letzten Jahres vorhergesagt, dass unser Land in diesem Jahr eine Million Flüchtlinge aufnehmen würde, er wäre als realitätsfremder Träumer bezeichnet worden."
Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) bezeichnete in einem Interview des "Münchner Merkur" die Tage im Spätsommer, als Tausende Flüchtlinge am Hauptbahnhof ankamen, als die bewegendsten des Jahres. "Dort zu stehen und die vielen Menschen, Familien mit ihren Kindern nach Wochen der Flucht zu sehen, das ging mir nahe." Die Hilfsbereitschaft der Münchner habe ihn tief beeindruckt.