Hausfrau stirbt - weil zwei Männer rasen wollen
Harlaching - Auf dem Asphalt ist noch ihr Blut zu sehen. Hunderte Autos sind seit Montagabend darüber gerollt. Die Naupliastraße in Harlaching, die vom Mangfallplatz in Richtung Grünwald führt, ist eine viel befahrene Straße.
Margareta S. überquerte sie täglich, oft mehrmals. Die 63-Jährige war immer vorsichtig, berichtet der Kiosk-Besitzer. Obwohl die Hausfrau oft mit ihrem Radl unterwegs war, stieg sie an der Fußgängerfurt in Höhe des Zeitschriftenladens immer ab und schob ihr Fahrrad über die Straße. Sie wollte sich korrekt verhalten. Auch am Montag.
Es war kurz nach 18 Uhr: Margareta S. kommt vom Einkaufen, sie hat es nicht mehr weit bis nach Hause. Ihr Ehemann wartet bereits mit dem Essen auf sie. Als die Hausfrau auf die Naupliastraße tritt, muss die Ampel zu ihrer Rechten, die rund 150 Meter entfernt ist, für die Autofahrer rot gezeigt haben. Wahrscheinlich ist sie auch noch rot, als Margareta S. bereits die mit Gras bewachsene Insel auf der Mitte der Fahrbahn überquert hat und nun auf die andere Fahrbahnseite tritt.
Am Mangfallplatz an der Ampel warten zwei Männer: Ein 21-jähriger Münchner auf seiner 150 PS starken Suzuki GSX R 750 (Höchstgeschwindigkeit: 278 km/h) sowie ein 37-jähriger Geschäftsführer aus München in seinem sechs Jahre alten schwarzen Porsche 911 Carrera. Zwischen den Männern, die sich nicht kennen, kommt es zum tödlichen Kräftemessen. Der Motorradfahrer spielt mit seinem Gasgriff, der Porschefahrer mit dem Pedal. Beide protzen mit ihren PS. Die Männer tauschen wohl Blicke: eine stumme Übereinkunft sich miteinander zu messen. Wer ist schneller, toller, männlicher?
Ohrenzeugen berichten später, wie plötzlich beide Fahrzeuge aufheulen und losrasen, als die Ampel auf grün umschaltet. Der 21-Jährige auf dem Motorrad ist schneller. Seine Maschine kann in drei Sekunden auf Tempo 100 beschleunigen. Wie schnell er genau ist, als er frontal gegen die Frau prallt, die arglos über die Straße geht, müssen nun die Gutachter klären. Fakt ist, er ist so schnell, dass er nicht mehr reagieren kann. Die Polizei rekonstruierte, dass er nur minimal ausgewichen ist.
Durch die Wucht des Aufpralls fliegt Margareta S. mit ihrem Fahrrad und den Einkäufen durch die Luft. Erst nach knapp 50 Metern bleibt die Frau reglos liegen. Die Mutter und Großmutter stirbt noch am Unfallort. Rettungssanitäter und ein Notarzt versuchen, die 63-Jährige wiederzubeleben. Vergeblich.
Auch der Todesfahrer wird meterweit durch die Luft geschleudert. Auch er wird lebensgefährlich verletzt. Doch er überlebt. Seit Montagabend liegt er auf der Intensivstation.
Nach dem tödlichen Unfall kommen auch die beiden Söhne von Margareta S. zum Unglücksort. Sie werden vom Kriseninterventionsteams (KIT) betreut. Auch der Porschefahrer steht unter Schock. Er wird ebenfalls vom KIT betreut.
Straßenrennen sind in Deutschland grundsätzlich verboten. Auch wenn nichts passiert, können sie mit mindestens 400 Euro Bußgeld, vier Punkten in Flensburg und einem Monat Fahrverbot geahndet werden. Auch Beifahrer gelten als Täter. Bei Gefährdungen durch ein illegales Rennen drohen bis zu fünf Jahre Haft. Kommt ein Mensch zu Tode, kann es wegen bedingten Vorsatzes sogar zu Verurteilungen wegen fahrlässiger Tötung kommen.
Es drohen acht Jahre Haft wegen fahrlässiger Tötung
Straßenrennen sind in Deutschland verboten: Wer erwischt wird, muss eine Geldbuße von mindestens 400 Euro zahlen – manchmal droht sogar Gefängnis.
So erging es 1999 einem damals 23-jährigen Fahrer in Schwabing. Bei einem Rennen touchierte der Mann mit 100 Kilometern pro Stunde eine 33-jährige Mutter, die vor dem Augen ihrer Tochter 40 Meter durch die Luft geschleudert wurde. Sie starb noch am Unfallort an der Ecke Schleißheimer und Görrestraße. Ein Jahr später wurde der Fahrer zu acht Jahren Haft wegen fahrlässiger Tötung verurteilt. Das Rennen habe er sich aus „jugendlicher Geltungssucht“ mit zwei Freunden geliefert.
Vier Jahre und drei Monate mussten zwei Männer (19 und 23) in Haft, nachdem sie bei einem Rennen in Bamberg drei Menschen töteten.
Mehrjährige Haftstrafen bekamen auch fünf Männer, die durch Thüringen rasten: sechs Menschen starben.
Glimpflich kamen zwei Männer 2002 in Köln davon: Sie hatten bei einem Rennen am Kölner Ring sechs Menschen zum Teil schwer verletzt. Strafe: zwei Jahre auf Bewährung und drei Jahre Führerscheinentzug.