"Faschisten und Kindermörder": Heftige Beschimpfungen bei Demo in München gegen Hamas-Massaker

Während des Demozugs gegen Antisemitismus am Odeonsplatz eskaliert die Situation am Sonntag verbal. Einige Teilnehmer fühlen sich bedroht, darunter der Münchner Kabarettist und Nahost-Helfer Christian Springer.
von  Hüseyin Ince
400 Polizisten stellten sich zwischen den Pro-Palästina-Protest am Wittelsbacherplatz mit palästinensischen und libanesischen Flaggen und die Demo gegen Antisemitismus vom Odeonsplatz.
400 Polizisten stellten sich zwischen den Pro-Palästina-Protest am Wittelsbacherplatz mit palästinensischen und libanesischen Flaggen und die Demo gegen Antisemitismus vom Odeonsplatz. © Daniel von Loeper

München – Es ist ein Tiefpunkt der häufig fehlenden Dialogbereitschaft aufseiten der Pro-Palästina-Demos zum Thema Nahost-Konflikt. Von wüsten Beschimpfungen am Sonntag aus der Gruppe "Palästina Spricht" zwischen Odeonsplatz und Wittelsbacherplatz berichten einige Münchner Promis, unter ihnen der scharfzüngige Kabarettist Christian Springer. "Wer am Sonntag gegen den Terror der Hamas demonstrierte, wurde beschimpft, als Faschist und Kindermörder. Ich verstehe das nicht", sagt der beliebte Münchner.

Christian Springer gründete 2012 die Hilfsorganisation "Orienthelfer", die im Libanon aktiv ist. Er ist regelmäßig vor Ort. "Ich habe im Libanon schon so vielen Palästinensern das Leben gerettet, die von Assad oder von der Hisbollah bombardiert wurden. Mir kann man wirklich keine Einseitigkeit vorwerfen", sagt er. Umso mehr träfen ihn Anfeindungen wie diese, als er am Sonntag neben Uschi Glas und Michaela May gegen Judenhass, in Gedenken an die Hamas-Geiseln sowie für Frieden und Dialog demonstrierte.

Dieter Herrmann und Uschi Glas bei der Demo am Odeonsplatz gegen Antisemitismus, anlässlich des 7. Oktobers.
Dieter Herrmann und Uschi Glas bei der Demo am Odeonsplatz gegen Antisemitismus, anlässlich des 7. Oktobers. © Daniel von Loeper

Ermittlungen wegen möglichen strafrechtlich relevanten Inhalten

Als der Protestzug vom Odeonsplatz am Wittelsbacherplatz vorbeizog, soll es zu den Entgleisungen gekommen sein. 400 Polizisten sicherten die Situation dort ab, wo auch der AZ-Reporter ausdauernde wüste Beschimpfungen der Teilnehmer der Gedenkdemo etwa als "Faschisten" notierte. Offenbar wird derzeit laut Kreisverwaltungsreferat ermittelt, ob hier auch strafrechtlich relevante Inhalte verbreitet wurden.

Aggressiv war die Stimmung offenbar. Springer und seine Mitstreiter hätten sich unwohl gefühlt. "Die gebrüllten Beschimpfungen empfand ich als bedrohlich. Ich bin ziemlich sicher, dass es unter den Teilnehmern von ‚Palästina Spricht' auch gewaltbereite Demonstranten gab", sagt der Kabarettist. Springer hofft auf die Behörden. "Ich finde, wer mit Parolen zu Gewalt aufruft, bewegt sich nicht mehr auf dem Boden der Meinungsfreiheit."

Springer: "Ich wäre der erste, der eine Palästina-Flagge nimmt und mitgeht"

Fast 9000 Teilnehmer zählte die Polizei bei der Demo gegen Antisemitismus, die anlässlich des Hamas-Massakers am Wittelsbacherplatz vorbeigeführt wurde. Springer hofft, dass auch die Behörden ihre Lehren aus dem Sonntag ziehen. "Die Demoroute war sehr ungeschickt gewählt, mit 50 Metern Abstand zum ‚Palästina-Spricht-Protest'", sagt er.

Der Kabarettist hofft langfristig auf einen differenzierten Dialog. "Gäbe es eine Palästina-Demo, bei der Demokratie und Meinungsfreiheit von der Abbas-Regierung gefordert wird, wäre ich der Erste, der eine Palästinaflagge in die Hand nimmt und mitläuft", sagt Springer. Zuversichtlich klingt er dabei nicht. "Ich glaube, den Mitgliedern von ,Palästina Spricht' geht es darum, Israel von der Landkarte zu löschen." H. Ince

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