Haus in der Dachauer Straße: Wurden die Mieter ausgebeutet?

München - Freitagmittag in der Dachauer Straße 22: Im Rückgebäude, einem heruntergekommenen, einfachen Haus aus der Nachkriegszeit, steht die Haustür offen. Männer und Frauen stehen zusammen, sie sprechen Bulgarisch. Sie gestikulieren, wirken ratlos. Zum Teil leben sie schon seit Jahren in München. Ihre Kinder gehen hier zur Schule, viele verdienen sich ihren Lebensunterhalt mit Putzen.
"Die hausen in Löchern"
Über eine hölzerne Treppe geht es nach oben. Von einem engen Flur, in dem ein Wäscheständer steht, gehen die Zimmer ab. Jedes ist nur etwa zehn Quadratmeter groß und kostet 600 Euro. Zum Teil wohnen sie zu viert darin.
"Die hausen in Löchern", sagt ein Nachbar. "Wie die wohnen, das ist die pure Ausbeutung. Aber die können sich nicht wehren. Viele können nicht einmal lesen und schreiben". Der Mann erzählt, dass sich im Hof nachts Ratten herumtreiben "so groß wie Hasen". In den Zimmern wimmele es von Kakerlaken.
Die Bewohner berichten, dass seit Wochen das Wasser abgestellt ist in den Waschbecken auf den Zimmern. "Wir müssen uns alle eine Toilette und ein Waschbecken teilen", sagt einer zur AZ. Morgens stünden die Kinder zum Zähneputzen Schlange.
Seit Wochen ist das Wasser abgestellt
Trotzdem sind die Mieter verzweifelt, dass sie raus müssen. Mit Schreiben vom 29. August wurde allen von den Hauseigentümern Johann und Benedikt Hölzl gekündigt. Fristlos. Begründet wurde das mit einer Verfügung der Stadt, die bauliche Mängel beim Brandschutz und eine "erhebliche Gefahr für Leben und Gesundheit" festgestellt hatte (AZ berichtete).
Doch am Freitag teilte ein Sprecher des Planungsreferats der AZ mit, dass die Gefahr gebannt ist. Das Haus dürfe weiter bewohnt werden.
Mieterverein: "Die Kündigung ist nicht wirksam"
Dazu kommt: "Die Kündigung ist nicht wirksam", so Volker Raststätter, Geschäftsführer des Mietervereins. Doch die Eigentümer wollen die Mieter offenbar trotzdem so schnell wie möglich loswerden. In der Nachbarschaft heißt es, dass das Haus abgerissen werden solle. "Aber auch bei einer Verwertungskündigung müssen Fristen von drei bis neun Monaten eingehalten werden", betont Raststätter. "Dieses Vorgehen ist unseriös."
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