Hauptbahnhof-Chaos in München: Darum müssen Taxi-Fahrer zu einer illegalen Lösung greifen

Der Taxi Hotspot an der Bayerstraße ist weg. Doch der neue Standort ist versteckt und die Straßen eng. Taxler in München sind unzufrieden.
von  Sabrina Proske
Taxifahrer Willi Kling (v.l.), Max Weiland und Sigfried Weimann am Ausweichstandort Pfefferstraße/Lämmerstraße.
Taxifahrer Willi Kling (v.l.), Max Weiland und Sigfried Weimann am Ausweichstandort Pfefferstraße/Lämmerstraße. © Daniel von Loeper

München - "Der Pfefferstand ist ein Armutszeugnis für diese Stadt", sagt Max Weiland. Seit 36 Jahren fährt er in München Taxi. "Pfefferstand" nennen er und seine Taxler-Kollegen den neuen Taxistandort am Hauptbahnhof zwischen Pfeffer- und Lämmerstraße am Ausgang Nord zur Arnulfstraße. Er dient als Ausweichstandort für den ehemals hoch frequentierten Taxistand an der Bayerstraße und soll Platz für annähernd vierzig Taxis bieten. So viele standen bislang durchschnittlich am Hauptbahnhof Süd.

Stoßstange an Stoßstange warten die Taxis am "Pfefferstand". Der Standort sei für die Fahrgäste schlechter zu erreichen, kritisieren Fahrer.
Stoßstange an Stoßstange warten die Taxis am "Pfefferstand". Der Standort sei für die Fahrgäste schlechter zu erreichen, kritisieren Fahrer. © Daniel von Loeper

Doch damit ist seit Ende Januar Schluss. Die Deutsche Bahn hat im vergangenen Dezember die Taxi-Plätze in der Bayerstraße gekündigt. Die Taxler mussten bis zum 12. Februar den Stand räumen. Seitdem dürfen Taxifahrer die Südseite nicht mehr anfahren.

Ein Baustellenzaun umrandet nun das Areal. Die Taxis parken ein paar Meter weiter auf der anderen Bahnhofseite. In den ehemals ruhigen Seitenstraßen Pfeffer-, Hirten- und Lämmerstraße stehen Stoßstange an Stoßstange über dreißig Taxis. Daneben ihre Fahrer. Rauchend sammeln sie sich in kleinen Grüppchen. Alle paar Minuten springen sie in ihr Taxi und setzen ihr Gefährt ein paar Meter in der Reihe vor.

Taxis am Hauptbahnhof München: Neuer Standort bringt Ärger und Verkehrschaos

Einer davon ist Max Weiland. Gut gelaunt reiht er sich in die Warteschlange ein. "Als 35. beim Lemmer dauert's jetzt 1,5 Stunden", erzählt er. Die gute Laune lässt er sich davon nicht verderben. "Heute habe ich wenigstens einen ganzen Platz bekommen. Gestern war's nur ein halber", sagt er und grinst.

Dann zeigt er auf die Autos der Kollegen. An beiden Straßenseiten stehen sie. L-förmig zieht sich der 200 Meter lange Taxi-Zug von der Arnulfstraße bis zur Marsstraße. "Das ist kein Bahnhofstand, das ist eine absolute Notlösung", so Weiland. Die Situation sei mehr als unbefriedigend.

Fahrgäste bekommen ein Taxi ab sofort in der Pfefferstraße und nicht mehr wie gewohnt in der Bayerstraße.
Fahrgäste bekommen ein Taxi ab sofort in der Pfefferstraße und nicht mehr wie gewohnt in der Bayerstraße. © Google Maps/AZ

Die Taxi-Kollegen Willi Kling und Sigfried Weimann pflichten ihm bei. Sie wollen nicht zusammengequetscht in Hinterstraßen stehen müssen: "Hier finden uns die Fahrgäste überhaupt nicht." Die meisten Passanten seien es gewohnt, im Süden ein Taxi direkt vor der Tür zu bekommen.

Um sicherzustellen, dass die Passanten wissen, wo der alternative Taxistand zu finden ist, ließ die Deutsche Bahn in den vergangenen Tagen Schilder aufstellen. Auf AZ-Nachfrage heißt es aus der Pressestelle: "Hinweisschilder im Hauptbahnhof sind bereits insofern geändert worden, dass nur noch der Taxistand Pfefferstraße ausgeschildert wird und nicht mehr der Taxistand Bayerstraße."

Fahrgäste mit Mobilitätseinschränkungen: Probleme, in München ein Taxi zu finden

Die Taxler rechnen trotz der Maßnahmen der Deutschen Bahn rund um den Bahnhof zunächst mit Chaos auf den Straßen und mit Verwirrung bei den Fahrgästen. Der neue Standort sei vor allem für Senioren und Menschen mit einer Gehbehinderung schwer zu erreichen, so Weimann. "Die müssen über die breite Arnulfstraße und über die Tramgleise", sagt er und zeigt zum Hauptbahnhof Nord. "Wenn uns dort drüben jemand mit seiner Krücke winkt", so Weimann, "braucht es unglaublich lang, bis ich mit dem Taxi drüben bin." Bis er auf der anderen Straßenseite ankäme, habe schon längst "ein anderes Taxi den Fahrgast einkassiert".

An der Bayerstraße dürfen keine Taxis mehr halten.
An der Bayerstraße dürfen keine Taxis mehr halten. © Daniel von Loeper

Das Mobilitätsreferat dagegen findet den Ausweichstandort passend, da Reisende direkt auf der gegenüberliegenden Straßenseite in der Pfefferstraße ein Taxi finden würden. Weiland und seine Kollegen schütteln da nur den Kopf. Sie fordern eine bessere Planung für Taxistände und sie hätten sich gewünscht, dass sie frühzeitig in die Standortverlegung mit einbezogen worden wären.

Aus dem zugebauten Ausgang Nord schieben sich jetzt ein paar Dutzend Menschen auf die Straße. Ein Zug ist gerade angekommen. Weilands Taxikollegen machen sich startklar. "Am Vormittag ist am meisten los", erzählt er. Auch er steigt jetzt in sein Taxi.

"Meine Hauptaufgabe ist es, Personen zu befördern." Doch die vielen Baumaßnahmen in München würden das immer schwieriger machen. Obwohl es Unmut über die Lämmerstraße gibt, ist ihm und seinen Kollegen klar, dass es in der jetzigen Situation rund um den Hauptbahnhof keine bessere Lösung gibt.

Suche nach einem neuen Standort für Taxis: Schwierige Ausgangslage für Taxifahrer und Stadt München

Die Taxi-München eG hat gemeinsam mit dem Mobilitätsreferat im Vorfeld in

L-förmig stehen die Taxis am verlegten Taxistand in der Pfeffer-, Hirten- und Lämmerstraße. Bis zu dreißig Taxler warten hier auf Fahrgäste.
L-förmig stehen die Taxis am verlegten Taxistand in der Pfeffer-, Hirten- und Lämmerstraße. Bis zu dreißig Taxler warten hier auf Fahrgäste. © Daniel von Loeper

allen Straßen rund um den Bahnhof geprüft, ob und wo Ersatzstandorte möglich sind, erzählt er. Die Lämmerstraße sei die beste aller schlechten Lösungen gewesen.

Doch nicht alle Taxler nehmen den Standort am Nordeingang an. Für manche Fahrer sei es keine Option, auf die Nordseite zu fahren, ist die Südseite doch immer Dreh- und Angelpunkt und Hauptausgang gewesen.

Weiland fährt nun die Bayerstraße im Süden entlang. Neben ihm ziehen vereinzelt gelbe Autos ihre Kreise um den Ausgang. Mit leuchtendem Warnblinklicht und in Schrittgeschwindigkeit fahren sie auf der rechten Spur und fangen Fahrgäste an der Straße ab. Das sei verboten, gibt Weiland zu bedenken. "Wir dürfen nicht kreisen."

Der Taxifahrer sieht mit Sorge auf diese Entwicklung. Er warnt vor aufkommendem Groll zwischen den Kollegen. "Ärger gibt's mit Sicherheit", sagt er. Nun müssten sich die Taxler erst mal damit abfinden und an den neuen Standort gewöhnen: "Wir stehen jetzt hier erst mal eine Weile." Die Taxifahrer, denen das nicht passe, könnten in Zukunft auch in einem anderen Gebiet Taxi fahren, so Weiland. Das passiere aktuell wohl auch. An manchen Tagen sei viel weniger los als üblich.

Trotzdem sind Weiland und seine Kollegen vorsichtig mit voreiligen Schlüssen. "Nach dem ersten Chaos spielt sich alles schon wieder ein", so Weiland. Dann steigt er in sein Taxi und setzt es ein paar Meter vor.

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